The Weekend Watch List: 39,90

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The Weekend Watch List: 39,90

9Satire

Drogen, Sex und Werbung. Mit diesen Worten lässt sich nicht nur die Werbebranche, sondern auch der Film 39,90 (im Original: 99 francs) am Besten beschreiben. Octave Parango (Jean Dujardin) ist einer der erfolgreichsten Kreativen in der Werbebranche. Er hat alles was man für Geld kaufen kann und das meist vor allen anderen Menschen. Denn er muss heute schon wissen was die Bevölkerung morgen kaufen soll, damit er die Wünsche der Konsumenten entsprechend lenken, bestimmen und manipulieren kann. Die Ware an den Mann bringen, das ist seine Aufgabe, und er ist darin besser als jeder andere. Doch die äußere Fassade bekommt allmählich Risse und droht zu zerbrechen.

Octaves Scheinwelt wird durch eine enorm große Dosis Surrealismus und Zynismus betrachtet, die in etwa der Menge Koks entspricht, die er sich regelmäßig durch die Nase zieht. Genau wie die verlogene Welt der Werbung, erscheint bei 39,90 auf den ersten Blick alles übertrieben zu sein, doch bei genauerem Hinsehen muss man feststellen, dass der Blick hinter die Kulissen der Werbung (und jeder ähnlich gearteten Unterhaltungsbranche) viel stärker in der Realität verwurzelt ist, als man glauben sollte. Denn man kann durchaus die Behauptung aufstellen, dass dieser Film eine sehr reale und wirklichkeitsgetreue Schilderung dieser Branche und der Menschen die darin arbeiten, darstellt.

Aufgeheitert wird dieser Einblick durch zahlreiche surreale und aberwitzige Situationen, die man dem drogenvernebelten Verstand von Octave zu verdanken hat. Aber selbst in diesen halluzinatorischen, absurden Momenten wird niemals das große Ganze des Films aus den Augen gelassen, der an erster Stelle, neben all dem Humor und der Skurrilität, eine bissige, gallige Satire auf die Werbebranche ist. Eine Satire, die derart treffend und pointiert ist, wie man sie schon lange nicht mehr gesehen hat.

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Alles ist käuflich: die Liebe, die Kunst, der Planet Erde, Sie, ich. Ganz besonders ich.“ Allein diese einleitenden Sätze des Films, gesprochen vom Protagonisten selbst, der sein Leben noch mal Revue passieren lässt, treffen den Nagel auf den Kopf und bilden eine der aussagekräftigsten Einleitungen, die das ganze Grundthema des Films bereits auf den Punkt bringt. Es ist unnötig eine bezeichnendere Zusammenfassung über Bedeutung und Thematik des Films zu suchen, wenn der Protagonist selbst eine derart präzise Selbstbeobachtung seines Lebens, und im weiteren Sinne sogar der Gesellschaft, abgibt.

Dabei ist die großartige Wirkung des Films, neben einem fabelhaften Drehbuch und einer einfallsreichen Regie, auch ganz besonders der magnetisierenden Performance von Jean Dujardin (ein paar Jahre vor seinem internationelen Durchbruch mit The Artist) zu verdanken, der den Protagonisten Octave mit absoluter Hingabe spielt und so seine Figur zum Leben erweckt. Er bringt es fertig den eigentlich zutiefst unsympathischen Helden so darzustellen, dass er trotz all seiner negativen Eigenschaften beim Zuschauer anklang findet und sogar auf irgendeine exotische Art und Weise sympathisch rüber kommt. Auch wenn er nicht immer ein liebenswerter Held ist, bleibt er dennoch stets ein Held dessen Handlungen man verstehen kann.

Abgesehen davon ist es noch der abgrundtief bösartige Humor, der 39,90 zu etwas ganz besonderem macht. Dabei ist Jan Kounen und Kollegen das Kunststück gelungen, das Buch von Frédéric Beigbeder nicht bloß in einen Film zu adaptieren, sondern sie haben es geschafft den Humor des Buches in die filmische Sprache zu transferieren, wodurch der Film dem Buch zwar nicht zu 100% folgt, aber dadurch zu einem eigenständigen Werk wird. Wie bei allen Büchern die verfilmt werden, mussten natürlich auch hier Änderungen vorgenommen werden, die aber stets aus dem Grund geschahen, damit der Reiz des geschriebenen Wortes am Besten in den Reiz des gefilmten Geschehens umgewandelt wird.

39,90 ist  absolut empfehlens- und sehenswert. So viele schräge Einfälle tummeln sich in diesem kleinen Meisterwerk, dass es keinen Sinn hätte sie hier aufzuzählen, zumal ihnen das ohnehin die Anziehungskraft und den Humor nehmen würde. Zurücklehnen und genießen. 39,90 ist eine wilde, witzige Achterbahnfahrt durch die Medienbranche, unsere Gesellschaft und ganz besonders durch Octave Parangos Verstand. Einer der schärfsten und ehrlichsten Filme seit langem. Ein Film, der einem seine Aussage oder Bedeutung nicht aufs Auge drückt, aber gleichzeitig auch keinem Verborgen bleibt. Ein wichtiger und zugleich enorm unterhaltsamer Film. Hier kommt jeder auf seine Kosten.

Regie: Jan Kounen, Drehbuch: Nicolas Charlet, Bruno Lavaine, Jan Kounen, Frédéric Beigbeder, Darsteller: Jean Dujardin, Jocelyn Quivrin, Patrick Mille, Vahina Giocante, Filmlänge: 100 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 19.03.2009


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Autor

Marco Rauch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.


 
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