Metallica; größte Heavy Metal-Band auf Erden, florierendes Wirtschaftsunternehmen mit Millionenumsätzen, ausverkaufte Arena-Tourneen, fanatische Fans weltweit… Nicht schlecht für eine kleine Assi-Mischpoke, die einst mit ihren drei ersten Alben (Kill’m all, Ride the Lightning und Master of Puppets) Musikgeschichte schrieb und mit den Alben vier und fünf (…and Justice for all und dem Black Album) den Metal beinahe im Alleingang salonfähig machte. In Zeiten von massivem Umsatzrückgang im Musikverkauf, muss aber auch ein Globalplayer seine Fühler nach neuen Einnahmequellen ausstrecken. Und so wundert es nicht, dass die Band, die sich einst Musikvideos verweigerte, nun schon seit einigen Jahren Live-DVD auf Live-DVD auf den übersättigten Markt wirft.
Nun gehen Metallica den nächsten, ihrer Meinung nach logischen Schritt und veröffentlichen einen Konzertfilm ‘der Superlative’. Im Falle Through the Never bedeutet das ein Konzert, verbunden mit einer (Spielfilm)Handlung. Die gibt im Grunde nicht viel her, außer schön gefilmtem Chaos. Aber der Reihe nach: Metallica-Fan und Local Helper Trip (Dane DeHaan) soll während eines Konzerts einen liegengebliebenen LKW der Crew mit Sprit versorgen. Unterwegs gerät er in einen Alptraum aus Straßenschlacht und surrealen Erlebnissen. Mit Mühe und Not am LKW angekommen, schnappt sich Trip den einzigen Inhalt des Lasters, eine Tasche mit ominösem Inhalt, und will sich gerade auf den Rückweg zum Konzert machen, als ihn der wütende Mob, offenbar gesteuert von einem bizarren Reiter, angreift. Trip muss um sein Leben rennen…
Metallicas erster Kinofilm ist halbgar geraten. Eine Bewertung fällt insofern schwer, da einzelne Elemente schlicht großartig sind, andere wiederum irritierend unausgereift erscheinen. Die Kameraarbeit von Predators-Kameramann Gyula Pados zum Beispiel ist fantastisch. Nicht nur sind die Live-Aufnahmen der 360° Bühne phänomenal, auch können einen die atmosphärischen Bilder des nächtlichen Albtraums in der namenlosen Großstadt fesseln; Polizeipferde, die ihre Reiter hinter sich her ziehen, zahllose Gehängte in den verwaisten Straßen… Das ist nicht nur toll anzusehen, sondern auch bedrückend-intensiv. Auch die Vorstellung der vier Metallica-Musiker ist schön geworden; James Hetfield im feuerspuckenden Auto braust lässig vorbei, Kirk Hammett gibt Anweisungen, Lars Ulrich ist geschäftig, wie man es seinem Image als Band-Sprachrohr zutraut und Bassist Rob Trujillo basst beim warmspielen alles in Grund und Boden. Herrlich selbstironisch. Dem gegenüber steht ein etwa in seiner Gänze 15 Minuten langer Kurzfilm, der in kleinen Happen in das Live-Ereignis gepresst wird. Unnötig brutal, Gewalt verherrlichend und ja, verstörend. Hier ist zwar die angesprochene Optik brillant, jedoch ist die gezeigte Gewalt völlig über strapaziert. Jemand übergießt sich mit Benzin und rennt als brennende Fackel herum – das ist einfach geschmacklos, weil deplatziert. Gerade in heutigen Zeiten. Aber hey; es sieht cool aus. Als für sich allein stehender Kurzfilm würde die Sache wohl funktionieren, gekoppelt mit einer Metal-Liveshow ist es einfach unpassend.
Mit Bonusmaterial lässt sich Through the Never nicht lumpen. Viele Behind the Scenes und Interviews runden das Paket ab. Sound und Bild sind durchgehend erstklassig.
Bleibt noch zu erwähnen, dass dem Rezensenten Einer immer gefehlt hat: Jason Newsted, der tragische Held, der einst genervt das Handtuch schmiss und Metallica den Rücken kehrte, weil er an den inneren Streitigkeiten beinahe zerbrach. Jason, dem man immer angemerkt hat, dass er selbst der größte Fan seiner eigenen Band war. Trujillo mag seinen Job am Bass noch so gut machen, aber Jason ist einfach allein von seiner Ausstrahlung nicht zu ersetzen…
Through the Never ist ein tolles Konzert, dessen eingestreute Handlungselemente leider so gar nicht mit dem Rest harmonieren und nie ein Ganzes geben. Sad but true.
Ein Gastbeitrag von Renatus Töpke