Elidérico Viegas, Präsident des regionalen Hotelverbands AHETA, sieht voraus, dass neben dem Verlust an künftigen Gästen Dienstleister nun auf Geldforderungen „in Höhe von einigen Millionen Euro" für in den Sommermonaten erbrachte Leistungen an Thomas Cook-Kunden sitzenbleiben werden. Die Thomas Cook-Pleite werfe einen "Schatten auf die Zukunft" der Urlaubsregion. Das trübt die Stimmung in den Hotelbetrieben (unser Beitragsbild) erheblich; die Gesicher sind lang.
Experten rechnen damit, dass erst im Laufe dieser Woche genau feststehen wird, wie stark die Auswirkungen sind. Sicher ist, dass Umsätze aus den Monaten mit den höchsten Preisen der Tourismus-Saison verloren gehen. Diese machen laut Branchenkennern oft die Hälfte des gesamten Jahresumsatzes von Algarve-Hotels aus. Gewarnt wird vor einem Markt, der immer enger und konzentrierter wird, weil Wettbewerber vom Markt verschwinden. Das führt bei Insolvenzen zu immer härteren Auswirkungen.
Thomas Cook-Pleite folgt Serie von Airline-Insolvenzen, die Faro berühren
Der Konzern Thomas Cook ist der zweitwichtigste Reiseveranstalter für Portugals Südküste. Seine Insolvenz folgt einer Kette von Pleiten, die seit 2017 die den Algarve-Flughafen Faro ansteuernden Fluggesellschaften Monarch (Großbritannien), Airberlin, Niki, Germania (alle Deutschland und Österreich) sowie Aigle Azur (Frankreich) erfassten. Thomas Cook ist aber auch von großer Bedeutung für die portugiesische Ferieninsel Madeira. Ein Flug der Konzernairline aus Kopenhagen gehörte zu den am Montag stornierten.
Der portugiesische Rundfunk RTP berichtete davon, dass mit Thomas Cook reisende Urlauber von Hotels und Resorts verpflichtet wurden, selbst noch einmal die Kosten für ihren Aufenthalt zu übernehmen, den sie bereits bei dem Pleite gegangenen Konzern bezahlt hatten. Bereits die BBC hatte am Sonntag davon berichtet, dass mehrere seiner Tunesien-Urlauber am Verlassen der Hotels gehindert worden seien.
Auch João Soares, regionaler Vertreter des portugiesischen Hotelverbands AHP (Associação Hotelaria de Portugal), zeigte sich besorgt. „Einige Hotelgruppen und unabhängige Hotels, die Verträge mit Thomas Cook hatten, werden sicherlich Verluste erleiden", sagte er. Er verwies auf den Konkurs der britischen Billigfluggesellschaft Monarch, wegen dem Hotelbesitzer ebenfalls ihre Rechnungen nicht bezahlt bekommen hätten.
Portugals Regierung beobachtet Auswirkungen von Thomas Cook-Pleite
Die portugiesische Regierung teilte in einer Erklärung am Montag mit, sie beobachte die Auswirkungen des Konkurses auf Touristen und Unternehmen „mit größter Aufmerksamkeit", vor allem was die Algarve und Madeiras betreffe. Seit Januar hatte der britische Urlaubermarkt in Portugal eine sehr positive Entwicklung gezeigt - mit einem Wachstum von fast sechs Prozent bei den Gästen im ganzen Land und 7,3 Prozent an der Algarve.
Laut Angaben der britischen Botschaft hielten sich derzeit rund 500 Thomas Cook-Kunden in Portugal auf. Für portugiesische Pauschalreisekunden des insolventen Konzerns seien bereits „Mechanismen der Information und Unterstützung" eingerichtet worden.
Thomas Cook-Pleite erneut "schlechte Nachricht" für die Algarve
João Fernandes, Präsident des regionalen Tourismusverbands der Algarve (RTA), bestätigte, dass es sich ganz offensichtlich um eine „schlechte Nachricht" handele, „dass ein Unternehmen, das viele Jahre lang mit der Algarve zusammengearbeitet hat, bankrottgegangen ist". Vor allem die Hotels seien betroffen. Derzeit werde ermittelt, ob der Schaden sich auf einige oder viele Beherbergungsbetriebe der Region erstrecke.
Erst kürzlich war bekannt geworden, dass die irische Billigfluglinie Ryanair die Aktivitäten ihrer Algarve-Basis in Faro deutlich reduzieren will. Wir berichteten darüber zuletzt in unserem Beitrag "Behält Ryanair an der Algarve kleine Faro-Basis?".
Thomas Cook reduzierte Algarve-Präsenz zuletzt
Das Gewicht von Thomas Cook im Algarve-Tourismus sei früher ein sehr großes gewesen, betonte Fernandes. Der Konzern habe jedoch in den vergangenen Jahren seine Präsenz in der Region verringert und besitze hier keine eigenen Hotels mehr. Stattdessen habe Thomas Cook Pauschalreisepakte mit Flug und Unterkunft für jährlich etwa 20.000 Algarve-Reisende verkauft - meist für die Zeit von März bis Oktober.
Das entspreche rund 0,2 Prozent des gesamtes Passagieraufkommens der Algarve. Die Konkurrenz durch Billiganbieter und Online-Reservierungen habe Thomas Cook immer mehr zu schaffen gemacht, so Fernandes.
Gerüchte über mögliche Thomas Cook-Pleite kursierten bereits
Fernandes weist zudem darauf hin, dass Konzernkunden zwar am Flughafen Faro angekommen seien, aber Pauschalreisepakete in der andalusischen Nachbarregion Huelva nutzten. Auch deswegen seien die unmittelbaren Auswirkungen auf die Region Algarve eher begrenzt. Zudem habe es bereits seit einiger Zeit Gerüchte über finanzielle Probleme des britischen Reisekonzerns gegeben. Diese hätten Hotelbetreiber zu einer "gewissen Vorsicht" veranlasst.
Was Rückführungsaktionen für die gestrandeten Thomas Cook-Kunden an der Algarve anbetrifft, zeigte sich der Tourismusmanager zuversichtlich. Fernandes verwies darauf, dass "es mehrere Fluggesellschaften gibt, die viele Orte im Vereinigten Königreich anfliegen".
An Algarve rund 500 Touristen von Thomas Cook-Pleite betroffen
Laut Pedro Costa Ferreira, Präsident des portugiesischen Reisebüros- und Tourismus-Verbands APAVT, gibt es derzeit „hunderte von britischen Touristen an der Algarve und Madeira, die mit Pauschalreise-Paketen von Thomas Cook gekommen sind". Probleme mit der Repatriierung würden aber wohl nicht oder nur reduziert auftreten. Der Verbandspräsident wies darauf hin, dass Thomas Cook keine eigene Flotte für sein Algarve-Geschäft genutzt habe.
Weil die Pakete meist Linienflüge beinhalteten, müssten die vom Konkurs des Reiseveranstalters erwischten Urlauber ihre Ferien auch nicht unterbrechen oder auf Sonderflügen in ihre Heimat zurückgebracht werden. Es gebe aber bei den Kunden „eine Vielzahl von verschiedenen Situationen", so der Experte.
Im Falle Madeiras, das von der deutschen Ferienfluggesellschaft Condor, einer Thomas Cook-Tochter, angeflogen wird, scheine es keine Rückführungsprobleme zu geben, berichtete der APAVT-Vertreter. Er befürchtet mittelfristig ein „britisches Tourismusproblem aufgrund mangelnden Vertrauens". Die portugiesische Fremdenverkehrsverband Turismo de Portugal habe anlässlich des Brexits eine „fantastische" Werbe-Kampagne in Großbritannien gemacht, sagte Pedro Costa Ferreira. Diese sollte auch nach dem Konkurs von Thomas Cook, des nach TUI zweitgrößten Touristikkonzerns der Welt, fortgesetzt werden.
Thomas Cook-Pleite mit Folgen für deutsche Tourismus-Unternehmen
Der Geschäftsbetrieb ist seit Montag Nacht, 23. September, eingestellt. Weltweit sind etwa 600.000 Touristen gestrandet, die sich in Urlaub befinden - davon rund 150.000 Briten -, und eine Million, die ihre Ferien erst noch antreten wollten. Die britische Regierung kündigte die "größte Rückführung in Friedenszeiten" an, um die von der Pleite betroffenen britischen Touristen nach Hause zu holen.
Bei der deutschen Ferienfluggesellschaft Condor, die zur Thomas-Cook-Gruppe gehört, aber unabhängig geführt wird, geht der Betrieb weiter. "Alle Condor-Flüge mit DE-Flugnummer finden planmäßig statt", teilt die Airline auf ihrer Webseite statt. Gäste, die eine Reise mit Thomas Cook, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen gebucht haben, macht Condor darauf aufmerksam, dass diese für den Flug ins Zielgebiet nicht angenommen werden dürften. Grund: Der Veranstalter habe die Fluggesellschaft informiert, das keine Gewährleistung zur Durchführung der Reise am 23. und 24. September gegeben sei. Den Rückflug könnten Thomas Cook-Pauschalreisegäste hingegen "wie geplant antreten".
Helfen Bundes- und Landesregierung der Condor?
Um finanziell flüssig zu bleiben, beantragte die Airline bei der Bundesregierung einen Überbrückungskredit. Laut Bundeswirtschaftsministerium wird der Antrag "mit Hochdruck" geprüft, aber es sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Im Bundesland Hessen, wo Condor ihren Sitz hat, erklärte sich die Wiesbadener Landesregierung bereit zu Gesprächen über eine mögliche Unterstützung, etwa durch eine "ergänzende Landesbürgschaft".
Deutsche Thomas Cook-Tochterunternehmen unter den Reiseveranstaltern, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, stellten den Reise-Vertrieb vollständig ein. Grund: Man kann den Antritt gebuchter Reisen ab 23. September nicht gewährleisten. Scheitern laufende Sondierungen, könnte die Thomas Cook GmbH sowohl für sich selbst als auch für die Gesellschaften Thomas Cook Touristik GmbH und Bucher Reisen & Öger Tours GmbH und möglicherweise auch weitere Firmen Insolvenz beantragen müssen.
Gäste mit Abreisen am 23. und 24. September würden "baldmöglichst" kontaktiert. Auf ihrer Webseite bittet die Thomas Cook GmbH, von Anrufen in den CallCentern abzusehen.
Der Veranstalter Aldiana sei von dieser Insolvenz nicht betroffen, heißt es auf der Internetseite. Dort sind auch eine Reihe von Veranstaltern aufgelistet, deren Buchungen von den Insolvenzanträgen nicht betroffen sind:
Solche Kunden ollten sich bei Fragen zu ihrer Reise direkt an ihren jeweiligen Veranstalter wenden.