"THE OCEAN WAIF" (1916)

Erstellt am 6. August 2010 von Michael

USA 1916
Mit Doris Kenyon, Carlyle Blackwell, Edgar Norton
Regie: Alice Guy-Blaché
Dauer: 40 Minuten

Es war einmal ein schüchternes junges Mädchen mit dem Namen Millie. Sie wurde von ihrem Pflegevater am Meeresstrand aufgefunden. Das Leben ist sehr hart für Millie, da ihr Pflegevater sie sehr grob behandelt und leider auch oft sehr viel trinkt. Nach einer solchen Auseinandersetzung flieht Millie ganz verzweifelt aus dem Haus. In einem unbewohnten Herrenhaus findet sie einen Unterschlupf.
Ungefähr zur selben Zeit mietet ein Schriftsteller namens Ronald Roberts zusammen mit seinem Diener Hawkins das Haus. Er hat bereits ein sehr erfolgreiches Buch geschrieben und möchte nun in ländlicher Zurückgezogenheit ein neues Meisterwerk schaffen.
Das Haus ist ziemlich verwahrlost und außerdem soll ein Geist darin spuken, ein weiblicher und zwar die als junge Frau verstorbene Tochter des ehemaligen Besitzers. Kaum vorstellbar, dass in einem solchen Haus dem unglücklichen Ronald keine Idee für sein neues Buch einfallen will.

Nach einigen merkwürdigen Zwischenfällen, welche die Existenz des herumspukenden Geistes zu bestätigen scheinen, kommt er in einer schlaflosen Nacht hinter das Geheimnis. Er ertappt Millie die gerade bei einer Rückkehr von einem Raubzug ist, auf frischer Tat. Schließlich braucht jeder Mensch etwas zum Essen und Trinken und Ronald hat davon in reichen Massen.
Sie erzählt ihm ihre Geschichte und das bringt ihm den rettenden Einfall für seinen neuen Roman, den er in Bezug auf Millie, Ocean Waif betitelt.
Millie ist fasziniert von ihm und glaubt das er ein Prinz ist und natürlich auch ein Schloss besitzt. Für das arme Aschenbrödel, dass sich mittlerweile fein gemacht hat, mittels der Garderobe der jung verstorbenen Frau aus längst vergangenen Tagen, ist es ein schwerer Schlag als sie erfährt, dass ihr vermeintliche Prinz bereits in festen Händen ist.

Bald darauf erscheint auch schon die Verlobte von Ronald mit Gefolge. Peinlich nur, dass die Verlobte gerade bei ihrer Ankunft, Millie und Ronald bei einem innigen Kuss ertappt, die beiden sind sich in der Zwischenzeit doch recht nahe gekommen.
Ronald erklärt zu seiner Verteidigung, Millie sei ein armes Waisenkind das er beschützen müsse. Nicht gerade eine besonders originelle Ausrede.

Daraufhin kehrt Millie zu ihrem Pflegevater zurück und dieser entdeckt nun auch, dass sie bereits eine junge Frau ist und macht ihr einen lüsternen Heiratsantrag, den Millie ablehnt und daraufhin kommt es zu einem Kampf, denn der Pflegevater will sie mit Gewalt von seiner „Liebe“ überzeugen. Ihr heimlicher Verehrer Sem, der bereits die aufkeimende Liebe von Ronald und Millie mit schwerem Herzen mitansehen musste, wird Zeuge dieser Auseinandersetzung und tötet den Pflegevater. Sem hat Millie schon lange ins Herz geschlossen und sie aus der Ferne geliebt und beschützt und dabei so manche Gemeinheit des Pflegevaters noch rechtzeitig in Grenzen halten können. Millie sieht in Sem einen Vertrauten und Beschützer, in der Art eines Bruders.
Zufällig nach dem Mord kommt Ronald vorbei, der auf der Jagd gewesen ist und tröstet Millie. Durch den Schuss sind einige Männer herbeigeeilt und glauben Ronald sei der Mörder, da bei ihm die gleichen Kugeln gefunden werden, mit welchen auch Jessop der Pflegevater getötet wurde.

Nun steht es sehr schlecht um Ronald, alles spricht gegen ihn, da Millie während des hitzigen Kampfes nicht gesehen hat, wer auf ihren Pflegevater geschossen hat. Auch seine Verlobte wendet sich von ihm ab und löst die Verlobung auf.
Voller Verzweiflung wendet sich Millie an Sem um Hilfe und der verweigert sie ihr trotz seiner schwierigen Lage nicht, da er sie noch immer liebt. Er bekennt sich des Mordes für schuldig, aber bevor er verhaftet wird, begeht er Selbstmord.
Das betrübt Millie, den er ist der Preis für ihr Glück.
Ronald wird entlassen und nun steht nichts mehr zwischen Millie und Ronald.

Man könnte nun meinen das sei eine schöne Aschenbrödel Geschichte und für weite Strecken des Films stimmt das auch. Aber durch die teilweise übertriebene Darstellung, wird allem Klischeehaften die Grundlage genommen. Außerdem zieht sich ein leiser Humor wie ein roter Faden fast durch den ganzen Film und verleiht ihm ein gewisses Etwas.

Neben den sehr überzeugenden Darstellern, gebührt vor allem der Regisseurin Alice Guy-Blaché meine Anerkennung. Sie begann bereits 1896 in Frankreich mit Kurzfilmen für Gaumont, war also eine Regisseurin der ersten Stunde, in den 1910er Jahren erreichte sie in den USA den Höhepunkt ihrer Karriere. Zu dieser Zeit waren auch andere namhafte Regisseurinnen am Werk. Ich nenne nur Lois Weber und Nell Shipman. Aber auch große Schauspielerinnen, wie Lillian Gish, Asta Nielsen und Francesca Bertini prägten den Film dieser Zeit. Einem Jahrzehnt großer Kreativität in der Filmgeschichte.
Maria

Die DVD Ausgabe: Die Bildqualität ist recht gut und teilweise viragiert. Leider konnte der Film nicht vollständig restauriert werden und es treten zwischendurch kurzzeitige Flecken auf. Der Film ist kein Fragment, aber doch eher ein Kurzfilm.

Die Musikbegleitung: Speziell für den Film komponierte Klaviermusik von Jon Mirsalis, der auch der Interpret ist.

Regionalcode: 0

Bestellung: Ocean Waif ist zusammen mit 49-17, einer Western Parodie, bei Kino International als Double Feature erschienen. Die DVD ist bei DeepDiscount erhältlich.
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