Heute habe ich ein Interview mit dem Autor Thomas Finn für euch, den ich bei zwei Schreibworkshops kenne lernen durfte. Diese Workshops kann ich euch übrigens nur wärmstens empfehlen! Mehr Infos dazu gibt es hier. Mehr Infos zu Thomas Finn gibt es unter diesem Link. Mein Lieblingsbuch von Thomas Finn ist übrigens "Weißer Schrecken". Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass ich ihn in Hamburg in seiner Wohnung treffen und mit Fragen löchern durfte:
Wie sieht der typische Leser Deiner Bücher aus?
Weil ich ja ganz unterschiedliche Bücher schreibe, glaube ich, dass das ganz unterschiedliche Leser sind. Generell sollten sie, so stelle ich mir das vor, an Phantastik ein gewisses Grundinteresse haben. Wie der sonst beschaffen ist, kann ich dir nicht genau sagen. Ich glaube schon, es sind neugierige Menschen, die vielleicht auch mal eine etwas ungewöhnliche Story lesen.
Welche Menschen besuchen Deine Lesungen?
Das erscheint mir immer, wie ein ganz normaler Querschnitt unserer Bevölkerung. Also, ich stelle nicht fest, dass da
vermehrt Frauen da wären - man sagt ja, Frau lesen mehr. Die Geschlechterverteilung ist eigentlich immer 50/50. Ich habe junge Leser, sicherlich auch durch meine Jugendbücher, aber die bringen zum Teil ihre Eltern mit. Ich habe ältere Leute auch schon im Publikum gehabt, es kommt eben ein bisschen aufs Thema an. Zum Beispiel bei „Funke des Chronos“, als es um Hamburg ging, hab eich vermutlich auch am meisten ältere Leser im Publikum gehabt, die dieser Stadt sehr verbunden sind.
Wenn Du Deine Autorenkarriere betrachtest, gibt es da etwas, dass Du aus deiner Sicht heute besser hättest machen können?
Nein, glaube ich nicht. Du bist als Autor davon abhängig, dass du Chancen bekommst. Das dramatische ist ja nicht, dass du ein Buch schreibst, oder wie gut die Qualität des Buches ist, sondern, was der Verlag damit macht. Und wenn man einmal einen ganz großen Erfolg hat, dann knüpfen Verlage und Autoren gerne an diesen Erfolg an und dann hätte das sicherlich einen andere Richtung nehmen können, wenn jetzt zum Beispiel ein bestimmtes Thema ganz besonders erfolgreich gewesen wäre. Das muss dann aber zeitig kommen. Einer meiner größten Erfolge waren sicherlich die „Chroniken der Nebelkriege“, also „Das unendliche Licht“, „Der eisige Schatten“ und „Die letzte Flamme“ und da hat der Verlag viel zu spät einen vierten Teil gemacht. Es hätte sonst sein können, dass es in diese Richtung noch mehr Romane hätte geben können. Ansonsten, nein, ich zähle zu den Autoren, die jedes Werk, das sie geschrieben haben, bis heute mögen. Klar, es gibt Kleinigkeiten bei denen ich sagen würde, heute würde ich es ein bisschen anders machen, aber im Prinzip mag ich all diese Romane und ich freue mich immer noch, dass ich zu den Autoren zähle, die gefühlt jedenfalls, ein breites Spektrum haben und das entspricht auch meinem persönlichen Interessenbereich.
Was hältst Du von E-Books, da ja jetzt gerade die Bücher deiner „Astaria“-Reihe als E-Books erscheinen? Liest Du sie selbst auch?
Ich bin gar nicht so technikaffin. Meine Freundin liest mittlerweile viele E-Books. Ich komme sowieso nur dazu ein halbes Dutzend Romane im Jahr zu lesen, weil ich selbst so viel schreiben muss, finde E-Books aber sehr, sehr spannend, weil die Möglichkeit, dass du so viele Bücher in so einem kleinen elektronischen Gerät überall mit hin schleppen kannst, einfach faszinierend ist. Ich glaube auch, dass da bei weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgelotet sind. Ich denke aber trotzdem, dass E-Books einen ganz großen Erfolg haben, wenn Tablet-Computer flächendeckend an den Schulen eingeführt werden. Man braucht ja immer noch das entsprechende Medium, um die E-Books zu lesen. Und bis das so sein wird, glaube ich, dass weniger E-Books verkauft werden, als „normale“ Bücher.
Du warst dieses Jahr für den „Seraph“ nominiert. Wie wichtig sind Dir solche Preise?
Man freut sich immer, wenn man nominiert wird oder den Preis gewinnt. Ich glaube, der Werbeeffekt eines Preises wird ein bisschen überschätzt, weil es doch ganz bestimmte Gruppen in der Community gibt, die sich auch für diese Preise interessieren. Aber es ist natürlich eine tolle Ehrung, wenn du in der Nominierungsliste bist oder den Preis gewinnt. Man freut sich als Autor - das auf jeden Fall! Den Werbeeffekt kann ich schwer einschätzen, aber ich glaube Deutschland hat keinen Preis in der Phantastik, der groß genug ist, dass er einen großen Strahleffekt hat.
Du hast jetzt mittlerweile mehrere Schreibworkshops gegeben, was ist Deiner Meinung nach der größte Tipp an angehende Schriftsteller von Dir?
Lerne das Handwerk des Schreibens! Das ist der eine und der andere ist: Schreibe! Das sind eigentlich die beiden Tipps und als drittes: Lies viel und sieh viel Filme, um sich mit der Dramaturgie vertraut zu machen, die Stoffe haben. Ich bin jemand, der denkt, dass man das Handwerk beherrschen sollte, wenn man irgendetwas macht, weil es cleverer ist, sich die Erfahrungswerte von Leuten anzueignen, die das schon hunderte Jahre vorher gemacht haben und das Geschichtenerzählen gehört da dazu und ich bin eher ein bisschen erschreckt darüber, dass ich auf neue Kollegen stoße, die sich wenig bis gar nicht damit auseinandergesetzt haben. Die würden sich viel Ärger ersparen, wenn sie es getan hätten.
Du hast mit Bernhard Hennen die Gezeitenweltromane geschrieben. Wie sieht es da mit einer Fortsetzung aus?
Die Gezeitenwelt ist gerade ins E-Book gekommen, das hat ein bisschen gedauert und letzten Endes ist eine Fortsetzung von zwei Faktoren abhängig: Ein mal, wie viel Erfolg das E-Books jetzt hat, damit ein potenzieller Verlag überzeugt wird, und das zweite ist Bernhard Hennen, wie es mit seiner Zeit aussieht, weil er unser Zugpferd ist und momentan mit den „Elfen“ schwer beschäftigt ist, aber das kann in ein paar Jahren durchaus anders aussehen und Bernhard hat durchaus auch Interesse daran die Serie fortzusetzen, denn es ist eben etwas unerledigtes und das gefällt uns allen nicht.
Jetzt eine ganz fiese Frage: Gab es schon mal ein Buch von einem engen Freund oder Schriftstellerkollegen, den Du kanntest, das Du ganz schlecht fandest, du es ihm aber nicht gesagt hast?
Ja.
Ja?
Ja, aber ich sag nicht, was für ein Buch das war (lacht). Das liegt natürlich daran, dass es auch eine Geschmacksache ist. Das andere sind handwerkliche Punkte. Ich lese natürlich Romane immer mit dem Gedanken, wie würde ich das machen, was würde ich in der Handlung abändern, hätte ich diesen Roman geschrieben. Ich kann keine deutschen Beispiele anführen, weil ich den Kolleginnen und Kollegen über den Weg laufe und dieser Kollege war auch jemand, der tolle Romane schreibt und es gab da ein spezielles Werk, das ich nicht so schön fand, aber um das mal ein bisschen greifbarer zu machen: Als ich „Der Marsianer“ gelesen habe, der jetzt verfilmt wird, da merkt man schon, dass es ein Buch ist, das als E-Book-Projekt entstanden ist von einem, der nicht ganz so viel Erfahrung beim Geschichtenerzählen
hat und da gibt es einige Punkte, die ich abändern würde und wo ich auch jetzt sehr gespannt bin, wie es im Film abgeändert wird. Ansonsten ist es natürlich ein Super-Stoff und das hat die Filmindustrie auch erkannt.
Woran arbeitest Du jetzt gerade?
Jetzt sind es gerade zwei Romane. Einer wieder ein Mystery-Thriller, „Dark Wood“, der wird Anfang nächsten Jahres bei Droemer Knaur erscheinen und im nächsten Jahr wird der erste Krimi aus meiner Feder erscheinen.
Wie sieht ein typischer Tag in Deinem Leben aus?
Oh je, das kommt darauf an, in welcher Phase ich mich befinde, also wenn ich mich in einer Schreibphase befinde, dann schreibe ich wirklich von morgens bis abends mit gewissen Pausen natürlich und dann gehe ich quasi mit Dialogen ins Bett, wache morgens auf und überarbeite dann erst mal, was ich am Vortag geschrieben habe und arbeite dann weiter. Bei einem Roman von 450 bis 500 Seiten etwa drei Monate lang. Manchmal auch ein bisschen mehr oder weniger, es kommt auch darauf an, wie kompliziert ein Stoff ist. Ansonsten, wenn ich nicht schreibe, dann ist mein Tag, andere würden sagen, wie ein Urlaubstag (lacht). Aber das stimmt so natürlich nicht, ich brauche natürlich Zeit, um neue Stoffe zu entwickeln und das ist eigentlich die schwerste Arbeit am Schreiben, finde ich. Man hat also eine neue Grundidee und muss neuen Stoff entwickeln. Und das geht eben nur mit viel Recherche und Nachdenken.
Du bestreitest ja sehr viele Lesungen. Was war da die schönste und was die schlimmste Lesung, die Du erlebt hast?
Die schlimme Lesung habe ich selten erlebt. Ich habe einmal eine Lesung erlebt, da kam ich nach Wiesbaden und habe festgestellt, dass die Buchhandlung überhaupt keine Werbung gemacht hat und das war dann so eine Lauflesung, die ich mit einem Kollegen abhalten musste, das war unangenehm. Skurril war eine Lesung, die ich 2004 in Leipzig hatte, da habe ich „Das unendliche Licht“ oder „Der eisige Schatten“ vorgestellt, eines der Bücher aus den „Chroniken der Nebelkriege“ und dann wurde die Lesung von sehr lauten Christinnen gestört, die Fantasy dem Teufel gleichgesetzt hatten und dergleichen und ich habe das erst gar nicht gemerkt, bis die plötzlich hinter mir standen und Transparente aufzogen und mir das Mikro abnahmen. Das war eigentlich auch ein bisschen lustig. Schöne Lesungen habe ich mehrere erlebt. Lesungen werden eigentlich immer dann schön, wenn der Ausrichter der Lesung sich einsetzt und das merkst du. Da kann ich jetzt keine bestimmte nennen, ich habe da natürlich einige im Kopf, die ich in meinen letzten 10 Jahren da erlebt habe. Schöne Lesungen sind eben die, bei denen man merkt, dass der Ausrichter hinter dem Buch steht und sich bemüht hat Werbung dafür zu machen.
Welches Deiner Bücher ist Dir am wichtigsten?
Das ist schwer. Kann ich so gar nicht sagen. Eigentlich immer das, an dem ich aktuell sitze. Es gibt tatsächlich ein Thema, dass mich beschäftigt, etwas, das ich erst später gemerkt habe und das ist Deutschland als Hintergrund für
phantastische Geschichten zu verwenden, wie Kollegen aus Amerika das selbstverständlich mit ihrem Land machen und insofern sind mir alle Romane wichtig, die vor einer deutschen Kulisse spielen. Das ist jüngst „Aquarius“, dazu gehören „Schwarze Tränen“, „Weißer Schrecken“, sicherlich auch „Die Chroniken der Nebelkriege“, die Deutschland jetzt nicht als Fantasykulisse gebrauchen. Ich bin an jeden Roman mit großer Begeisterung rangegangen.
Gibt es unter den Büchern, die Du gelesen hast, welche, die Du für überschätzt hältst?
Ja, ganz bestimmt, das sind „Illuminati“ und „Sakrileg“. Diese Detektivarbeit und diese Kirchengeschichte sind sicherlich sehr interessant, aber was ich wirklich vermisst habe, war die Charakterentwicklung, die es in den Büchern überhaupt nicht gab, im Gegenteil. „Illuminati“ ist ja vor „Sakrileg“ erschienen und der Kollege hat einfach die Figur genommen, die gleiche Grundvoraussetzung geschaffen, in „Illuminati“, die Frau wurde einfach abgesägt und durch eine neue ersetzt, das Grundprinzip war also genau das gleiche, nur das Rätsel war ein anderes. Die Romane sind erschienen, als sowieso einige Verschwörungstheorien hochkochten und das hat sicherlich auch zum Erfolg beigetragen, aber ich habe „Sakrileg“ halb gelesen, „Illuminati“ ganz und muss dann sagen: Ganz klar überschätzt.
Was, glaubst Du, ist der nächste Trend in der Buchbranche?
Das lässt sich ganz schwer sagen. Vor ein paar Jahren waren Trends viel klarer auszumachen. Zum Beispiel lagen Vampire im Trend, der Literaturmarkt gab fast gar nichts anderes mehr her, was für uns Autoren zum Verzweifeln war oder Dystonien, die kurz danach kamen, die auch ein Trend waren, wenn auch nicht ein so großer Trend, wie Harry Potter oder die Vampir-Thematik. Momentan ist es ganz schwer. Es ist auch eine Frage, für was die Verlage sich interessieren. Was für Trends gibt es? Ein Trend ist eine tolle Sache, auf die man
aufspringen kann, und die natürlich Verkäufe generiert. Für uns ist eine trendlose Zeit interessanter, weil man endlich wieder Stoffe anbieten kann, die keinem Trend entsprechen und nur für sich stehen und nur unter dieser Prämisse bewertet werden. Ich sehe im Momentan keinen besonderen Trend, aber interessante Tendenzen. So gibt es durchaus einige Verlage, die viel mit Science Fiction machen. Vielleicht liegt es daran, dass einige Sonden an Planeten unseres Sonnensystems vorbei geflogen sind. Schwierig. Aber momentan ist für mich kein besonderer Trend auszumachen, sondern jetzt müssen Stoffe für sich selbst stehen und das passt mir besser.
Dann vielen Dank für das Interview!
Hier geht es zur Website von Thomas Finn.