The Sun is also a Star von Nicola Yoon

Von Paperdreams @xGoldmarie

Ein Tag voller schicksalshafter Begegnungen - Natasha ist gebürtige Jamaikanerin und sie ist illegal in Amerika, Daniel hat koreanische Wurzeln und soll die Träume seiner Eltern leben. An einem sonnigen Tag im September, der für beide viel bedeutet, treffen sie durch eine Reihe irrwitziger Zufälle (oder Schicksal?) aufeinander und fühlen sich schnell zueinander hingezogen. Doch das Schicksal beider scheint vorherbestimmt und Natasha soll am Abend abgeschoben werden. Reicht ein Tag, um zwei - und mehr - Leben für immer miteinander zu verknüpfen?
Eine magische Geschichte wie ein Blick durchs Kaleidoskop

Der Schmetterlingseffekt beschreibt das Phänomen, dass die kleinste Tat, das winzigste Wort oder der irrelevanteste Gedanke, unvorhersehbare Konsequenzen und Folgen haben und am Ende in etwas unbeschreiblich Großes, Schreckliches, aber auch Schönes münden kann. "The Sun is also a Star" ist eine Geschichte, die klein und unscheinbar beginnt und sich dann immer weiter zu einer großen, bedeutungsvollen und berührenden Reihe von Ereignissen entwickelt. Alles ist und scheint auf eine kaum erklärbare Art und Weise miteinander verknüpft zu sein, alles resultiert aus allem. Nicola Yoon erzählt in dieser einzigartigen Geschichte nicht nur von dem Schicksal zweier junger Menschen, sondern ermöglicht dem Leser einen kaleidoskopartigen Blick auf das Leben, indem sie in epidosenartigen Einschüben einzelne Phänomene oder Menschen, die in der Geschichte vorkommen, mit einbezieht und erklärt. Selbst der kleinsten und scheinbar unbedeutendsten Figur gibt sie Substanz, einen Hintergrund und schenkt ihr eine Geschichte. "The Sun is also a Star" zeigt das Leben in so vielen Facetten, Bedeutungen und Schicksalen, ist gleichzeitig verständnisvoll, eindringlich und tiefgehend, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte.

Die Geschichte, die abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Natasha und Daniel erzählt wird, umfasst nur einen einzigen Tag und doch fühlt es sich an, als würde man die Figuren viel länger begleiten, einfach, weil man sie so gut kennen- und vor allen Dingen mögen lernt. Beide Protagonisten sind auf ihre Art besonders und durch ihre unterschiedlichen Hintergründe und Lebenssituationen, lesen sich auch ihre Perspektiven sehr verschieden, sodass die Handlung einiges an Dynamik und Variabilität mit sich bringt. Hinzu kommen die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe, die das Wort Diversität großschreiben. Daniel präsentiert sich als romantischer Dichter, doch er ist vielmehr als das: er hat viel Rückgrat und kümmert sich nicht darum, was andere Menschen denken. Im Gegensatz dazu ist Natasha eher ruppigerer Natur. Sie ist eine Wissenschaftlerin durch und durch und sieht die Dinge eher pragmatisch, doch auch sie entwickelt sich über die erzählte Zeit hinweg. Dementsprechend treffen zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander und zeigen einander ihre Welt - und sie lernen voneinander und miteinander auf eine besondere Art und Weise.

Von Schicksal, Verbundenheit und Diversität

Wie bereits erwähnt lässt Yoon jedoch auch die Randfiguren nicht aus. Viele Figuren bekommen in auktorialen Einschüben Hintergrundinformationen oder Rückblicke, die die Figuren oder bestimmte Phänomene erklären. Gerade diese Einschübe haben es mir angetan und der Geschichte diesen verbindenden und einzigartigen Charakter gegeben - all diese Menschen haben eine Vergangenheit, sie alle haben ihr Päckchen zu tragen und sie alle sind auf eine merkwürdig schöne und gleichzeitig traurige Art miteinander verbunden. Diese schicksalsschwangere Atmosphäre wird einmal mehr durch Yoons bildhaften, modernen und frischen Schreibstil unterstrichen, der voller doppelter Böden und Falltüren steckt: kurze Sätze und kurze Kapitel sorgen für einen guten Lesefluss, wobei der Schreibstil nicht platt wirkt. Die Geschichte liest sich originell, frisch und leicht, und schafft es, dabei dennoch tiefgehend, bewegend und eindringlich zu sein.

Zudem kann ich alle Zweifler beruhigen: Nicola Yoon schreibt alles andere als kitschig, auch wenn eine Liebe, die sich an einem Tag entwickelt, genauso klingen mag. Doch "The Sun is also a Star" ist in jedem Moment glaubwürdig und meistert den schmalen Grat zwischen Kitsch und Authentizität mit Bravour. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, das, was ich lese, nicht nachvollziehen zu können - im Gegenteil, bis zum Ende hat mich die Geschichte schlichtweg berühren können. Generell ist "The Sun is also a Star" eine magische Geschichte - wie ein Kaleidoskop, durch das man blickt, das immer wieder das Bild ändert und all diese Bilder dennoch miteinander zu verbinden weiß. Wer auf der Suche nach einem besonderen, poetisch-philosophischen Jugendbuch ist, der sollte sich dieses Werk definitiv einmal genauer ansehen!