Thief

Erstellt am 17. März 2014 von Pressplay Magazin @pressplayAT

PC

Veröffentlicht am 17. März 2014 | von Christoph Stachowetz

Wertung

Summary: Uninspirierter Reboot eines Stealth-Klassikers, verwirrende Handlung ohne Humor, das Gameplay macht zumindest etwas Laune

2

Stealth-Action

Gemischte Gefühle machen sich breit, wenn eine klassische Videospielreihe wie Thief einen neuen Beitrag spendiert bekommt.

Zusammen mit der Metal Gear Solid- und Tenchu-Serie bilden die Thief-Titel einen der drei Grundpfeiler des modernen Stealth-Genres. Als 1998 alle drei Erstlinge der Reihen in den Regalen standen, konnte man, je nach eigener Präferenz, bedenkenlos zugreifen, denn allesamt waren die Werke damals wie heute eine Besonderheit. Liebe zum Detail, ausgeklügeltes Leveldesign, ein großer Fokus auf Story und Atmosphäre sowie raffiniertes Gameplay ließen Spielerherzen höher schlagen. Wo andernorts sinnbefreit-spektakuläre Action meist noch im Vordergrund stand, konnten die neuen Stealth-Reihen durch behutsames Auskundschaften der Umgebung, sorgsamem Umgang mit dem eigenen Geräuschpegel und notwendiger Präzision bei tödlichen Manövern begeistern.

Doch wie auch bei bekannten Filmreihen entstehen bei Videospielproduktionen mit fortlaufenden Einträgen Probleme: Erfolg stellt Publisher und in weiterer Folge Entwickler vor die Schwierigkeit, den unmittelbaren Vorgänger übertrumpfen zu wollen oder zu müssen. Größer, besser, mehr von allem und so schnell wie möglich auf den Markt bringen – wird nicht mit besonderer Genauigkeit darauf geachtet, welche Elemente tatsächlich Erfolg-(und Gewinn-)versprechend sind, so kann auch der steilste Aufstieg schnell zu einem tiefen Fall führen.

So waren auch die ersten Previews zu Eidos’ Reboot der Thief-Serie bzw. dessen vierten Eintrag anfangs eher ernüchternd: Ein düsteres Setting, frei wählbare Spielvarianten, brachiale Stealth-Takedowns, in die Umgebung eingebettete Puzzles und eine große Hub-Welt waren dabei auszumachen – der schale Beigeschmack, all dies schon mit mehr Charme und Innovation in zu Recht hochgelobten Titeln wie Dishonored, Deus Ex: Human Revolution, Hitman Absolution und Batman: Arkham City gesehen zu haben, blieb bestehen. Der (dem Neuauflagen-Trend folgend) schlicht Thief benannte Titel muss nicht nur in seine eigenen großen Fußstapfen treten, sondern sich nun – erneut – mit starker Konkurrenz auseinander setzen.

Schlüpft man schließlich in die Rolle des für seinen Egoismus und Sarkasmus bekannten Antihelden Garrett, kann man anfangs schon beeindruckt sein: Das Flair der düsteren, mittelalterlich-steampunkigen Stadt überzeugt auf Anhieb, auch die umfangreiche Steuerung via Gamepad wurde kompetent umgesetzt, so das schon nach kurzer Zeit perfekte Kontrolle über den Protagonisten erlangt werden kann. Klarerweise müssen allerlei Schätze über unwegsame Zugänge gefunden, patrouillierende Wachen hinterrücks bestohlen und Fallen entschärft oder zum eigenen Vorteil genutzt werden – hier brilliert Thief, vermischt gekonnt Spannung bei der Durchführung von Aktionen und die darauf folgende Entlohnung.

Stealth-Genre gemäß gibt eine Anzeige darüber Auskunft, ob der Spieler momentan sichtbar ist; ein schnell aktivierbarer Fokus-Mode offenbart interaktive Objekte in der Umgebung; ein fast lautloser, geduckt ausgeführter Kurzstreckensprint (“Swoop”) bringt die notwendige Agilität eines Meisterdiebs zum Vorschein und sowohl ein mit unterschiedlichen Pfeilen (Wasserpfeil löscht Fackeln, ein stumpfer Pfeil kann Gegner ablenken oder Objekte aus der Ferne beeinflussen, etc.) ausstattbarer Bogen als auch ein Schlagstock kommt nicht nur bei so manchen unausweichlichen Konfrontationen zum Einsatz.

Anders als etwa in Dishonored sollte im besten Fall jedoch ein Verzicht auf direkte Auseinandersetzungen gelegt werden, denn hier zeigt sowohl die Wirksamkeit der Waffen Garretts als auch das Kampfsystem als solches seine Schwächen: Schnelles Ausweichen ist natürlich möglich und Fähigkeiten bzw. die Waffen selbst sind auflevelbar, angesichts des stärkeren Fokus auf Stealth-Gameplay sind die Kämpfe insgesamt mühsam und wenig gelungen. Ebenfalls auf Dauer besonders entnervend sind die teils überaus langen Ladezeiten zwischen den einzelnen Abschnitten der Hub-Welt und die Tatsache, das die Türen und Fenster, die bei Wechsel durchschritten werden müssen, oft nicht als solche erkennbar sind – hier gilt es also Wege zu lernen, um Einbahnen zu umgehen und die Orientierung nicht zu verlieren.

Ein weiterer großer Schwachpunkt, der mit fortlaufender Spielzeit in Sachen Ärgernis, Bedeutungslosigkeit und Unverständnis abwechselnd die Nerven des Spieler strapaziert, ist die konvolute Story. Ein Aufstand des Proletariats gegen die herrschende Klasse vermischt sich da schon mal schnell mit einer sich ausbreitenden Plage, der Suche nach magischen Artefakten samt Verschwörung eines Altmänner-Ordens und diversen anderen Ansätzen, die allesamt kaum bis gar nicht ausgearbeitet werden oder zu einem befriedigendem Ende führen.

Angesichts der Tatsache, das es sich hier um einen AAA-Titel aus einem erfahrenen Entwicklerstudio handelt, kann man auch kaum nachvollziehen, warum dermaßen große Probleme mit dem Sound bzw. der Vertonung offensichtlich übersehen wurden. Neben kompletten Tonaussetzern fallen auch die sich ständig wiederholenden, geskripteten Dialoge der Gegner überaus negativ auf; das während der gesamten Spielzeit zudem nicht ein Funke Humor oder Sarkamus in der Welt von Thief auffindbar ist, mag auch den nachsichtigsten Fan der Serie abstoßen.

Was bleibt also von diesem Reboot im Jahr 2014 übrig? Eine verworrene Story ohne Humor, ein unbefriedigendes Kampfsystem samt dummer Gegner-KI, lange Ladezeiten, Tonprobleme und diverse Designschwächen bei der Levelgestaltung. Lediglich einige der Missionen schaffen es, in einer dafür ausgelegten Umgebung tatsächlich die Atmosphäre herzustellen, die ihr gebührt; das schnell perfektionierte Stealth-Gameplay lädt immerhin zu Experimenten ein und in Sachen Optik vermag der Titel doch zu überzeugen, wenn auch nicht zu begeistern. Thief stellt damit eine gerade noch akzeptable, allerdings nicht sonderlich unterhaltsame, uninspirierte Rückkehr eines Klassikers dar, die im Angesicht der starken Konkurrenz eher, um bei der passenden Diktion zu bleiben, ein Schattendasein führen sollte.

Plattform: PS4, PS3 (Version getestet), Xbox 360, Xbox One, PC, Spieler: 1,
Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 28.02.2014, www.thiefgame.com

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Über den Autor

Christoph Stachowetz Aufgabenbereich selbst definiert als: Chief of Operations. Findet “Niemand ist so uninteressant wie ein Mensch ohne Interesse” (Browne) interessant.