Thermische Speicherung von günstigem Strom für Flensburger Fernwärmenetz

Start des Elektrodenheizkessls in Flensburg

Inbetriebnahme des Elektrodenheizkessels, Foto: Stadtwerke Flensburg

Über Energiespeicher habe ich hier schon so viele Beiträge veröffentlicht. Dazu gehören hauptsächlich Batteriespeicher, zum Beispiel kleine Batterien für private Haushalte oder große Batterieparks in großen Hallen zur Sicherung der Netzstabilität. Von anderen Technologien ist allenfalls die Power-to-Gas Technik ein Thema. Alle anderen Speicherformen werden vielleicht in einem Beitrag erwähnt, dann ist aber wieder Ruhe.

Wasser als Energiespeicher

Was ist mit Wasser als Energiespeicher? Wir kennen Pumpspeicherkraftwerke, die sich heute kaum noch lohnen, oder den Felsen hebenden Lageenergiespeicher, der fasziniert, aber den man sich nicht wirklich vorstellen kann. Es gibt ja auch noch eine weitere Möglichkeit, den überschüssigen  Strom kann man auch thermisch speichern. In Dänemark wird diese Speicherform schon länger genutzt.

Passend zur räumliche Nähe zu Dänemark gibt es in Flensburg seit Januar diesen Jahres einen thermischen Speicher zur Aufnahme überschüssigen Stroms aus dem Netz. Der Wasserspeicher umfasst 29 Millionen Liter Wasser, das in einem Elektrodenheizkessel der Stadtwerke Flensburg auf fast 100 Grad Celsius erhitzt wird. Von dort wird das heiße Wasser in die Fernwärmeversorgung von Flensburg geführt. Das lohnt sich auch, denn die 91.000 Flensburger Bürgerinnen und Bürger sind zu 98 Prozent an das Fernwärmenetz angeschlossen.

Dank des neuen Elektrodenheizkessels können die Stadtwerke an warmen Tagen den sonst benötigten Kohlekessel auf ein Minimum herunterfahren. Rein theoretisch wäre an sehr warmen Tagen sogar eine komplette Abschaltung möglich. Mit einer Leistung von 30.000 Kilowatt werden bis zu 29.000 Kubikmeter heißes Wasser gespeichert. So schafft der Elektrodenheizkessel nicht nur eine flexibel einsetzbare Nachfrage, sondern ersetzt auch die konventionelle Energiebereitstellung und verhindert CO2-Emissionen. „Städte bündeln den Energieverbrauch und bieten daher gute Bedingungen für eine Versorgung über ein Fernwärmenetz“, erörtert Maik Render, Geschäftsführer der Stadtwerke Flensburg. „Eine zentrale Aufgabe der Städte bei der Energiewende ist es, dem wechselnden Angebot von Wind- und Sonnenstrom einen flexiblen Verbrauch und damit eine intelligente Infrastruktur zur Seite zu stellen.“

Speicher rechnet sich bei günstigen Börsenstrompreisen

Betriebswirtschaftlich rechnet sich der Elektrodenheizkessel immer dann, wenn die Stadtwerke Strom günstig an der Strombörse einkaufen können. Das ist der Fall, wenn in Deutschland deutlich mehr Strom produziert als benötigt wird. Bei diesem Überangebot muss das Stromnetz entlastet werden, um eine Überlastung des Stromnetzes zu vermeiden. Neben dem planmäßigen Einsatz an der Strombörse soll der Elektrodenheizkessel auch das Stromübertragungsnetz entlasten, indem er Strom aus kurzfristigen Lastschwankungen abnimmt.

Je größer das Überangebot an Strom ist, desto günstiger sind die Preise. Das kann so weit gehen, dass Strom zu negativen Preisen angeboten wird, d.h. die Stadtwerke erhalten Geld dafür, dass sie Strom vom Markt nehmen. Um die Weihnachtszeit 2012 zum Beispiel lag der Strompreis aufgrund eines großen Überangebotes bei bis zu minus 200 Euro pro Megawattstunde (MWh). Für die Stadtwerke rechnet sich der Elektrodenheizkessel bereits ab einem Strompreis von unter 10 Euro pro MWh. Im Normalfall liegt der Börsenpreis für Strom bei rund 50 Euro pro MWh, zur Zeit aber eher bei 40 Euro. Die aktuellen Marktdaten der Leipziger Strombörse zeigen, dass besonders am Wochenende der Strompreis für einige Stunden mal unter 10 Euro pro MWh fallen kann.

Claus Hartmann, Projektleiter für den neuen Elektrodenheizkessel bei den Stadtwerken Flensburg ist sicher, dass jetzt Strom abgenommen werden kann: „Vor der offiziellen Inbetriebnahme haben wir natürlich Tests mit dem neuen Kessel gefahren und die ersten Megawattstunden abgenommen. Auch das erste heiße Fernwärmewasser haben wir bereits produziert. Alles lief problemlos und der Wirkungsgrad für die Heißwasserproduktion lag nahe bei 100%. Durch die Abnahme von ohnehin vorhandenem Strom sparen wir effektiv CO2-Emissionen ein, da für die damit erzeugte Wärme keine Steinkohle und Ersatzbrennstoffe verbrannt werden müssen.“

Der Leiter des Kraftwerks, Dirk Roschek, ergänzt: „An extrem warmen Sommertagen könnte der sonst benötigte Kohlekessel im Kraftwerk sogar ganz abgestellt werden. Und ganz nebenbei haben wir uns mit dem Elektrodenheizkessel auch eine zusätzliche kleine Erzeugungsanlage für Fernwärme gebaut, die die Versorgungssicherheit in Flensburg weiter erhöht.“

Stadtwerke-Geschäftsführer Maik Render freut sich über die bundesweite Aufmerksamkeit des Projektes: „Die Kombination aus Elektrodenheizkessel und Wärmespeicher, die eine aus heutiger Sicht sinnvolle Möglichkeit zur Stromspeicherung darstellt, ist unseres Wissens die erste bundesweit. Die Anwesenheit unseres Energiewendeministers Herr Dr. Habeck zeigt, dass auch die Landesregierung dieses innovative Projekt entsprechend würdigt. Wir erhalten dazu aus ganz Deutschland Anfragen und haben schon einigen, auch großen, Wettbewerben die Anlage vor Ort präsentiert.

Im Monat April ist die Stadt Flensburg mit diesem Projekt als „Energie-Kommune“ ausgezeichnet worden. Mit dem Titel würdigt die Agentur für Erneuerbare Energien vorbildliche kommunale Energieprojekte.


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