Fans westlicher Rollenspiele werden bei der Erwähnung der Black Isle Studios in seliger Erinnerung schwelgen. Neben Icewind Dale und Planescape Torment war das Studio vor zwanzig Jahren nicht nur für Fallout verantwortlich, sondern, zusammen mit Bioware, auch für das Revival von W-RPG's. Leider währte die große Zeit von Black Isle nur einige Jahre, viele Mitarbeiter sollten aber letztlich bei Obsidian Entertainment landen. Jenes Studio war neben diversen anderen Auftragsarbeiten unter anderem für das leider anfangs verbuggte, aber auch ziemlich großartige Fallout: New Vegas verantwortlich. Seit einiger Zeit kümmern sich Obsidian verstärkt um eigene Marken, darunter das großartige Pillars of Eternity. Mit The Outer Worlds steht nun nicht nur das erste komplett auf eigenem Mist gewachsene First Person Sci-Fi Rollenspiel von Obsidian Entertainment an, es erinnert in vielen Punkten auch immer wieder an Fallout. Nicht zuletzt übrigens dank reichlich schwarzem Humor.
Wilder Westen Weltraum
Denn die Welt von Outer Worlds spielt in einer alternativen Zeitlinie, die allerfeinstem Turbokapitalismus fröhnt. So gab es Roosevelts New Deal nie, die Kolonisierung der Galaxis erfolgte durch Megakonzerne, die sich die entsprechenden Rechte für einzelne Planetensysteme seinerzeit einkauften und dementsprechend herrscht statt einer ordentlichen Regierung ein Vorstand über das Sonnensystem. Wenig überraschend, The Outer Worlds steckt voller böser Anspielungen auf Neoliberalismus und Turbokapitalismus. Aber dazu kommen wir gleich wieder.
Nachdem wir per Raumkapsel in der Nähe von Emerald Vale gelandet sind stellen wir sehr schnell fest, dass wir dummerweise Alex Hawthorne geplättet haben, ausgerechnet den Captain der Unreliable, die uns auf unserer weiteren Mission durchs All transportieren sollte. Also machen wir uns selbst auf den Weg zum Schiff, wo uns die Bord-KI ADA nicht nur zum neuen Alex Hawthorne erklärt, weil der Captain nun mal Alex sein muss, sondern auch mitteilt, dass ein wichtiger Energiekonverter organisiert werden muss. Natürlich machen wir uns auf den Weg, entsprechendes Teil zu besorgen und lernen die tolle, kapitalistische Welt von Outer Worlds kennen.
Wenig verwunderlich, dass die Abhängigen, Abgemahnten und natürlich auch die zur Effizienzsteigerung Entlassenen zu Outlaws werden, also zur Outer Worlds Variante der Raider. Praktischerweise gibt es auch diverses, seltsames Getier und allerhand Wachroboter.
Aber noch mal zurück zu unserer Quest, in der Gegend von Emerald Vale gibt es genau zwei Energiekonverter. Um einen davon in die Finger zu bekommen, müssen wir den Energiefluss am Geothermiekraftwerk ändern und entweder den von Deserteuren bewohnten, aber wieder begrünten Botanikanlagen den Saft abdrehen oder Emerald Vale und der Saltuna Konservenfabrik. Dabei wird unser Handeln durchaus ernsthafte Folgen haben.
Obsidian trifft Bethesda trifft Black Isle
Auf der anderen Seite spielt sich The Outer Worlds meist sehr ähnlich wie die modernen Bethesda Fallouts. Gesteuert wird aus First Person Sicht, Leichte, schwere und Nahkampfwaffen sowie verschiedene Rüstungsarten wecken ebenfalls klare Erinnerungen an die atomare Endzeit und natürlich dürfen wir Terminals untersuchen, Safes und Türen knacken (ohne Minispiel!), Dinge einsammeln und in Echtzeit kämpfen. Was es hier nicht gibt? Das VATS System. Stattdessen dürfen wir auf Tastendruck die Zeitdilatation nutzen, eine Zeitlupenfunktion.
Quests, NPC's und Begeiter tun dem keinen Abbruch. Vergleicht man Outer Worlds dabei mit den modernen Fallouts, dann findet man die größten Überschneidungen allerdings ganz klar zu New Vegas. Das liegt vor allem daran, dass unsere Entscheidungen alle Auswirkungen haben. Auch auf unsere Begleiter. Die leicht firmengläubige, etwas unterwürfige aber geichzeitig eher humanistische Mechanikerin Parvati reagiert zum Beispiel oft ganz anders als Söldnerin und Feldärztin Ellie oder Vikar Max. Der übrigens den Unternehmensgauben vom Großen Plan predigt. So ganz nebenbei bieten unsere Begleiter, wenn wir sie mitnehmen, unterschiedliche Boni, beispielsweise in Überredungskunst.
Etwas Retro
Akustisch gibt Obsidian sich keine Blöße. Die englische Sprachausgabe passt einfach perfekt und die Sprecher können durch die Bank überzeugen, die Soundeffekte passen zum Spiel. Und der Ambiant-lastige Soundtrack weckt ebenfalls wieder leichte Erinnerungen an Fallout, auch wenn er gleichzeitig eigenständig und deutlich weniger schwermütig daherkommt.
Moderner Oldie
In anderen Punkten haben sich Obsidian Entertainment dafür auf genau die richtigen Punkte konzentriert, eben beim Quest Design, den Dialogen und den Möglichkeiten, die das Spiel bietet sowie bei angenehm dicht besetzten Arealen, die praktisch ohne Leerlauf auskommen, einen aber trotzdem über die eine oder andere Minigeschichte stolpern lassen. Und innerhalb der 30 bis 40 Spielstunden viel über die Welt erzählen. Gleichzeitig können die ziemlich unverhohlenen Anspielungen auf den neoliberalen Turbokapitalismus und seinen Umgang mit Humankapital immer wieder punkten.
Fazit:
Obsidian konzentriert sich auf das Wesentliche und macht dabei vielleicht nicht alles, aber sehr vieles richtig. Ironischerweise schlägt The Outer Worlds damit auch eine spielerische Brücke zwischen den alten Fallouts aus Black Isle Zeiten und den modernen Bethesda Ablegern mit Ego Perspektive und Echtzeit Kampfsystem. Sicher, in manchen Punkten merkt man The Outer Worlds das vergleichsweise geringe Budget zwar an, den Qualitäten des Spiels tut das aber so gar keinen Abbruch. Es macht mich aber verdammt gespannt darauf, was Obsidian zukünftig mit dem Kapital der Xbox Game Studios im Rücken erreichen könnte.