THE PATSY (1928)

USA 1928
Mit Marion Davies, Marie Dressler, Dell Henderson u.a.
Regie: King Vidor
Dauer: 77 min

THE PATSY (1928)

Wenn ich jetzt gleich den Inhalt dieses Films preisgebe, wird die geneigte Leserschaft wahrscheinlich denken, dass The Patsy einen Kauf gar nicht lohnt. Zu dürftig klingt die Story, zu bekannt, zu unoriginell. Das stimmt. Und trotzdem möchte ich den Kauf jedem Stummfilm- oder Komödienfreund wärmstens ans Herz legen.

Aber zunächst zum Inhalt: Pat (Marion Davies) ist das Aschenputtel der Familie Harrington. Obwohl sie die leibliche Tochter von Ma (Marie Dressler) und Pa Harrington (Dell Henderson) ist, wird sie von ihrer Mutter und der “bösen” Schwester (Jane Winton) herumgeschubst, gedemütigt und ausgenutzt. Nur der gutmütig-duckmäuserische Pa hält zu ihr, wenn auch eher im Verborgenen.

Dummerweise hat sich Pat in den Schatz ihrer Schwester verguckt, den sympathischen aber etwas einfachen Tony Anderson (Orville Cladwell). Kurz gesagt dreht sich der Film darum, ob und wie Pat Tony am Schluss kriegt.

“Cinderella-Geschichte”; “hässliches Entlein kriegt ihren Taumprinzen” – das kennen wir zur Genüge aus unzähligen anderen Stumm- und Tonfilmen. Es handelt sich um ein cinéastisches Grundgerüst, aus dem sich von einem talentierten Drehbuchautor mittels guter Nebenhandlungen oder starker Figuren durchaus etwas machen liesse.

Nicht so bei The Patsy! Die spärliche Nebenhandlung (ein reicher Schnösel verführt Pats Schwester) ist alles andere als originell und die Hauptfiguren sind allesamt Stereotypen: die leicht hyperaktive Pat, die Matronenhafte Mutter, der tollpatschig-gutmütige Vater, die zickige Schwester – das haben wir doch alles schon -zig Mal gesehen.

Aber – und das ist nun der springende Punkt – haben wir das jemals in dieser Qualität gesehen?

Selten!
Marion Davies ist geradezu der Prototyp des ungeschickten, unglücklich schmachtenden “hässlichen Entleins”, genauso wie Marie Dressler die Verkörperung des cinéastischen Schlachtrosses in Reinkultur ist. Und Dell Henderson hält als dritter im Bund den anderen beiden mühelos die Stange.

Doch es ist nicht nur dieses gloriose Trio, die diesen Film allen Unwahrscheinlichkeiten zum Trotz weit über den Durchschnitt hinaushebt, die Art, wie dieses Trio in Szene gesetzt wird, trägt ebensoviel dazu bei.
Regisseur King Vidor wusste genau, wie er mit den Akteuren umgehen musste, damit jeder von ihnen die maximale Wirkung erzielt. Es gibt Sequenzen, die an sich vollkommen unlustig sind, die unter Vidors Hand aber zu veritablen Kabinettstückchen geraten. Etwa jene Szene, wo Familie Harrington in einen Festsaal eintritt. Sie ist derart geschickt choreografiert, dass man sich an ihrer unglaublichen Komik erfreuen kann, obwohl rein gar nichts passiert. Zudem sagt die Szene vieles über die einelnen Familienmitglieder und alles über die Funktionsweise des Familienverbandes aus.

Und genau da liegt die Schönheit der stummen Filmform: Ohne Dialoge, ohne Zwischentitel sprechen hier die Bilder Bände. Wenn ein fähiger Regisseur wie King Vidor am Werk ist, dann wird der Stummfilm zur Kunstform des beredten Bildes.

Es gibt unbezahlbare Sequenzen in diesem Film, jeder der Haupakteure hat mehrere davon. Marion Davies etwa, wenn sie ihren Liebsten anschmachtet. Wie sie das tut, muss man gesehen haben, es ist von unbeschreiblicher Komik. Ebenso Davies parodistische Verkörperung der Stummfilmdiven Mae Murray, Lilian Gish und Pola Negri. Oder Marie Dresslers Quengelattacken, mit der sie ihre Tochter unter Druck zu setzen pflegt. Und Dell Hendersons Wutausbruch am Schluss gehört überhaupt zum den schönsten Momenten des ganzen Films. Dass Henderson nicht bekannter ist, gehört für mich nach der Visionierung dieses Films zu den ungelösten Rätseln der Filmgeschichte.

Und die Moral von der Geschicht’? The Patsy gehört ins Regal jedes Stummfilmbegeisterten.
Michael

THE PATSY (1928)

THE PATSY (1928)

THE PATSY (1928)

THE PATSY (1928)

THE PATSY (1928)

THE PATSY (1928)

Die DVD: Die Bildqualität ist hervorragend, das Bild ist scharf und klar, mit sehr guten Kontrasten.

Die Musikbegleitung stammt von Vivek Maddala und ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, da sie hörbar nicht aus der Epoche des Films stammt. Hat man sich allerdings eingehört, stellt man fest, dass sie das Geschehen ausgezeichnet charakterisiert, unterstützt und untermalt. Maddala ist ein Komponist, von dem ich gerne mehr Filmmusik hören möchte!

Reginalcode: 0

Bestellung : Der Film stammt aus dem DVD-R Sortiment von Warner Archive Classics. Eine der wenigen und im Moment preisgünstigsten Möglichkeiten, ihn nach Europa zu bestellen bietet Turner Classics (6. März 2010). Es lohnt sich auch, bei DeepDiscount reinzuschauen; je nach Angebot ist er dort günstiger.
Für Preisvergleiche, evtl. preisgünstigere Angebote und andere Fragen im Zusammenhang mit DVD-Bestellungen aus dem Ausland siehe auch die Tipps zur DVD-Bestellung im Ausland.


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