Tijuana zu verlassen wurde einigermassen abenteuerlich. Wir hatten im Hotel gefragt, ob wir besser via Fussgängerzone oder per Highway. Die Antwort hiess "Hayway" und so waren wir zum ersten Mal geschockt, als wir die Autoschlange auf der "San Diego"-Spur sahen. Mit den Velos konnten wir da zwar so einiges auslassen, wir standen aber doch noch eine ganze Weile im Stau. Tatsächlich schafften wir es irgendwann ganz nahe zur Grenze, wo uns dann aber gesagt wurde, dass wir durch den Fussgänger-Durchgang müssten. Also, machen wir das. Nun stellen wir aber fest, dass wir die mexikanisch Migracion verpasst hatten. Wir durften das Ami-Territorium nochmals ungehindert verlassen, brauchten dann aber eine ganze Weile, bis wir uns zum richtigen Büro durchgeschlagen hatten. Dort verwirrten wir den zuständigen Beamten mit der Bitte um einen Ausreisestempel und der Tatsache, dass wir die Gebühr für die Touri-Karte bezahlen wollten. Wir überzeugten den Herrn schliesslich von der Notwendigkeit, kriegten den Stempel und wurden unsere letzten Pesos los. Den Rückweg zum Fussgänger-Durchgang fanden wir nun schneller, leider war die Schlage inzwischen von praktisch nicht-existen zu über einen halben Kilometer angewachsen. Wir hätten uns in den Hintern treten können für die hole Aktion. Wie wenn es jemanden interessiert hätte, ob wir offiziell aus Mexiko auscheckten oder nicht.
Foto Verkehr, Warteschlange.
Nach anfänglicher Bewegungslosigkeit ging es dann plötzlich überraschend schnell vorwärts. Die von vielen in die USA Einreisenden gefürchtete, mühsame Ausfragerei fand in meinem Fall nicht wirklich statt. Der Typ war in erster Linie an meiner Reise interessiert und schien mich nicht als potentielle Bedrohung seines Heimatlandes wahrzunehmen. Ich war also bald auf der anderen Seite, bei Martina ging das nicht so schnell. Ihr Beamter war der Meinung, dass das Formular, das wir online ausgefüllt hatten, nur für Flughäfen gilt und schickte sie zurück zu einem anderen Büro um sich einen Stempel zu beschaffen. Dazu hatte sie natürlich nicht die geringste Lust und sie fragte darum bei "meinem Typen" nach, der sie dann auch schnell durchwinkte: keine weiteren Stempel notwendig. Phuu, nochmals Glück gehabt. Einen Einreisestempel hatten wir zwar beide nicht gekriegt, wir beschlossen nun aber, dies nicht weiter zu untersuchen und ganz einfach als richtig zu akzeptieren. So verliessen wir das Grenzgebäude, stoppten auf einem halb eingezäunten aber freien Platz um den ersten Eindruck des Amilandes auf uns wirken zu lassen, als wir auch schon weggeschickt wurden. Man dürfe dort nicht halten. Ok, soviel zum ersten Eindruck.
Foto Amiland.
Nach einer kurzen Mittagspause an einer Bushaltestelle, rief Martina unseren ersten Warmshowers-Host an, der nahe bei der Grenze arbeite und den wir treffen sollten um zusammen zu seinem Haus zu fahren (er geht mit dem Velo zur Arbeit). Bis Chula Vista fanden wir den Weg, dann waren wir einigermassen verloren. Ein Ami-Velofahrer, den wir stoppen konnten, war dann mit dem hier üblichen Elektro-Schnickschnack ausgerüstet und brachte uns freundlicherweise gleich zum vereinbarten Treffpunkt. Nette Leute hier. Mit Jay ging es gleich weiter in etwas über einer Stunde bis zu ihm nach Hause. Dort kriegten wir unser eigenes Zimmer in seinem grossen, sehr schönen Haus.
Unsere ersten Tag in San Diego war dann etwas kompliziert und frustrierend. Wir suchten erst lange bis wir einen Mech gefunden hatte, der sich unserer Velos annehmen konnte, die meisten waren über mehrere Tage hinweg ausgebucht. Da wir keine Computer hatten und es hier keine Internet-Cafés gibt, fühlten wir uns total abgeschnitten, hatten keine Möglichkeit, andere Veloläden und Telefonnummern herauszufinden. Die örtliche Bibliothek öffnete erst am Nachmittag und dann war nur die Express-Maschine frei, wo wir je nur 15 min dranbleiben konnten. Am zweiten Tag gingen wir per Bus und Tram in ein grosses Einkaufsgebiet, wo ich rausfand, dass es die Netbooks, die ich ins Auge gefasst hatte, nicht mehr gibt, auch nicht per Internet. In einem Microsoft-Laden in der nächsten Mall kaufte ich dann halt einen schicken, dünnen Laptop, klar teurer als geplant, da ich aber ein äusserst grosszügiges Weihnachtsgeschenk erhalten hatte, leistete ich mir so ein elegantes Maschineli. DANKE MEGAVILL MAL, GROSI, DAS ISCH UUUUU LIEB VO DIR!
Da wir bei unseren Warmshowers-Hosts nur zwei Nächte bleiben konnten, zügelte Jay uns an jenem Abend zu einem Arbeitskollegen, der sich bereit erklärt hatte, uns aufzunehmen. Von einem grossen, schönen Haus mit anhänglichem Kater zogen wir also in ein noch grösseres, ebenfalls schönes Haus mit alter, tauber Katze, auch hier mit sehr herzlichen Leuten. Von da aus planten wir einen grösseren Shopping-Trip in eine "nahe" Mall. Bus, etc. gab es da nicht, also mussten wir die fast vier Meilen eben zu Fuss hinter uns bringen. Twila, unsere neue "Gastmutter" hatte uns eine super Karte gezeichnet, wir konnten uns so nicht verirren, obwohl alles gleich aussah. Wir kamen nach etwa einer Stunde in der riesigen Einkaufsstadt an, fanden bald den REI, eine der grossen Outdoor-Ketten hier und verbrachten gute vier Stunden in dem Laden auf der Suche nach neuen Kleidern, Handschuhen, Schuhen, Velopumpen etc. etc. Meine Schuh-Mission war fehlgeschlagen, in einem zweiten Laden schliesslich aber erfolgreich. Um weniger Sachen zu schleppen, zog ich die neuen Latschen gleich an und liess die alten wegwerfen. Resultat nach einer weiteren Stunde urban hiking: zwei Blasen.
Den letzen Tag in San Diego/Chula Viste verbrachten wir an unseren neuen Maschinen. Martina bestellte noch ein paar Ergänzungen zum Shopping vom Vortag, ich versuchte, mit Hilfe der Website der Californischen State Parks unsere weitere Route zu planen. Nicht immer ganz einfach, v.a. auch die Durchfahrt von LA stellte uns immer noch vor einige Rätsel. Diese Ansammlung von Städten ist schlicht zu gross, um in einem Tag per pedales zu durchqueren. Wir hatten auch die Genehmigung zur Jacuzzi-Benutzung erhalten, wo wir uns nach einigen Stunden in der kalten Küche wieder aufwärmten. Damit waren wir dann bereit zur Weiterfahrt durch den ersten Grossstadt-Jungel: Chula Vista, San Diego und was da sonst noch alles dazu gehört.
To our hosts Barbara, Jay, Bill and Twila, thank you so much for your warm welcome in the US and your homes as well as your helping us finding stuff and getting around. You're awesome people!
Twila hatte uns nochmals ein Kärtli gezeichnet und so fanden wir ohne grössere Probleme unseren Weg bis zu einer Stelle, wo die erwähnte Strasse endete, der Highway 101, dem wir anschliessend folgen sollten, aber noch nicht begann. Nun stellte sich heraus, dass unsere Lieblingssrategie, Leute fragen, hier nicht mehr so gut funktionierte, ganz einfach, weil manchmal keine Leute auf den Strassen sind. Schlussendlich hatten wir aber doch herausgefunden, wo wir hinmussten und folgten nun dem ausgeschilderten Veloweg nach Mission Beach. Hier gab es überaupt oft Bike Lanes, entweder separat oder als Teil der Strasse, was uns die Fahrt durch Städte viel angenehmer gestaltete. Grundsätzlich wollten wir ja einfach der Küste nach in den Norden, was im Grossen und Ganzen nicht so schwierig war. Unser Weg führte uns mehrheitlich durch ein Dorf (oder eine Stadt) nach dem anderen und da Samstag war, war meist viel los. Hunderte von einheimischen Velofahrern waren unterwegs, die meisten in schneidigen, grell leuchtenden Veloklamotten. Etliche sprachen uns an und wolltenn wissen, wo wir hin unterwegs waren. Wenn wir dann "Kanada" sagten, waren sie i.d.R. platt und wenn sie erfuhren, dass wir in Patagonien gestartet waren, vielen sie fast aus dem Sattel. Entlang der Route lagen natürlich auch jede Menge Strände, wo offensichtlich viel gesurft wird. Auch die eher kühlen Temperaturen hielten die Leute nicht vom Wasser fern. Auch hier ist es nur eine Frage der richtigen Ausrüstung.