Tierheimhund kontra Rassehund?

Will man einen Hund als Begleiter, so stellt sich automatisch die Frage, was für einen Hund und woher? Für die einen ist es der Welpe bei einem seriösen Züchter für die anderen der arme Hund mit dem treuen Blick im Tierheim der Stadt. Beides ist voll in Ordnung. Neuester vermeindlicher Tierschutztrend ist die "Tötungsstation auf Mallorca". Inzwischen hat sich, neben einigen echten Tierschützern, eine regelrechte Nothundeindustrie etabliert, die einen florierenden Handel mit Hunden treibt. Das Geschäft mit der Not der Hunde hat sich prächtig entwickelt und wird von großen Vereinen nach allen Regeln professionellen Fond-Raisings geführt. Charity-Watch vergibt hier allerdings kaum gute Noten.
Tierheimhund statt Rassehund = Tierschutz?
Schauen wir uns an, woher die Hunde in den Tierheimen kommen. Die wenigsten stammen von seriösen Züchtern (*siehe Anmerkung unten) . Denn seriöse Züchter geben ihre Welpen nur an seriöse Halter ab. Zudem kümmern sie und ihre Zuchtvereine sich ein Hundeleben lang um die eigenen Zuchtprodukte. Nicht selten ist sogar im Kaufvertrag verankert, dass der Züchter ein Rückkaufsrecht erhält oder jährlich einen Bericht über den Zustand des Hundes geliefert werden muss. Meist entwickelt sich eh zwischen Welpenkäufer und Züchter eine freundschaftliche Beziehung über Jahre hinweg und es finden nicht selten jährliche Haltertreffen statt. Hier "verschwindet" kein Hund als Notfall.
Leider ist "geiz ist geil" auch beim Welpenkauf längst angekommen. Welpen aus seriöser Zucht sind zu einer Minderheit geworden. Man bedient sich bei der breiten Masse der Vermehrer und der Hundehändler, Augen zu und durch. Wer schon so an die Anschaffung seines Welpen herangeht, entsorgt ihn auch bei nächster passender Gelegenheit. Zudem drängen immer mehr Hundehändler auf den deutschen Markt nicht selten mit Mitleidstouren als Marketingargument. Interessanterweise ist Spanien der zweitgrößte Markt für Hundehändler in Europa. Vieles spricht dafür, dass ein beträchtlicher Teil der Hundefabriken direkt für den kommerziellen Nothundemarkt produziert. Für 50 Euro pro Welpe angeliefert, für 250 Euro Vermittlungsgebühr als "Nothund aus der Tötungsstation" vermarktet, das im großen Stil - der Profit jedenfalls stimmt. Ein paar tausend importierte "Nothunde" sind selbst für vergleichsweise kleine Organisationen schnell umgesetzt. Hinzu kommen noch Spenden und andere Einnahmen.
Will man ernsthaft etwas für den Tierschutz bei Hunden tun, so muss man das Problem an der Wurzel packen. Das heißt unter anderem:
  • Verbot des Handels mit Welpen
    (Tierheimvermittlung ist kein Handel).
  • Mindestanforderungen für eine Zulassung der Züchter und Zuchtvereine zur Zucht; das idealerweise in der ganzen EU.
  • Dazu zählt auch die Verpflichtung der Züchter/Zuchtvereine, sich nach dem Verkauf um ihre Hunde im Notfall zu kümmern.
  • Hierzu zählen auch Sterilisationsprogramme in den Ländern mit Straßenhunde-Populationen (geändert 14.9. auf Hinweis eines Lesers, danke für den Hinweis).
  • Eine wirkungsvolle Gesetzgebung zur Durchsetzung des Tierschutzes in der Hundezucht; der bisherige §11b des Tierschutzgesetzes hat sich als untauglich erwiesen.

Tierheimhund kontra Rassehund?

Nicht jeder Hund passt zu jedem.

Letztlich ist also eine politische Lösung unerlässlich.
Ein Galgo in Chorweiler ist kein Tierschutz
Mit solchen Maßnahmen würde binnen kürzester Zeit die Anzahl der Hunde in den Tierheimen und bei Nothundeinitiativen zurückgehen. Auch insgesamt wäre das ein wichtiger Schritt für das Wohl unserer Hunde. Nach der Argumentation "Tierheimhund statt Rassehund" dürfte man in Europa auch keine Kinder zeugen, da es bereits genug Kinderelend auf der Welt gibt. Gelöst wird mit einer solchen Denke aber kein einziges Problem wirklich. Bestenfalls wird etwas an den Symptomen kuriert, selbst wenn man tierschutz- und nicht kommerzielle Motive unterstellt. "Tierheimhunde statt Rassehunde" kann keine Lösung sein, denn Tierheimhunde setzen Hundeelend, von der Zucht angefangen, erst voraus. Ohne Hundeelend keine Tierheimhunde. Und Hundeelend gilt es zu verhindern!
Einen Mops bekommt man nicht im Tierheim
Seriöse Rassehundezucht ist zudem aktiver Tierschutz. Wie schon beschrieben, lassen seriöse Hundezüchter und Vereine ihre Welpen nie ins "Bergfreie" fallen.
Zum anderen aber hat der Rassehund einen ganz entscheidenden Vorteil: man weiß in etwa, was für ein Paket Hund auf einen zukommt.
Hund und Halter und dessen Lebensumstände müssen zusammen passen. Bei einem sorgfältig ausgesuchten Rassehund ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der Hund ein passendes Herrchen oder Frauchen bekommt und sich beide zusammen wohl fühlen werden. Nur dann gibt es für den Hund eine Chance auf eine harmonische Sozialisation und ein schönes Leben mit Mensch.
Ein von der Straße weggefangener Galgo aus Spanien wird in einer Etagenwohnung in Köln-Chorweiler erst recht zu einem Fall für den Tierschutz. Ein Mops hingegen kann selbst dort ein wohliges Hundeleben führen. Ein Mops kann sich in einer Etagenwohnung artgerecht entwickeln, ein Straßen- oder Jagdhund/Mischling, selbst wenn er als Welpe importiert wurde, kaum einmal. Aber einen Mops bekommt man nicht (oder nur höchst selten) im Tierheim und erst recht nicht auf den Straßen Spaniens. Seriös gezüchtete Rassehunde sind aktiver Tierschutz, der Nothundehandel eher selten.
* Anmerkung vom 7.9.: Natürlich ist die Situation im Tierheim letztlich differenzierter zu betrachten. Seriöse Züchter oder nicht ist nur eine Facette des Problems. Es geht hier auch nicht um eine Analyse der Herkunft von Tierheimhunden. Es geht an dieser Stelle darum, die Gegenüberstellung Rassehund vs. Tierheimhund zu diskutieren. Danke für den Hinweis an Frank Gilka.

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