Robert Glasper ist ein Doppelagent. Getarnt als Jazz-Pianist hat sich die Keyboard-Koryphäe zum heimlichen Lieblingsproduzenten von HipHop-Recken wie MF Doom, Common, Mos Def oder Jay-Z gemausert. Einen Grammy für das beste R&B-Album holte Glasper sich letztes Jahr noch für Kooperationen mit Bilal und Erykah Badu ab. Beim Enjoy Jazz Festival trat er in Quartett-Formation als The Robert Glasper Experiment auf.
“Double Booked” lautet der Titel von Robert Glaspers drittem Album – passenderweise schlug der Jazz-Pianist aus Houston, Texas gleich doppelt in Mannheim auf. Nachdem Glasper, der selbst an der renommierten High School for the Performing and Visual Arts in Houston studiert hat, im Rahmen des Enjoy Jazz Festivals mittags einen Workshop an der Popakademie für Studierende abgehalten hatte, spielte er abends in Begleitung von Mark Colenburg (Drums), Derrick Hodge (Bass) und Multi-Instrumentalist Casey Benjamin in der Alten Feuerwache auf.
Den Soundcheck verlegte die entspannte Vierer-Kombo um den sympathischen Glasper kurzerhand in die eigentliche Show und stimmte sich zum Intro ganz gemächlich über ein J-Dilla-Arrangement ein. Einen ersten Einblick in sein variationsreiches Effekte-Repertoire lieferte Benjamin mit einer ersten Vocoder-Einlage, für die er das Saxophon beiseite legte und sich die Keytar umschnallte.
Komplexe Klangbilder
Mit einer eklektischen Mischung, die Einflüsse aus Jazz, Neo-Soul, HipHop, Gospel und R&B verbindet, improvisiert das Robert Glasper Experiment komplexe Klangbilder. Völlig unverblümt wagt sich das Quartett dabei an Stücke von Nirvana, Radiohead oder David Bowie heran und interpretiert sie neu. Mit der hypnotischen Coverversion von Daft Punks “Get Lucky” konnte Glasper an diesem Abend jedoch nur vereinzelt beim äußerst heterogenen Publikum punkten.
Von der eigenen Vielseitigkeit gehemmt
Angeführt vom umtriebigen Sound-Tüftler Benjamin, der sein Saxophon mit Effektpedal nach Belieben variierte, über Mark Colenburg, der mit seinem elektrischen Drum-Set unterschiedlichste Snare-Sounds erzeugte, verliehen die Instrumentalisten jedem Song eine völlig neue Personalität. Der virtuose Vierer klang deshalb vielmehr nach acht Leuten auf der Bühne. Doppelt besetzt statt doppelt gebucht. Gelegentlich schienen die Musiker an diesem Abend jedoch regelrecht über ihre eigene Vielseitigkeit zu stolpern.
Immer wieder tauchte Glaspers Jazz in HipHops Dunstkreis und förderte innovativ-inszenierte Cover, wie zum Beispiel das atmosphärische The Light von Common zutage. Nach knapp zwei Stunden mündete die sehr verspielte aber nicht immer hörerfreundliche Jazz-Session in seine letzten Blue Notes. Nicht alle Zuschauer hatten bis zum Ende ausgeharrt.