The Neon Demon (2016)

The Neon Demon (2016)

The Neon Demon (2016)
Der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn ist vielleicht nicht so ein Enfant terrible wie sein Landsmann Lars von Trier, aber definitiv einer von der provokanten Sorte. Ein wahrer Publikumsspalter. Die Kritiken seiner Werke bewegen sich zwischen "Meisterwerk" und "riesiger Bullshit". Die Gewaltakte in seinen Filmen werden mal mit Gelächter, mal mit dem Verlassen des Kinosaals bewertet. Aber wie so oft befindet sich die Wahrheit irgendwo dazwischen. Nach seinem großen Durchbruch in den Arthousemainstream mit dem grandiosen Drive und der Ernüchterung durch Only God Forgives, ist auch sein neuester Streifen The Neon Demon, wieder ein herrlich diskutabler Film, der den einen zum Erbrechen und den anderen zum großen Jubel animieren wird.
Oberflächlich betrachtet erzählt The Neon Demon nicht mehr als die ersten Schritte eines minderjährigen Models im Großstadtdschungel von Los Angeles. Protagonistin Jesse, gespielt von der bezaubernden Elle Fanning, trifft dabei auf sadistische Motelbesitzer, neidische Modelkonkurrenz, geldgierige Agenturen und faszinierend, verrückte Künstler. Die Story ist wahrlich nicht die große Stärke von The Neon Demon. Diese liegt ganz klar im exorbitanten Talent Refns einen perfekten Einklang von Bild und Ton zu schaffen. Wie schon in Drive und Only God Forgives ist jede Einstellung ein Kunstwerk, ein Gemälde. Ohne Übertreibung. In Kombination mit dem mal pulsierenden, mal hypnotischen Klängen Cliff Martinez' erzeugt Refn eine Gänsehaut, die ich zuletzt vor vielen Jahren bei Sofia Coppolas Lost In Translation zu fassen bekam. Sinnbildlich für dieses Lob steht die Szene in der Elle Fanning leichtfüßig im Sonnenuntergang auf den Hollywood Hills vor dem Panorama L.A.'s stolziert. Solche magischen Kinomomente gibt es wirklich zu Hauf.
The Neon Demon (2016)

Um The Neon Demon vollends zu genießen, muss man sich einfach treiben lassen von der Trance, die Refns Film umgibt. Das Gespür des Dänen für Architektur, Raum und Lichtstimmung sucht ihres gleichen. Dabei konnte sich Refn wieder auf seinen Stammkameramann Matthew Newman verlassen. Inhaltlich ist der Film dann tatsächlich deutlich tiefgründiger als erwartet. Vergleiche zu Black Swan stellen sich zwar an einigen Stellen fast symptomatisch auf, aber das fällt nicht ins Gewicht. Refn lässt harte Themen wie Kannibalismus und Nekropholie dabei nicht außer Acht, ganz egal wie abstrakt fremd das zunächst klingen mag. Im Gegensatz zu Only God Forgives verpackt Refn diese Themen in ein spannendes Geschehen. Während sich die erste Hälfte des Films noch in Schönheit ertränkt und das ist wahrlich nicht kritisch gemeint, offeriert uns Refn im letzten Drittel dann wieder seine blutige Ader. Der Schlußakkord hat es wirklich in sich und welch Überraschung, im Saal haben Leute gelacht auf Grund der schamlosen Übertreibungen, während zwei drei Leute vorzeitig den Heimweg angetreten haben. Nicht hoch genug loben kann man die nahezu perfekte Leistung von Jungstar Elle Fanning in der Hauptrolle der Jesse. Wahnsinn wie sich die talentierte Schauspielerin in den letzten Jahren entwickelt hat, obwohl ihr enormes Potential schon früh in Super 8 zu erkennen war. "I don't want to be like them. They want to be like me." - Elle Fanning, einfach überragend.
Auch wenn die Trivialität von Glanz und Glamour im Modelbusiness wahrlich nichts neues ist, so hat noch niemand zuvor diese Töne so verfilmt wie Refn. Obwohl die Kritik an diesem Leben offensichtlich ist, so nutzt der Regisseur eben diesen kritisieren Drang zur Schönheit, zur Perfektion als hochstilisiertes Ventil für seine Erzählung. So entwickelt sich der Rocky für Models zu einem finsteren Albtraum der in der Folge lange nachwirkt. Selbst die Option auf eine Liebesgeschichte erstickt Refn förmlich, denn in diesem Film haben nur Frauen das sagen. Männer gibt es nur in Nebenrollen. Gut so, nach den zuvor deutlich maskulin dominierten Stücken Refns. Letztlich bleibt ein ganz klarer Ansehbefehl und sei es nur, um den vielleicht audiovisuell besten Film des Jahres auf der großen Leinwand zu sehen. Streicht das "vielleicht"!
OT: The Neon Demon VÖ: 2016 Laufzeit: 117 Minuten FSK: 16 R: Nicolas Winding Refn D: Elle Fanning, Karl Glusman, Jena Malone, Bella Heathcote, Abbey Lee, Christina Hendricks, Keanu Reeves
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Christian
Bildquelle: Wild Bunch, Amazon Studios, Koch Media GmbH

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