von Simon Argus
Das Bedürfnis nach Sicherheit in einer Zeit der Angst vor internationalem Terror verändert auch die Geographie unserer Städte. Besonders eindrucksvoll ist dies in der "Global City" London zu beobachten: Neben abertausenden Überwachungskameras wurde hier ein handfester "Verteidigungsring" um die interkontinentale Schaltzentrale des Finanzwesens - die City of London - eingerichtet. Henrietta Williams und George Gingell haben dieses Phänomen dokumentiert und demonstrieren, wie der Wunsch nach mehr Sicherheit unsere eigene Bewegungsfreiheit zunehmend einschränkt. Wie effektiv kann ein solches System funktionieren?
Vandy Street ist Teil des "Ring of Steel", einem etwa zehn Kilometer langen Streifen aus Pollern, Polizeihäuschen, Überwachungskameras und anderer kaum merklicher Hindernisse, die London seit 1993 vor Autobomben schützen soll. Damals fürchteten die Stadtherren vor allem die nordirische IRA als Attentäter.
Dieser Ring, der sich in der Stadt von Aldgate bis the Strand und von Shoreditch bis Temple erstreckt, ermöglicht es der Polizei jedes Auto, das in die City einfährt zu erfassen und seine Daten zu speichern. Es handelt sich möglicherweise um den radikalsten Wandel im Netzwerk der Londoner Straßen in den letzten Jahrzehnten, ein Wandel der fast unbemerkt stattfindet und noch heute weiter geht.
Photographin Henrietta Williams und der Kartograph und Architekt George Gingell sind die ersten, die eine umfassende Dokumentation der Anlagen auf einem dieser Tage stattfindenden Festival zur Stadtentwicklung in London ("This is not a Gateway" 2010) veröffentlichen.
In Phasen eines besonders hohen Risikos, wie zuletzt während des Papst-Besuchs in England, werden die Polizeihäuschen an den Einfahrten mit Beamten besetzt und Check-Points eingerichtet. Dann werden alle Autofahrer nach ihrem Ziel und den Grund für ihren Aufenthalt in der City befragt.
Während der Sicherheitsgürtel um die City in den ersten Jahren einen eher provisorischen Charakter hatte und weithin sichtbar war, sind die Anlagen in den letzten Jahren von dauerhaften Installationen ersetzt worden, die mehr und mehr unsichtbar sind. Viele Maßnahmen werden unter dem Deckmantel der Verkehrsberuhigung oder Begrünung der Innenstadt durchgeführt. Auch neue Gebäude, die entlang des Rings entstehen, werden entsprechend geplant: Als Blockgebäude bilden sie nach und nach eine undurchdringliche Mauer um das Finanzzentrum.
Doch wie effizient funktioniert der Sicherheitsgürtel? Geplant wurde er, um der Bedrohung durch die IRA zu begegnen: Diese wollte Ihre Mitglieder vor Erkennung schützen, deshalb machte die Kameraüberwachung an den Einfahrten Sinn. Und auch heute kommt keiner in oder aus der City, ohne erfasst zu werden. Doch in Zeiten des Selbstmord-Terrorismus ist es fraglich, ob der Ring den entscheidenden Sicherheitsfaktor darstellt.
Gleichzeitig verändert der Ring die Stadt: Alte Gebäude werden mehr und mehr durch massive Bürobauten ersetzt, einst belebte Straßen werden in bedeutungslose Fußgängerzonen oder Grünanlagen verwandelt, in denen "herumlungern" nicht geduldet wird. Der Sicherheitsgürtel um die City ist eines ganz sicher: Ein sichtbares Zeichen einer zunehmden Paranoia.
Im Netz:
- "This is not a Gateway" - kritisches Festival zum Thema "Stadt" in Londoner East End, vom 22. bis 24. Oktober 2010.
- Artikel zum Thema in "Journal of Urban and Regional Research"
Quellen:
Evening Standard vom Freitag, 15. Oktober 2010,
http://www.thisisnotagateway.net/
http://www.mindfully.org/Reform/2006/NYC-Ring-Of-Steel25jan06.htm (Bild oben)
http://www.sabre-roads.org.uk/wiki/index.php?title=Gallery:S2 (Bild unten)