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Man nehme die vorhandene unterschwellige Angst der Mehrheit der Bevölkerung vor dem Internet, einige aktuelle Schlagworte wie “Krise”, “Occupy” und “Anonymous” und baue aus diesen Schlagworten und einer Handvoll Personen einen Roman. Das klingt abgedroschen und lässt nicht viel erwarten. Doch Thore D. Hansen baut aus diesen Versatzstücken eine bestechend spannende Story.
Der Autor ist klug genug, aus den genannten Versatzstücken nur die Teile für seinen Roman zu benutzen, die dort zwingend notwendig sind. Er hütet sich davor, technische Dinge zu erklären und lässt so die eine oder andere Ungenauigkeit zu. Doch gerade diese Beschränkung dient dem Aufrechterhalten der Spannung. Denn das muss man dem Buch zusprechen: es ist spannend von der ersten bis zur letzten Zeile. Ich habe es in einem Zuge in knapp sechs Stunden gelesen.
Was ich anfangs noch für eine “Aufgabe” hielt (noch ein Buch, dass ich lesen muss, weil ich eine Rezension versprach) zog mich dann dermaßen in den Bann, dass ich alles andere vergaß.
Ein liebenswert trottlinger Hacker namens Torben möchte die Freiheit des Netzes erzwingen. Dazu programmiert er einen Computerwurm, der in der Lage sein soll, die Datenströme im Netz quasi zu dokumentieren. Allein, um den Nutzern aufzuzeigen, welche staatlichen Stellen und vor allem auch Unternehmen sich an deren Daten “bedienen”. Da können (natürlich) Seitenhiebe auf Facebook und Google nicht ausbleiben.
Das missfällt natürlich genau jenen und Torben gerät zwischen alle Fronten: Geheimdienste jagen ihn von Stockholm über Hamburg nach New York. Wo er in die Fänge des CIA gerät. Die Welt drumherum ist in latenter Revolte: Die Occupy-Bewegung ist weltweit auf der Strasse; Anounymus hat eine Gegenöffentlichkeit geschaffen, die diese Revolte antreibt.
Es lässt sich erahnen, dass die “Stille Kontrolle” bereits begonnen hat. Die Dystopie ist schon längst Realität. Nur – so eine der Erklärungen im Roman – die Mächtigen haben verstanden, wie die Bevölkerung still gehalten werden kann: mit den Massenmedien. Und wer sich heute die privaten Fernsehkanäle anschaut weiß genau, was damit gemeint ist. Nur die Intensität ist in der (geschilderten nahen) Zukunft verstärkt worden; die Intention ist die gleiche wie heut.
So plant der unmoralische Gegenspieler und Chef des CIA, Roy Clark, nicht nur die komplette Überwachung des Internets, sondern auch, die Menschen mit technikunterstützter Gedankenkontrolle zu folgsamen Schafen der Gesellschaft zu machen. Die, die sich davon nicht beeinflussen lassen (wollen), sollen aus der Gesellschaft der “Guten” ausgeschlossen werden.
Natürlich hat Torben Freunde, die ihm helfen und (wenig) überraschend auch “Feinde”, die das tun – das gehört sich so in einem Thriller. Der Plot hat insofern kaum Überraschungen zu bieten. Es ist das übliche Gut-und-Böse-Schema, das hier bedient wird. Doch wie das gemacht ist! Es ist vor allem gutes Handwerk, was sich an dem Buch zeigt. Und allein das ist mehr, als man von manch anderem Buch sagen kann.
Die unterschwellige Warnung vor der Kontrolle des Netzes sowie auch die kaum verholene Sympatie für die Occupy-Bewegung sagen vor allen etwas über den politischen Standpunkt des Autoren aus als dass sie zwingend notwendig für den Spannungsbogen des Buches sind. Thore D. Hansen spielt dabei sogar ein wenig mit Verschwörungstheorien; aber nie so, dass man sie als Leser ernst nehmen kann oder muss.
Der Roman endet mit einer großen Überraschung. Ich konnte nicht fassen, dass er an genau der Stelle endet, an der der nächste Spannungsbogen beginnt. Das schreit nach einer Fortsetzung! Dieser erste Teil (ich nenne ihn einfach mal “ersten Teil”, weil ein zweiter zwingend kommen muss) ist jedenfalls absolut lesenswert. Ich bin sehr zufrieden, dass ich diese “Aufgabe” übernommen habe.
Nic