The Weeknd „House Of Balloons“

The Weeknd „House Of Balloons“
Einer der häufigsten Vorwürfe, den Netzrezensenten um die Ohren gehauen bekommen, lautet, sie würden sich ohnehin mindestens drei Viertel ihres angeblichen Fachwissens im Web zusammenklauen, das Ganze im besten Falle formschön arrangieren und schlussendlich als ihr Werk deklarieren und herumstolzieren lassen – mehr als ein milder Hauch von KTG durchweht also all diese Beiträge. Nun, ehrlicherweise muss man sagen, dass da nicht viel Falsches dran ist. Nein, wirklich nicht.
Was aber, wenn dem gierigen Hobbyschreiberling selbst die üblichen Bezugsquellen versiegen? Keine Klugscheisserei möglich ist? Wenn selbst einschlägige Onlinemagazine gestehen müssen, sie wüßten auch nicht so ganz genau, wer sich nun zum Beispiel hinter dem in den letzten Wochen blitzgehypten Projekt The Weeknd verbirgt? Es gibt demnach nicht mehr als eine Stadt – Toronto, einen Namen - Abel Tesfaye und einen Download. Was gleich zur nächsten Frage führt: Kann, was nix kostet, wirklich gut sein? Das wiederum ist nicht so schwierig zu beantworten, seit Radiohead weiß man, dass Beachtliches auch für lau hergehen kann, manchmal.
Und das Beachtliche entfacht hier bei „House Of Balloons“ einen zweifellos erstaunlichen Sog – synthetisch vervollkommneter Rhythm & Blues, komplett entschleunigt, strudeltief und betäubend, soulfull, wunderbar. Hier läßt sich alles Zeit, bedächtig und dunkel kriecht ein Track nach dem anderen aus dem Wunderhorn. Bezugsgrößen en masse: Leftfield, Portishead, Tricky, Burial und Morcheeba, von allem etwas und doch ein großes Stück auf eigenen Beinen. Träge gerapte Drogenbeichten, mantraartige Gesänge, einschmeichelnd, verführerisch wie die Droge selbst – der Sound ähnlich geheimnisvoll und hypnotisch wie beispielsweise bei den bislang unübertroffenen The XX (verdammt nah dran: „The Knowing“).
Der Zweiteiler aus Titelsong und „Glass Table Girls“ mit einem ganz und gar bezaubernden Zitat von Siouxsie Sioux „Happy House“, der Anschluß bleischwer – auch der fast achtminütige, behäbige Tank „The Party And The After Party“ läßt einen sprachlos zurück – Massive Attack hätten es wahrlich nicht besser machen können. Nach deren Meisterwerk „Heligoland“ ist das hier ein mehr als schlüssiger und würdiger Zwilling, Tesfaye hat Ideen im Überfluß und genügend Seele und Hirn für eine ganz große Platte, die genügend Potential hat, das Establishment gehörig durcheinander zu wirbeln. Mit dem Download sollte man sich also beeilen, sonst kommt noch wer auf die Idee, das Geschäftsmodell nachteilig zu überarbeiten. Hier geht’s lang: http://the-weeknd.com/


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