Edward Hardwicke erwartete keine einfache Aufgabe: Eine hundert Jahre alte Rolle zu nehmen, von der fast jeder seine eigene Vorstellung hat und die von seinem Vorgänger entscheidend geprägt wurde, und dabei Arthur Conan Doyles Vorlage gerecht werden, an David Burkes
In der Regel hat das Privatleben von Schauspielern nichts in der Besprechung von ihren Filmen und Serien verloren, doch hier gilt, dass man die Serie fast nur dann richtig betrachten kann, wenn man Jeremy Bretts Krankheitshintergrund miteinbezieht – also werde ich da in allen kommenden
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The Empty House
Nach drei Jahren kehrt der totgeglaubte Sherlock Holmes zurück, um einen scheinbar unmöglichen Mord aufzuklären. Der Fall ist durchaus interessant, die besonderen Stärken der Geschichte liegen aber natürlich in den vielen Charaktermomenten mit dem zurückgekehrten Holmes und dem überglücklichen Watson, der nun von Edward Hardwicke dargestellt wird.
Holmes taucht nach drei Jahren vor Watson auf, mit ungewohnt warmen Lächeln und glänzenden Augen und streckt die Arme aus. Bild ist etwas unscharf, weil Watson zu dem Moment in Ohnmacht fällt. Bless him.
Ich hab meine Haltung zu Holmes/Watson-Slash hier beschrieben – trotzdem kann man hier doch nur “just kiss already!” denken…
Aww, Brett!Holmes wie wir ihn lieben.
Flashback: Holmes schmerzt es, dass er Watson kein Lebenszeichen geben kann. Er darf da ruhig etwas leiden, wenn er sowas seinem Freund antut.
It’s a fez. I wear a fez now. Fezzes are cool.
Burke war wunderbar, aber nach einer Folge Hardwicke weiß man, dass man die neue Regeneration von Watson mindestens genauso lieben wird.
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The Abbey Grange
Eine bekannte Einbrechergang scheint einen Mann ermordet und seine Frau festgebunden zu haben – doch irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Kein allzu interessanter Fall, aber einige nette Einzelszenen wie das “Gericht” am Schluss, “The game is afoot” – und jede Folge, in der Holmes Watson aufweckt, bekommt bei mir Bonuspunkte.
Holmes, das Äffchen.
Watson: “It’s just as well you are unique” – Und dann der Blick als Antwort von Holmes. Man braucht da gar keine Slash-Kommentare machen, das erledigt die Serie ganz von allein.
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The Musgrave Ritual
Bei einem Besuch eines alten Schulfreunds entdeckt Holmes, dass der Butler ein Geheimnis hütet. Eine faszinierende Geschichte, auch wenn die Schatzsuche nicht allzu innovativ ist, mit schön schauriger Atmosphäre und vor allem vielen schönen Holmes-Watson-Momenten – mit krankem Holmes, der überall mit Kuscheldecke hingeht, Holmes der unter Drogen Lachanfälle hat und Watson, der liebenswert versucht, zwischen Holmes und seinem Gastgeber zu vermitteln.
“Why did you accept his invitation?”
“To escape my lethargy. And your CONSTANT BULLYING to tidy our rooms in Baker Street!”
Wie ein altes Ehepaar.
Sehr untypisch: Statt das Zimmer des verschwundenen Butlers zu untersuchen kuschelt sich Holmes in dessen Bett.
Hemd mit aufgerollten Ärmeln und Weste: GAH.
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The Second Stain
Der Premierminister und ein Staatssekretär bitten Holmes, ein gestohlenes Dokument wiederzufinden, dessen Veröffentlichung einen Krieg nach sich ziehen würde. Die Bedrohung durch einen großen europäischen Krieg verleiht der zehn Jahre vor dem ersten Weltkrieg geschriebenen Geschichte eine düstere und spannende Stimmung, dazu gibt es nette Lestrade-Szenen und eine starke Frauenfigur (die Holmes zu einem genervten “Argh, ich versteh Frauen einfach nicht, die sind mir zu unlogisch” bringt *g*).
Ja, Kinder, das passiert, wenn man beim Pfeiferauchen nicht aufpasst: Holmes setzt das Zimmer in Brand.
Holmes robbt auf dem Boden herum. Mhmmm.
Schlechte Bildqualität, sorry, aber der fröhlich die Treppen hinunterhüpfende Holmes ist einfach zu niedlich.
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The Man With the Twisted Lip
Eine Frau sieht ihren Mann in einem düsteren Viertel Londons und kurz darauf ist er spurlos verschwunden. Ein schön mysteriöser Fall, der zwar etwas lang braucht, bis er mal ins Rollen kommt, aber mit einigen ganz herzigen Holmes-Watson-Szenen besticht.
Holmes baut sich einen Kissenberg und raucht die ganze Nacht durch.
Blick in den Spiegel: OMG, ich bin Jeremy Brett! Wahey!!
Ein bisschen unfreiwillig komisch ist diese Szene ja schon, aber ich kann mich nicht ernsthaft beschweren, weil Holmes sein Jackett ausgezogen hat, und ich bekanntermaßen auf Hemd/Weste wie ein pawlowscher Hund nur mit Sabbern reagieren kann.
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The Priory School
Der Sohn eines reichen Adligen wurde von seiner Schule entführt, doch es gibt keine Lösegeldforderung. Ein spannender und ungewöhnlicher Fall mit schön düsterer Atmosphäre, schicken Szenen für Holmes und Watson und ein paar alten Bekannten: Christopher Benjamin2 und Chatsworth House3
Eine Runde Klischees mit Deerstalker und Lupe, was trotzdem bei Brett nie klischeehaft wirkt.
Bretts Kettenrauchen hat seinen Gesundheitszustand kaum gefördert, und überhaupt ist Rauchen nie gut. Aber – argh, bei Jeremy Brett ist das so sexy, dass mein ganzes schlechtes Gewissen nichts ausrichten kann.
I’m on a horse.
(Herrje, Hardwicke sieht ungelenk auf einem Pferd aus, vor allem neben Jeremy “wollte als Kind Jockey werden weil er Pferde so liebt” Brett…)
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The Six Napoleons
Ein Einbrecher zerstört gezielt Napoleon-Figuren und Lestrade zieht Holmes zu Rate. Schon der Beginn ist herrlich: erst wird die ersten 8 Minuten praktisch kein Englisch gesprochen und es den Zuschauern überlassen, aus italienischen Dialogpassagen etwas zu machen, und dann bekommen wir Holmes, Watson und Lestrade beim gemeinsamen Rauchen und Whiskeytrinken vorm Feuer. Hach. Und auch der Rest der Episode überzeugt, mit einem interessanten Fall und vor allem noch viel mehr wunderbaren Holmes-Watson-Lestrade-Szenen.
Ich glaub, wir wollen gar nicht wissen, das Holmes mit der Leiche machen würde, wenn Lestrade nicht dabei wäre…
Was ist besser als Holmes, der Watson weckt? Holmes, der Watson und Lestrade weckt, welcher bei ihnen auf der Couch pennt. Hach.
Es lässt sich unmöglich in einem Screenshot darstellen, aber die Art wie Brett ACDs “[...] it seemed to me that he was more nearly moved by the softer human emotions than I had ever seen him. A moment later he was the cold and practical thinker once more.” als Reaktion auf ein ehrliches Lob von Lestrade mimisch umsetzt, ist großartig.
Mit diesem herzerwärmenden Moment schließen wir diese Staffel – während Jeremy Brett in eine Klinik kommt. Warum und welche Auswirkungen das hatte, sehen wir im nächsten Beitrag zur Serie.
- Gerade das Unterdrücken von offenen Emotionen und das Gleichzeitige Anfüllen der Figur mit einem inneren Leben stellten sich als kräftezehrende Arbeit heraus
- kennen wir aus Doctor Who The Talons of Weng Chiang und The Unicorn and the Wasp
- Eins der Herrenhäuser, die sogar ich wiedererkenne, man kennt das schon als Pemberley Hall in der 2005er Pride and Prejudice Verfilmung sowie aus The Duchess