Der Titel eines Buches ist wie der Slogan eines Produktes: Er sollte in knapper und sprachlich ansprechender Form das auf den Punkt bringen, was der Kunde für sein Geld bekommt. Kurz: Er muss verkaufen.
Richtig gut verkauft hat sich ein Titel, den ich nie so richtig verstanden habe: Richard David Prechts „Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“ Da frage ich mich: Macht das grammatisch Sinn – und wenn ja für wie viele? Aber wahrscheinlich ist das genau das Geheimnis: Eine ungewöhnliche Formulierung, die Aufmerksamkeit erzeugt und es sich danach im Gedächtnis gemütlich einrichtet. Je länger es dort zugegen ist, desto wahrscheinlicher schleicht es sich in den alltäglichen Sprachgebrauch ein.
Was einmal erfolgreich war, kann es natürlich auch ein zweites und drittes Mal werden. Das dachten sich wohl einige Autoren und sprangen auf den fahrenden Zug auf. Ilona Einwohlt brachte dieses Jahr ein Buch heraus mit dem originellen Titel: „Drillingsküsse – Wen lieb ich und wenn ja wie viele.“ Auch das ZDF konnte der Precht’schen Versuchung nicht widerstehen und nannte eine Sendung über Volkszählung: „Wer sind wir und wenn ja, wie viele?“ Die Übersetzer von Nicholas Carrs Onlinerezeptionsanalyse-Schinken „The Shallows – What the Internet is doing to our Brains“ nutzten ihre Vorlage nicht ganz so offensichtlich. Die deutsche Version des Buches heißt „Wer bin ich, wenn ich online bin... und was macht mein Gehirn solange?“
Noch dreister ging eigentlich nur einer vor: Harald Schmidt. Er erkannte schon 2007 das Potential bestehender Bestseller-Titel und nannte seine Zusammenstellung von Focus-Kolumnen einfach „Sex ist dem Jakobsweg sein Genitiv. Eine Vermessung.“
Dieser Mix ist heute natürlich überholt. Wer im November 2010 einen garantierten Erfolgstitel für seinen Debütroman sucht, dem empfehle ich: „Hummeldumm schafft sich ab. Oder: Eat Pray Love biss zur Verdammnis. Die Jahrhundert-Saga 21.“