Thüringen – Kosovo und zurück

Von Andreaskuehn @DE_Globetrotter


Balkan, so hieß die grobe Richtung, in die wir im August 2012 aufbrachen. Am frühen Nachmittag fuhren wir via Regensburg gen Passau und nächtigten am ersten Autobahn-Rastplatz auf österreichischer Seite. Saubere Sanitäranlagen (Dusche = 1 Euro), Kaffeeautomat. Passte.
Am Morgen darauf versorgten wir uns mit Getränken in Einwegverpackung sowie mit frischem Brot. Dann fuhren wir zügig in Richtung Slowenien, verließen aber noch vor der Grenze die Autobahn, um der happigen slowenischen Maut zu entgehen.


Solche Minen-Warnschilder sind in Bosnien-Herzegowina abseits der Magistralen gang und gäbe. Sie sollten tunlichst beachtet werden! Noch immer sind großflächige Gebiete nicht fachmännisch abgesucht.

Am Nachmittag erreichten wir dann die kroatische Grenze, spätabends in Bosanska Kostajnica die durch den Fluss Una gebildete Grenze zu Bosnien-Herzegowina. (Allgemeine Infos zu Bosnien und Herzegowina) Am Ortsausgang suchen wir uns nahe einer Tankstelle einen „Stellplatz“ zur Nacht. Alles sehr übersichtlich, in der Tankstelle WC und Waschbecken, frühmorgens bereits öffnete ein Café. Geldumtausch war ebenfalls möglich.
Wir fahren nur rund 30 km, um das in Bosanska Krupa wunderschön am Fluss gelegene Unakamp zu erreichen. Das Wasser im Fluss ist kristallklar, der Platz (zwei Personen, Strom, Dusche = 15 Euro) erst vor wenigen Jahren eingeweiht worden. Abends kann man ein Hauptgericht ordern, wir aßen Fisch und waren so begeistert, dass wir einen zweiten Tag blieben.

Dann zogen wir weiter in Richtung Süden. Nicht jede Straße, die die Karte als „Hauptstraße“ auswies, war wirklich gut ausgebaut. Man fährt ein wenig nach Bauchgefühl …
Am späten Nachmittag erreichten wir Jajce, vor der Eroberung durch das Osmanische Reich Sitz der bosnischen Könige. Die Altstadt kandidiert für die Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Die Stadt ist ferner bekannt durch den Pliva-Wasserfall.

Unsere Hauptrichtung bleibt Mostar, doch zuvor steuern wir bei Einbruch der Dunkelheit einen kleinen Stellplatz (nur Strom und Wasser sind zu bekommen) am Flüsschen Vrbas an.
Am nächsten Vormittag erreichen wir die Neretva, deren Lauf wir dann bis Mostar folgen. Wieder einmal bewahrheitete sich an der Straße: Wo viele Einheimische essen, schmeckt es in den allermeisten Fällen und der Preis geht in Ordnung!

Böse Überraschung in Mostar, wo wir sieben Jahre nicht gewesen sind. Das Städtchen platzt aus allen Nähten! Touristen, die wie Heuschrecken über die Altstadt und die berühmte Stari Most (UNESCO-Welterbe) her fallen. Ein Espresso, ein paar Fotos – bloß schnell weiter.

In Blagaj zerplatzte unser Traum von einem ruhigen Plätzchen fernab allen Trubels. An der Buna-Quelle, wo wir einst im Jahre 2005 mit der Natur und dem kleinen Kloster allein waren, reihte sich Fahrzeug an Fahrzeug. Eine Handvoll Campingplätze gibt es, schön kann man sie alle nicht wirklich nennen.
Am Ortseingang verbringen wir dann bei einem freundlichen Gastgeber den Abend und die Nacht. Der Platz existiert erst seit 2011, Dusche, WC und Waschmaschine sind vorhanden. Bis spät in die Nacht sitzt ein national bunt gemischtes fahrendes Völkchen beim Weine des Gastgebers zusammen. Der „all inklusive“-Preis, der auch Getränke einschloss: 15 Euro!


Dieses Schild wird einem in Bosnien-Herzegowina immer mal wieder begegnen. Die Republika Srpska umfasst 24.857 km², somit rund die Hälfte des Staatsgebiets von Bosnien-Herzegowina – den Norden und Osten Bosniens und den Osten der Herzegowina. Zwischen den beiden Teilgebieten westlich und östlich von Brčko besteht keine territoriale Verbindung. Der wenige Kilometer breite Korridor, durch den sie in der Vergangenheit miteinander verbunden waren, gehört heute zum Brčko-Distrikt, der als Kondominium beider Entitäten unter direkter Kontrolle des Gesamtstaates steht. Das Gebiet der Republika Srpska grenzt im Norden an Kroatien, im Osten an Serbien, im Südosten an Montenegro und wiederum kurz an Kroatien.


Am Morgen darauf brechen wir zeitig auf, um nach Montenegro weiter zu fahren. Wir wählen bewusst nicht den Weg an der Küste entlang, sondern reisen via Vilusi durch die schöne Berglandschaft. Auf montenegrinischer Seite wird die Straße ausgebaut – Umleitung auf abenteuerlichen Pfaden! Letztlich bietet sich dann ein genialer Blick hinab in die Bucht von Kotor.


Im UNESCO-Welterbestädtchen essen wir zu Abend, bevor es dann noch stop and go durch Budva weiter bis kurz vor Bar geht. Auf dem begrünten Parkareal einer Kurklinik finden wir den passenden Platz zur Nacht.
Noch bevor die ersten Touristen mit Bussen heran gekarrt werden, erreichen wir den Skutari-See. Die Bootsfahrt ist für Natur-Freaks wärmstens zu empfehlen!


Mittags können wir der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica nichts abgewinnen und erreichen gegen 14 Uhr die albanische Grenze. Eine halbe Autostunde später findet sich ein Abzweig zu einer staubigen Piste, an deren Ende sich direkt am See einer der schönsten Campingplätze Albaniens befindet.
Wir bleiben zwei Tage und machen ausgiebig Bekanntschaft mit Shkoder. (Allgemeine Albanien-Infos)

Die nächste Etappe führt uns fast einen Tag lang durch die albanische Bergwelt – gen Prizren im Kosovo.

Am Grenzübergang muss jedes einreisende Fahrzeug haftpflichtversichert werden. Die grüne Versicherungskarte gilt nicht. Der Versicherungs-Obolus hängt entscheidend von der Größe des Fahrzeugs und der Aufenthaltsdauer ab!
Für Kosovo benötigt man einen Reisepass! Eine Ausreise nach Serbien ohne serbischen Einreisestempel ist nicht möglich. Ich würde ohnehin via Serbien weder ein- noch ausreisen! Hinweis.
Der Euro ist offizielles Zahlungsmittel. Amtssprache ist Albanisch, auch Deutsch (!) wird vielerorts verstanden, Englisch eher weniger.
Man kann sehr gut und sehr preiswert essen, vor allem alles, was vom Grill kommt. Eine klassische Camping-Infrastruktur gibt es nicht! Hier ist individuelle „Fantasie“ gefragt!
Nachtfahrten – vor allem auf Nebenstraßen – sollten vermieden werden.
Auch tagsüber geht es nicht immer zügig voran: Die Beschilderung ist oft schlecht, mitunter auch gar nicht vorhanden. Auf Hauptrouten sind die Wegweiser meist noch in Ordnung, beim Verlassen der Hauptstraßen waren oft kilometerweit keine Verkehrsschilder zu sehen.
Mit geschärften Sinnen vermeidet man Ungemach, wenn man zwischen Albanern und Serben unterscheiden kann! Am besten, man macht in Unterhaltungen um politische Themen einen großen Bogen.


Im Zeitraffer, da ich aus privaten Gründen nicht ins Detail gehen möchte: Via kosovarische Hauptstadt Pristina (über die Autobahn zügig zu erreichen – historisch auf Grund der Kriegszerstörungen ohne jegliche Highlights!) geht es ins historisch durchaus sehenswerte Prizren. Zuvor haben wir privat übernachtet.
So oft wir mit Kosovaren ins Gespräch kamen: Verwunderung darüber, dass man in ihrem Lande privat unterwegs ist. Abends stehen wir dann auf dem Gelände eines tollen Restaurants, sicher behütet vom italienischen KFOR-Verband (Mille grazie, signori!). Das Abendessen war Extra-Klasse.

Zum Frühstück, das bei uns meist nur aus einem großen Milchkaffee besteht, servierte unser kosovarischer Gastgeber hochprozentigen Raki! Wie so oft zuvor, wurde jegliche Bezahlung energisch abgewehrt!

Eine Führung (Englisch) durch das serbisch-orthodoxe Kloster Vysoki Decani (UNESCO-Welterbe) wird uns für immer im Gedächtnis haften bleiben. Grandios!
Weiterfahrt via Peja (Peć) und Rugova-Schlucht zur montenegrinischen Grenze. Nach kurzem Weg durch Montenegro erreichen wir die serbische Grenze und gelangen nach Novi Pazar.

Wir suchen uns ein schönes, aber einsames Plätzchen in den serbischen Bergen und fahren am nächsten Morgen in Richtung Priboj zur Grenze gen Bosnien-Herzegowina. Achtung: Serbien ist in Sachen Ein- und Ausreise ein eigenartiger Fall. Bitte hier informieren.

Der späte Vormittag gehört dann Visegrad (UNESCO-Welterbe). Weiter fahren wir in an der Drina entlang (traumhafte Landschaft!) Richtung Foča. Wir bleiben in einem wunderschönen Camp am Fluss. Es handelt sich um den ersten privaten Campingplatz, den es 1987 in Ex-Jugoslawien gab. Die Betreiber organisieren auch Rafting-Touren. Man kann ganztägig Mahlzeiten einnehmen, der Fisch vom Grill (frisch gefangen im Fluss) ist Extraklasse.

Wer ein halbwegs für Schlaglochpisten geeignetes Fahrzeug lenkt, für den sind die nahe gelegenen Sand-Pyramiden ein absolutes Muss! Die 9 km hinauf zu diesem grandiosen Naturschauspiel sind bei Regen nur mit einem Allrad-Fahrzeug befahrbar.


Entlang der Drina reisen wir bis Brod und folgen dann dem Flusslauf der Bistrica in Richtung Sarajevo. Für uns der landschaftlich schönste Abschnitt der gesamten Tour!

Die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina empfing uns mit einem Verkehrschaos. Die Parkplatzsuche dauerte! Ein längerer Stadtbummel ist unausweichlich – die Stadt ist wirklich schön zu nennen.
Von Sarajevo fahren wir via Jajce und Banja Luka weiter. Unterwegs finden sich in der Natur stets Plätze, wo man sorglos über Nacht bleiben kann. Über Prijedor steuern wir nochmals das Unacamp an, bevor es über Bihac in Richtung Karlovac (Kroatien) geht.

Da wir nie Kroatien-Fans werden, geht es weiter nach Slowenien, Richtung Ljubljana. Abends erreichen wir die Alpen. Bei Lesce begeben wir uns zur Ruhe. Erster Regen dieser Tour.
Am nächsten Morgen umfahren wir bei strahlendem Sonnenschein den Karawanken-Tunnel über den Pass und sind zurück in Österreich. Der weitere Tag führt uns über die Großglockner-Hochalpenstraße in Richtung Saalfelden.

Nach drei Wochen durchaus leckerer Küche auf dem Balkan schmeckt die Hausmannskost namens Wiener Schnitzel noch einmal so gut.
Auf einer Ferienwiese des österreichischen Alpenvereins bei Weissbach finden wir über Nacht „Asyl“ vor einem Gewitter samt wolkenbruchartigen Niederschlägen.
Die beiden nächsten Tage gehören Freunden in Bayern.
Nach 4.220 km sind wir am 28. Tag wieder daheim. Fazit: Jederzeit wieder!