Thema 2.1: Einkommensunterschiede

Wenn man über die Unterschiede zwischen Frauen und Männern spricht, kommt man am Thema Einkommen nicht vorbei. Das Thema Gewalt und sexuelle Übergriffe mag die Geschlechterdebatte ausgelöst haben (die mittlerweile von der Debatte über Flüchtlinge und Rechtsextremismus nahezu verdrängt wurde), der Klassiker sind dagegen die Themen Einkommen und Partizipation.

Laut dem (traditionell eher linken) Wirtschaftsforschungsinstitut DIW verdienen Frauen gerade mal halb so viel wie Männer. Dagegen gibt es nach Einschätzung anderer Institute wie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft weitaus geringere Geschlechterunterschiede.

Grund für diese sehr unterschiedlichen Daten sind andere Herangehensweisen. Das DIW etwa vergleicht die monatlichen Bruttolöhne ohne Berücksichtigung der Arbeitszeit. Weil Männer längere Arbeitszeiten haben, verdienen sie auch mehr. Nach Meinung einiger Feministinnen verschleiert das DIW damit die Unterschiede, denn berücksichtigt werden nur Frauen, die ein Erwerbseinkommen haben. Würde man Hausfrauen mit einem Verdienst von Null ansetzen, wäre der Unterschied noch größer.

Der Gleichstellungsatlas der Bundesregierung dagegen vergleicht die Stundenlöhne und kommt auf einen Geschlechterunterschied („Gender Pay Gap") von 21 Prozent im Jahr 2016. So viel verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer. Das Statistische Bundesamt, von dem die Daten stammen, hat bereits Zahlen für 2017, die ebenfalls bei 21 Prozent liegen. Auffällig ist der Ost-West-Unterschied. Die Differenz liegt im Westen bei 22 Prozent, im Osten dagegen nur bei 7 Prozent. Seit 1995 hat sich der Unterschied übrigens kaum verändert.

Bereinigter Gender Pay Gap

Der Gleichstellungsatlas beschränkt sich auf diese Darstellung, dagegen veröffentlicht das Statistische Bundesamt daneben noch einen bereinigten Gender Pay Gap. Dabei werden unterschiedliche Arbeitszeiten, Qualifikationen und Tätigkeiten berücksichtigt. So verdienen etwa Teilzeitkräfte nicht nur insgesamt weniger, sondern auch pro Stunde, weil sie seltener Führungspositionen begleiten. Dieser bereinigte Gender Pay Gap liegt aktuell bei 6 Prozent, wobei es hier kaum einen Unterschied zwischen West und Ost gibt. Allerdings merkt das Bundesamt an, dass die Daten eher eine Obergrenze darstellen und noch niedriger ausfallen würden, wenn man weitere Faktoren berücksichtigt. Beispielsweise verhandeln Männer oft härter um ihr Gehalt. Messbar ist das natürlich kaum.

Was stimmt jetzt? Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Für die Einen sind die niedrigeren Arbeitszeiten von Frauen ein Zeichen von Diskriminierung, ebenso die schlechtere Bezahlung in klassischen Frauentätigkeiten gegenüber „Männerberufen". Für andere verdienen Informatiker schlicht deshalb mehr als PR-Beauftragte, weil der Markt es so will und die unterschiedlichen Arbeitszeiten sind Folge individueller Präferenzen. Ohne weitere Daten lässt sich nicht klären, wer hier Recht hat.

Gender Pension Gap

Die geringeren Arbeitszeiten, die längeren Abwesenheiten vom Beruf und die geringeren Durchschnittslöhne haben natürlich auch geringere Renten und Pension zur Folge. Hier ist der Unterschied sogar noch deutlicher. Frauen bekommen nach den Daten des Gleichstellungsatlas bundesweit 56,4 Prozent weniger Rente als Männer, also nicht einmal halb so viel. Allerdings wurden dabei keine Witwenrenten berücksichtigt, die für viele Frauen eine wichtige Einnahmequelle sind. Zudem stammen die Daten aus dem Jahr 2011.

Berücksichtigt man alle Rentenarten, erhalten Frauen 873 Euro pro Monat, Männer dagegen 1.094. Nicht mit berücksichtigt sind hier selbstverständlich andere Einnahmen wie private Rentenversicherungen, Mieteinnahmen oder Beamtenpensionen.

Das Bild verändert sich etwas, wenn man die unterschiedliche Rentenbezugsdauer heranzieht. Nach einer groben Überschlagsrechnung wurden im Jahr 2016 rund 10,5 Milliarden Rente an Frauen ausgeschüttet, aber nur 9,8 Milliarden an Männer. Denn Männer erhalten nur 17,6, Frauen dagegen 21,6 Jahr lang Rente.

Diese Betrachtung ist natürlich umstritten. Frauen leben länger und brauchen daher auch mehr Rente, so die Argumentation. Schließlich sind sie deutlich öfter arm im Alter. Nicht nur, weil sie durchschnittlich weniger Rente bekommen, sondern auch weil sie häufiger alleine leben. Das nämlich ist deutlich teurer. Bei der Armutsberechnung wird ein sogenanntes Nettoäquivalenzeinkommen betrachtet. Dabei wird unterstellt, dass eine allein stehende Person immer noch zwei Drittel der Kosten hat, die für einen Paarhaushalt anfallen. Bezieht ein Paar jeweils 800 Euro Rente und sonstige Einnahmen, ist es nicht arm. Stirbt der Mann und die Frau bleibt mit Einnahmen von 800 Euro zurück (weil sie nicht verheiratet werden, bekommt sie keine Witwenrente), ist sie statistisch gesehen arm, auch wenn sie nicht weniger Rente bekam als ihr Mann.

Ein paar persönliche Worte

Ich halte die Argumentation „Frauen brauchen auch mehr Geld" aber für zynisch. Hier wird so getan, als sei ein früher Tod ein Vorteil. Davon aber dürften nur sehr gläubige Menschen überzeugt sein. Und dabei ist nur teilweise berücksichtigt, dass Frauen früher in Rente gehen. Deshalb wäre es mehr als fair, wenn das Geld, das Frauen durch ihr längeres Leben mehr aus Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung erhalten dafür einzusetzen, den Geschlechterunterschied bei der Lebenserwartung zu senken. Aber dazu in einem späteren Beitrag mehr.

Verfügbares Einkommen

Sehr umstritten ist die Frage, wie man mit Partnereinkommen umgeht. Viele Haus- und Teilzeitfrauen haben Partner, über die sie versorgt sind. Sie leben also nicht in Armut. Andererseits gibt es ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis, auch wenn man sich versichert, dass es sich um gemeinsames Geld handele. Soll man dieses Geld mit einem Faktor heruntergewichten, beispielsweise eigenes Geld zählt 1,0, Einnahmen des Partners auf die man zugreifen kann dagegen nur 0,8? Zu einer solchen Rechnung gibt es keine Datengrundlage. Daher betrachte ich nur eigenes Einkommen.

Fazit

Frauen verdienen pro Stunde rund ein Fünftel weniger als Männer, aufgrund der unterschiedlichen Arbeitszeit sogar pro Monat nur rund die Hälfte - oder noch weniger, wenn man Personen ohne Erwerbseinkommen berücksichtigt. Auch Rente erhalten sie weniger, zumindest pro Monat. Über das ganze Leben bekommen sie dagegen mehr gesetzliche Rente ausgezahlt, da sie länger leben.

Bei ähnlicher Qualifikation, Arbeitszeit und Tätigkeit erhalten Frauen dagegen nur rund 6 Prozent weniger Geld. Andere Quellen kommen sogar zu geringeren Werten. Ob sich daraus eine Benachteiligung ablesen lässt oder sich hier nur unterschiedliche Lebensentwürfe spiegeln ist Thema heftiger Debatten.


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