THE VISIT zeigt, wie man Found Footage richtig machen kann

THE VISIT REVIEW

von Denis Sasse

Blumhouse ist nur ein recht kleines, beschauliches Filmproduktionsstudio, haut aber seit seiner Gründung im Jahre 2000 beständig neue Horrorklassiker auf den Kinomarkt. Ja, ich weiß, dass man mit der Betitelung „Klassiker“ vorsichtig sein sollte, aber aus rein finanzieller Sicht dürfte sich das PARANORMAL ACTIVITY-Franchise für das Studio gelohnt haben. Oder wie schaut es mit SINISTER, INSIDOUS und THE PURGE aus? OCULUS kam hierzulande nur für den Heimmedienmarkt heraus, war aber überraschend gut. Und mit WHIPLASH hat das eigentlich auf Horrorfilme spezialisierte Studio auch ein ziemlich gutes Drama im Repertoire. Auf der anderen Seite, wer den Film mit Miles Teller und J. K. Simmons gesehen hat, vielleicht kann man ihn doch ebenso als Horrorfilm wahrnehmen.

Und nun hat sich Blumhouse getraut, einem Mann eine Chance zu bieten, dessen letzte Filme DIE LEGENDE VON AANG und AFTER EARTH einfach nur scheusslich waren. Ja, ich verteidige M. Night Shyamalan bis hin zu THE HAPPENING, ganz gleich wie abgedreht die Filme des Mystery-Regisseurs auch wurden. Ich verteidige ihn, weil er uns eben auch THE SIXTH SENSE, UNBREAKABLE und SIGNS geliefert hat. Nun also THE VISIT, kein Will Smith in der Hauptrolle, keine Spezialeffekte für Elemente beherrschende Spiritualisten, sondern ein Found Footage Film mit zwei Kids, die ihren Ausflug und das erste Treffen mit ihren Großeltern filmisch dokumentieren wollen.

Da hat uns Nancy Meyers in dieser Woche gerade erst mit ihrem MAN LERNT NIE AUS gezeigt, dass alte Leute gar nicht so gruselig sind, da kommt ein M. Night Shyamalan daher und überzeugt uns wieder vom Gegenteil. Vorsicht, Shyamalan hat noch nie einen Horrorfilm durch und durch inszeniert, deshalb sollte man auch THE VISIT nicht ein solches Label aufdrücken. Aber in bester Shyamalan (ich nutze den Namen so oft, damit ihr ihn lesen müsst!) Tradition, steht hier das Mystery mehr im Mittelpunkt als irgendwelche Horror-Spielereien. Es gibt einige Jump Scares, die aber voll in Ordnung gehen. Ansonsten suchen die Kids erst einmal nach ganz normalen Begründungen, weshalb sich ihre Großeltern so völlig abnormal benehmen.

Ah, die lieben Jump Scares, über die man sich sonst so gerne aufregen mag. Aber was hier sehr – sehr – sehr deutlich hervortritt, ist die Tatsache, dass es sich bei Shyamalan nun einmal um einen fähigen Filmemacher handelt, wenn er denn will. Und für THE VISIT wollte er offenbar wieder zurück zu alter Stärke finden. Er weiß seine Jump Scares einzusetzen, er weiß sogar mit dem Found Footage-Stil umzugehen und setzt seine kleine Kameralady (Olivia DeJonge) großartig ein, da er sie als Fachlexikon für Filmbegrifflichkeiten verwendet.

Überhaupt ist das Bestreben dieses Mädchens eine Filmemacherin zu werden ein gleich viel glaubhafterer Grund, die Kamera so gut wie nie aus der Hand zu legen. Ja, am Ende wird es auch wieder etwas abstrus. Auch in THE VISIT denkt man dann, man selbst würde die Kamera in alle Himmelsrichtung werfen wollen und einfach nur davonrennen. Aber was Shyamalan hier vollbringt – ihm gebührt als Drehbuchautoren tatsächlich diese Ehre – ist sehr nahe dran an einer wirklichen, echten Situation zu sein, die niemals so abgedroschen wirkt, wie all die anderen Found Footage Dinger der letzten Jahre.

Er macht so vieles richtig in THE VISIT, dass man die kleinen Fehlerchen einfach übersehen möchte. Neben Olivia DeJonge spielt Ed Oxenbould ihren kleinen Bruder, der sogar noch glaubhaft Comedy in den Film mit hineinbringt. Wenn Oxenbould anfängt zu rappen, geht einem ein Grinsen durchs Gesicht. Hinzu kommen gut begründete, persönliche Ticks der Kids, als auch die Tatsache, dass die Auflösung der Geschichte so unfassbar, aber vorstellbar ist, dass es total möglich gewesen wäre, ein „basierend auf wahren Ereignissen“ voran zu stellen und wir es vermutlich geglaubt hätten.

Es gibt Stimmen, die schon von „der Rückkehr des Shyamalan“ sprechen. Hierfür muss er allerdings noch ein wenig zulegen und vor allem mehr als nur einen guten Film fabrizieren. Man stelle sich einen Sportler in Höchstform vor (SIXTH SENSE, UNBREAKABLE), dem irgendwann die Puste ausgeht (THE HAPPENING, LADY IN THE WATER) und sich dann hängen lässt (DIE LEGENDE VON AANG, AFTER EARTH). Er nimmt nun also eine kleine Auszeit, erholt sich und kommt zurück (THE VISIT), aber natürlich noch nicht wieder in voller Stärke. Aber mit etwas Training, könnte es wieder klappen.


Habt ihr THE VISIT gesehen oder habt ihr noch vor den neuen Film von M. Night Shyamalan zu sehen? Dann hinterlasst gerne einen Kommentar, schreibt eure Meinung zum Film – oder aber eure Erwartungen an den Film. Was ist euer bisheriger Lieblingsstreifen von M. Night Shyamalan oder könnt ihr seine Arbeiten überhaupt nicht ausstehen?


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