„The Day Is My Enemy“
(Vertigo/Universal)
Zunächst einmal die gute Nachricht: Nach ungefähr dreißig Minuten ist die Birne weich. Was anderen Bands eher zum Nachteil gereicht, gilt bei Keith Flint, Liam Howlett und Maxim Reality seit Jahren als unabdingbarer Arbeitsnachweis. Soll heißen: Ihr Handwerk beherrschen die drei auf Album Nummer sechs, ganze fünfundzwanzig Jahre nach ihrer Gründung, noch immer. Man hätte sich allerdings, und da sind wir schon bei den kritischen Anmerkungen, von dem Trio etwas mehr Mut, etwas mehr Risiko gewünscht. Dass sich Brachialdrums, dreckige Gitarrenloops, verzerrte Technobeats und ein paar böse Slogans zu einer hypernervösen und äußerst tanzbaren Mischung verquirlen lassen, haben sie auf den vorangegangenen Alben oft genug bewiesen und wenigstens mit “Music For The Jilted Generation” und “The Fat Of The Land” waren sie so etwas wie die ungeschlagenen Pioniere des soundgewordenen Cyberpunks. Auf einer Spiellänge von knapp sechzig Minuten ist das gewaltige Gewummer (ohne die Zuhilfenahme verbotener Substanzen) aber nur dann erträglich, wenn man ein paar Spannungspunkte zu setzen vermag, derartige Tempoverschleppungen und Stilvariationen waren ihnen auf früheren Alben geläufig, auf “The Day Is My Enemy” fehlen sie leider komplett. Allerspätestens nach “Destroy” ist die Luft raus und die Geduld aufgebraucht, daran kann leider auch der kürzeste und überraschendste Track – die lang erwartete Kollaboration mit den Sleaford Mods (“Ibiza”) – nichts ändern. Allzu ideenlos, allzu gleichförmig gerät der Rest. Die orientalischen Einschübe von “Medicine” werden nach verheißungsvollem Beginn leichtfertig zugeballert, “Beyond The Deathray” und “Invisible Sun” brechen aus der Stampede zwar aus, können aber trotzdem kaum überzeugen. Fazit: Für eine Nacht, für ein Konzert vielleicht ausreichend, an frühere, stilprägende Großtaten reicht das Album aber lange nicht heran. http://www.theprodigy.com/
11.04. Berlin, Velodrom
12.04. Hannover, Swiss Life Hall