Die Wogen gehen hoch im Vereinigten Königreich. Der geplante Austritt aus der Europäischen Union biegt in die Zielgerade ein. Die Regierung mit Premierministerin hat schlussendlich einen Plan vorgelegt, der weder Hü noch Hott ist, er befriedigt weder die Anhänger des Brexit noch die Gegner. Das Parlament hat inzwischen wieder das Heft des Handelns übernommen und da sieht es etwas trüb aus für den Plan der Theresa May. Die Fraktion derjenigen, die eine nochmalige Abstimmung über den Plan und die Frage, ob der Brexit doch wieder zurückgenommen werden sollte, wächst stetig.
In einer ihrer Ausführungen erklärt May nun, dass sie gegen ein 2. Referendum sei, „da dieses uns erneut gegeneinander aufbringen würde“. Die Zerstrittenheit wurde allerdings durch das 1. Referendum gefördert, das von den Konservativen im Holterpolter-Verfahren durchgezogen wurde, keine Perspektive über die Bedingungen gab und bei dem, obwohl das Referendum nur konsultativen Charakter hatte, sofort die Austrittskarte gezogen wurde, ohne bereits eine Vorstellung zu haben wie der Austritt aussehen sollte.
Statt Eintracht gibt es Zwietracht. Das Vereinigte Königreich ist in einer wichtigen Zukunftsfrage des Landes heillos zerstritten. Das zeigt wie wenig sinnvoll es ist, eine solche Frage in einer Volksabstimmung ohne angemessene Leitplanken, dem Volk zur Abstimmung vorzuwerfen. Nicht ohne Grund wird für verfassungsrechtliche Änderungen in vielen Ländern eine 2/3-Mehrheit in den Parlamenten gefordert. Für die Brexit-Abstimmung gab es weder ein Quorum für die Wahlbeteiligung noch das Erfordernis einer Mehrheit, die für den Fall, dass die Abstimmung verbindlichen Charakter haben sollte, angesichts der weitreichenden Folgen eine qualifizierte Mehrheit sein sollte.
Nun, die Abstimmung war ja schließlich nicht "bindend", sondern nur beratend, aber Premierministerin May zog unverzüglich die Austrittskarte nach Art. 50 des EU-Vertrages und sie stürzte sich kaltblütig in das Chaos, vor dem sie nun steht und das sie scheinbar nicht vorhergesehen hat. Deshalb klingen ihre Aufrufe zur "Eintracht" und Rückkehr zu einem friedlichen Miteinander hohl. Obwohl sie vor der Abstimmung halbherzig für einen Verbleib in der EU war, hat sie keinerlei Anstalten gemacht, auch die 48% Prozent Gegner eines Brexit in die Zukunftsplanungen für das Land einzubinden.
Stattdessen hofierte sie den chauvinistischen Teil ihrer Tory-Partei und macht lange den Eindruck, deren weltmachträumerischen Rückkehr in die Vergangenheit mit einem "No-Deal" umsetzen zu wollen. Dabei hatte sie sich auch noch mit der Standfestigkeit der EU verkalkuliert. Die bisherige Methode der Erpressungen um britische Privilegien herauszuholen funktioniert eben nur "in" der EU und nicht außerhalb. Eigentlich Tatsachen, die sie in ihrer Weitsicht hätte sehen müssen.
Die Aussichten sind inzwischen sehr gut, dass es zu einem 2. Referendum über das Verhandlungsergebnis kommen wird. Eine Befriedung des Landes wird es nur geben, wenn das Ergebnis ein klares Resultat geben wird, sei es für den Brexit oder dagegen.