This is the life

Von Jörg Müller @specialdad

This is the life

Wir (er-)leben

trotz all der Alltagsproblematiken wie Finanzen, Betreuung, Vereinbarkeit, Debatten über Behinderung, Unverständnis und Nervenaufreibende Erziehungsarbeit haben wir uns Eines vorgenommen.
Zu Leben!

Leben besteht nicht nur aus Arbeit, Geld und Beruf. Im Laufe der Zeit mit meiner Tochter haben sich meine Prioritäten verschoben und meine Sichtweisen grundlegend geändert.
Es ist mir nicht wichtig ob wir die geilste Karre in der Garage stehen haben, ob die Wohnungseinrichtung farblich optimal abgestimmt ist oder ob ich mit dem neuesten Smartphone bei den Kollegen punkte.
Es sind die kleinen Lebensfreuden die uns antreiben. Mit meinem Kind zusammen wieder Kind sein zu dürfen, Ihm Nestwärme, Vertrauen und Geborgenheit bieten.

Für uns besteht leben auch aus Erlebnissen! Erlebnisse an die du dich irgendwann, im Laufe Deines Lebens, wieder erinnern wirst.
Ob wir nun durch Flüsse waten, im Matsch tollen, die geheimnisvollen Pfade erkunden, die uns der angrenzende Schwarzwald bietet – es sind diese Erlebnisse die prägen.

Zeitgleich und unbewusst sorgen diese Aktionen für Bewegungserfahrungen. Meine Tochter riecht, schmeckt, fühlt und nimmt Ihre Umwelt wahr.
Es macht Spaß und fördert sie in ihrer Motorik, Sensorik und Ihrer Wahrnehmung. Trotz Ihrer motorischen Einschränkungen lasse ich sie klettern, unter Baumstämme durchkriechen, hüpfen, balancieren und wir gehen auf- und ab über Stock und Stein. Klar, sie kann nicht das was andere in Ihrem Alter können aber mit etwas Unterstützung klappt das schon und das sorgt für Erfolgserlebnisse. Erfolgserlebnisse die sie in ihrem Selbstbewusstsein stärken, die Ihr zeigen „Hey, ich kann das schaffen!“ und sicherlich gibt es Situationen in denen sie mal hinfällt, sich weh tut oder etwas nicht ganz schafft – aber es bedarf Zeit, Zeit und Geduld und ganz, ganz viele (unbewusste) Wiederholungen.
Früher musste ich sie die Treppen hochtragen, heute kann sie die Stufen an meiner Hand meistern.

Erfahrungen und Erlebnisse sind meines Erachtens unheimlich wichtig in der Entwicklung eines Kindes. Daher habe ich auch keine Probleme wenn sie mal von oben bis unten mit Fingerfarben eingesaut ist- Dazu gibt es die gute alte Waschmaschine.

Oder wenn meine Tochter, wie hier, eine supergeile, magisch anziehende, kindgerechte Pfütze entdeckt, die man so toll mit dem Laufrad durchfahren kann.

Ich lasse sie mit Rasierschaum hantieren, Steine werfen, wo so mancher Elternteil Bachblüten verabreicht, machen wir Schreiwettbewerbe im Wald (Wer ist am lautesten?), ich lasse sie herzhaft lachen, und wenn sie meint sie müsse den Taste eines Dreckklumpen probieren dann soll sie das. Wir bauen kleine Hütten aus Ästen und Zweigen im Wald und wir zelten auch mal im Garten. Wenn es regnet verschanzen wir uns nicht in der Wohnung sondern erleben den Regen und nehmen ihn wahr. Danach gibt es ein warmes Bad und den kuscheligen Bademantel. Wir tanzen in der Wohnung, hören gemeinsam von Punkrock über KiKa Tanzalarm alles was uns gefällt und Spaß macht, wenn auch mal etwas lauter. Und wenn wir raus gehen, dann ziehen wir unser ältesten Klamotten an und wenn der Pulli ein paar Löcher hat, dann ist das auch egal, denn man weiß nie was für ein Abenteuer uns als nächstes draußen erwartet. Wir verhalten uns verrückt, ziehen Grimassen und reden wirres Zeugs…

Wir entsprechen nicht der Norm, weder im Lifestyle noch von der Persönlichkeit. Meine Tochter ist behindert und lebt bei mir als alleinerziehender Vater. Ein alleinerziehender Papa mit behinderter Tochter? Alleine schon dieses Bild entspricht nicht der Gesellschaftlichen Normvorstellung. Und ebenso sieht auch unser Leben aus.
Ich werfe nicht unbedingt mit dem pädagogischen Zeigefinger um mich, das heißt aber nicht dass es keine Regeln gibt.
Sie ist nicht immer leicht zu handhaben aber wenn ich an meine eigene Kindheit zurück entsinne waren es genau diese Dinge die uns geprägt haben. Gemeinsame Erlebnisse, Kind sein zu dürfen und die Welt und meine Umwelt zu erfahren.

Sind wir tatsächlich so anders?
Nein, ich denke nicht.
Das entspricht meiner Meinung dessen was wir als Kinder erleben dürfen und es sind Dinge die uns prägen. Es sind Erfahrungen die wir sammeln dürfen und Kleinigkeiten die unsere Kinder unbewusst aufnehmen. Sie stärken Ihr Selbstbewusstsein, sind förderlich in der Entwicklung und sie lernen mit Ihrer Umwelt umzugehen. Zeitgleich sind solche Dinge oft besser als so manch therapeutische Maßnahme. Warum sollen unsere Kinder das nicht erleben dürfen? Egal ob behindert, gesund, dick, dünn, klein, groß.

Und eines kann ich euch sagen liebe Erwachsene – das rockt!

Es macht Spaß und es befreit, einfach mal wieder unbedarft und mit den Augen eines Kindes sich in deren Welt entführen zu lassen. Und ganz nebenbei vergisst man für einige Augenblicke die Sorgen des Alltags. Wir dürfen uns nicht nur von unseren Sorgen leiten lassen sondern müssen aus diesem Teufelskreis, auch für kurze Momente ausbrechen.
Hier sind unsere Kinder unsere besten Therapeuten!
Rockt gemeinsam mit den Kiddies die Welt!

Ganz frei nach Astrid Lindgren:
Lasst euch nicht unterkriegen! Seid frech, seid wild und seid wunderbar!

Hier zicken, lachen, weinen, streiten, spielen, singen, malen, tanzen, matschen und Hausen

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