„… And Then You Shoot Your Cousin“
(Def Jam)
Ein jeder findet sein Heil auf andere Weise: Kanye West plant die eigene Himmelfahrt mit Drone und Doom, wo Tyler und Earl Sweatshirt radikal zusammenstreichen, Jay-Z wiederum favorisiert die Kunst-Performance, der Wu-Tang-Clan verkauft Einzelstücke an den Meistbietenden und De La Soul finden old school noch immer Klasse – Hip Hop hat sich nicht nur in den letzten Jahren zu einem äußerst vielschichtigen Genre gewandelt und ist noch lange nicht am Ende. The Roots übernahmen dabei stets die Rolle der Outlaws, mit ihrem klugen Mishmash aus Rap, Soul und Punk gehörten sie nie so richtig zum Establishment, sie waren immer einen Schritt neben der üblichen Spur, vorndran sowieso. Nach der gelungenen Kollaboration mit Elvis Costello folgt nun das elfte Studioalbum und für’s Schlagwortverzeichnis darf man notieren: noch dunkler, noch gewöhnungsbedürftiger, noch langsamer.
Die tighten Beats von Platten wie „The Tipping Point“ oder „Game Theory“ sucht man hier fast vergebens, die Band hat ihren düsteren, angejazzten und mit reichlich Effekten versetzten Sound nochmals veredelt und an den entsprechenden Stellen nunmehr mit klassischem Instrumentarium verbaut. Zu Samples von Nina Simone und Mary Lou Williams gesellen sich also nicht nur die alten Bekannten Dice Raw und Greg Porn, sondern auch manche disharmonische Streichergruppe („The Coming“) oder grelle, atonale Einschübe („Dies Irae“). Und auch wenn die Beats noch fett sind, wurden sie doch merklich abgebremst und tropfen zähflüssig aus dem bewölkten Stimmungsbild. An manchen Stellen, so zum Beispiel beim exemplarischen „Black Rock“, klingen The Roots wie eine schwarzhumorige Rapversion der Bad Seeds, später im wunderbaren „Understand“ packen sie eine schlierige Orgel zu bitterbösen Rhymes über enttäuschte Hoffnungen und Bigotterie.
Für die Interpretation ihrer eher bedrückenden Sicht der Dinge haben sich die Musiker aus Philadelphia wieder die passenden Gäste vor’s Mikro geholt – Patty Crash darf mit ihrem verfremdeten Heliumstimmchen den Kontrapunkt zu den finsteren Raps von Black Thought setzen, gleiches gilt für Modesty Lycan auf der ersten Single „When People Cheer“. Ebenso gut gelingt Mercedes Martinez das Intro zu „The Coming“, bevor um sie herum das Chaos ausbricht, Raheem DeVaughn dagegen leiht seine souligen Gesang sowohl den tonnenschweren Drums von „The Unraveling“ als auch dem erstaunlich versöhnlichen Schlußstück „Tomorrow“. Zum Fadeout gibt es trotzdem ein paar bedrohlich schwingende Töne aus dem sargkalten Inneren eines Konzertflügels – ganz so simpel sind die Jungs dann doch nicht gestrickt, als dass sie einen mit ‘nem platten „Wird schon wieder…“ verabschieden wollten. Dafür ist die Lage letzten Endes zu ernst und schließlich hat man ja auch noch einen Ruf zu verteidigen. Deshalb: Gut gemacht. http://www.theroots.com/