ERFURT. (fgw) Der Landesvorstand der Partei DIE LINKE.Thüringen hat in seiner Sitzung am 20. Januar 2012 die vor einem Jahr gegründete Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) „Laizismus“ als „landesweiten innerparteilichen Zusammenschluß“ gemäß Parteisatzung anerkannt. Dieser Beschluß ist einstimmig gefaßt worden. Die LAG zählt aktuell 33 Mitglieder aus neun Kreisverbänden. Der Thüringer Landesverband ist damit nach Bayern der zweite mit einer offiziell anerkannten laizistischen Arbeitsgemeinschaft.
In den ersten Monaten nach seiner Gründung hatte die Thüringer LAG mit vielen Vorbehalten in der Partei, die zum Teil sogar bewußt gestreut worden waren, zu kämpfen. Gegner warfen den Gründern u.a. vor, sie wollten eine kirchenfeindliche atheistische Kampftruppe bilden. Dabei wurden immer wieder Begriffe vermischt und Laizismus (ein Staatsrechtsprinzip) mit Atheismus (eine Weltanschauung) gleichgesetzt… Ein erster Erfolg der Laizisten war die Aufnahme dieses Begriffes in das neue Parteiprogramm der LINKEN. Laizismus bedeutet die institutionelle Trennung von Staat und Kirche. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Adressaten der Forderungen der Laizisten sind deshalb nicht die beiden großen Amtskirchen, sondern die Politik, die Parlamente und Regierungen.
Dabei hatten die LINKEN Laizisten bereits mit ihrem Gründungsaufruf eindeutig formuliert, daß ihre Ziele und Forderungen aus den Festlegungen der Weimarer Reichsverfassung von 1919 resultieren, deren Artikel 136 bis 139 und 141 als einzige dieser Verfassung über Artikel 140 in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschlandaufgenommen worden sind.
Und diese Verfassungsgebote sind bis heute nicht oder nur unvollständig verwirklicht worden sind und weil seit einigen Jahren sogar eine wieder zunehmende Verflechtung von Staat und Kirchen festzustellen ist, ist der Kampf für die Verwirklichung der Verfassung für LINKE ein vordringliches Aufgabenfeld. Zumal für LINKE Laizisten die Negierung der Verfassung über die Trennung von Staat und Kirche und die staatlich geförderte Missionierung durch die sogenannten Amtskirchen Teil der der herrschenden neoliberalen Politik ist.
Die Landesarbeitsgemeinschaft versteht Laizismus daher auch als “Säule für einen demokratischen und sozialen Staat entsprechend folgendem Leitmotiv”: „Die Linke bekennt sich zur Religions- und Meinungsfreiheit ebenso wie zur strikten Neutralität gegenüber allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Sie betrachtet das religiöse Bekenntnis und dessen Ausübung als individuelles Freiheitsrecht in der Verantwortung des Individuums. Sie wendet gegen jede Privilegierung und Diskriminierung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und fordert von diesen die Achtung und Befolgung aller im Grundgesetz und anderen Rechtsvorschriften vorgegebenen Regelungen. Die Linke setzt sich ein für eine klare Trennung von Staat und Religionen/Weltanschauungen im Sinne eines konsequenten Laizismus.”
Mit der Gründung wurden auf der Grundlage von Weimarer Reichsverfassung/Grundgesetz folgende zehn Forderungen beschlossen, die Auswirkungen auf Landes- und Bundespolitik haben:
- Gesetze und öffentlicher Raum müssen religiös und weltanschaulich neutral sein.
- Das öffentliche Bildungswesen muß religiös und weltanschaulich neutral sein.
- Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen.
- Abschaffung von Rechtsprivilegien der beiden sogenannten Amtskirchen.
- Abschaffung von Steuerprivilegien der Kirchen.
- Abschaffung von Finanzprivilegien derjenigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaft des öffentlichen Rechts sind.
- Beendigung der amtskirchlichen Priesterausbildung auf Kosten des Staates.
- Allgemein übliche Mitarbeiterrechte auch für die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen und Betrieben.
- Keine öffentliche Militärseelsorge mehr.
- Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat kein Kirchenfunk zu sein.
Diese hier in Kurzform wiedergebenen Punkte decken sich weitestgehend mit analogen Forderungen der zumeist noch nicht organisierten Laizisten in anderen Parteien, wie SPD, FDP, GRÜNE und Piraten.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]