The National
„Sleep Well Beast“
(4AD)
Um ehrlich zu sein, die Planungen bzw. Erwartungen für The National sahen ein wenig anders aus: Nach ihren beiden okayen, aber nicht gerade umwerfenden Alben „High Violet“ und „Trouble Will Find Me“ war man darauf gefaßt, wieder eines dieser grummelnden Standardwerke in Überlänge zu bekommen – die herrlichen Gründerzeiten lange aus dem Blick, das Nötigste getan, so schön gemütlich hier … Und nun? Nichts mit mittelalterlicher Genügsamkeit, kein Dienst nach Vorschrift. Sänger Matt Berninger hatte ja schon im Vorfeld der Veröffentlichung von Platte Nummer sieben im NME schon gewarnt: "I’m going very dark with the new National record, which is a place I love to go. People have always described our music as dark and say it goes very melancholy, somber places. They haven’t heard anything yet! This next thing is crazy.” Und zu viel versprochen hatte er dabei tatsächlich nicht, die Suche nach den Gründen hierfür endet aber mit einer etwas heiklen Antwort.
Was nämlich wäre passiert, so die etwas steile These, wenn der gefährliche Dumpfkopf und Toupetträger in den USA die Wahlen im Dezember letzten Jahres nicht gewonnen und also alles weiterhin seinen beschaulichen, wenn auch deutlich friedvolleren Lauf genommen hätte? Man kann ja nicht bestreiten, daß sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten unter den Künstlern, also auch Musikern (zumindest denen, die der Meinungsbildung grundsätzlich positiv gegenüberstehen), eine durchaus fruchtbringende Wut eingestellt hat, Trump zudem unfreiwilligerweise sogar eine Politisierung all derer herausgefordert hat, die bislang ihre Ansichten eher im Stillen formulierten und jetzt eine Art Erweckungserlebnis gegenwärtigen. Schon klar – man hätte liebend gern auf diese Herausforderung, gerade auch weil sie so unwägbar ist, verzichtet, aber gäbe es denn ohne sie so wunderbare Platte wie „DAMN.“, „We Got It From Here…“, „FLOTUS“, „in.ter a.li.a“, „American Dream“?!
Und eben auch „Sleep Well Beast“? Wobei die politische Komponente, die ja nun schon erstaunlich genug für The National ist, nur einen Teil der gelungenen Überraschung ausmacht. Neben der dunklen, hadernden, bedrohlichen Lyrik von „Walk It Back“ (mit einem ziemlich gruseligen Zitat zum Selbstverständnis der Neuen Rechten), „The System Only Dreams In Total Darkness“ und „Turtleneck“, neben dem ganzen Grant also, denn Berninger vorträgt, zeigt sich der Sound der Band von umwerfender Frische und Wandelbarkeit. Die Hälfte des Albums wurde offenbar völlig angstfrei in die Hände verständiger Programmierer gelegt, es pluckert, pocht und klackt nach Herzenslust und zwar immer an der richtigen Stelle, der Groove paßt und man merkt, wieviel Berninger, der zusammen mit den Dessners produziert hat, wohl aus seiner Zeit bei EL VY an lohnenswerten Erfahrungen einbringen konnte.
Darüber hinaus gibt es kratzig schiefen Bluesrock („Turtleneck“), zärtliche Liebeserklärungen an Frauen und Städte („Born To Beg“, „Guilty Party“) und sogar ein paar klug dosierte Erinnerungen an die alten Hits auf „Boxer“ und „Alligator“, hier mit schwungvollen Gitarren zu „Day I Die“. Noch mehr ließe sich noch aufzählen – die rührende Widmung an die kürzlich verstorbene Schwiegermutter von Aaron Dessner („Carin At The Liquor Store“) ist nur ein Moment von vielen. Dass Matt Berninger die anfängliche Vermutung vielleicht nicht ganz daneben findet, darauf könnte man bei seiner Erklärung des Plattentitels schließen: „… the beast for me isn’t a negative thing: it’s the future. We’ve all got kids, and when I see all of our kids… They’ve got a challenge ahead of them, but I feel positive about the future. The beast is like, wait until the youth wakes up. It’s an abstract thing.“ Musik wie diese könnte den Jungen und den Alten sicher dabei helfen, mit dem Beast klarzukommen, wenn es sich schon nicht von selber trollt. http://americanmary.com/
21.10. Hamburg, Elbphilharmonie
23.10. Berlin, Tempodrom
24.10. Berlin, Tempodrom
„Sleep Well Beast“
(4AD)
Um ehrlich zu sein, die Planungen bzw. Erwartungen für The National sahen ein wenig anders aus: Nach ihren beiden okayen, aber nicht gerade umwerfenden Alben „High Violet“ und „Trouble Will Find Me“ war man darauf gefaßt, wieder eines dieser grummelnden Standardwerke in Überlänge zu bekommen – die herrlichen Gründerzeiten lange aus dem Blick, das Nötigste getan, so schön gemütlich hier … Und nun? Nichts mit mittelalterlicher Genügsamkeit, kein Dienst nach Vorschrift. Sänger Matt Berninger hatte ja schon im Vorfeld der Veröffentlichung von Platte Nummer sieben im NME schon gewarnt: "I’m going very dark with the new National record, which is a place I love to go. People have always described our music as dark and say it goes very melancholy, somber places. They haven’t heard anything yet! This next thing is crazy.” Und zu viel versprochen hatte er dabei tatsächlich nicht, die Suche nach den Gründen hierfür endet aber mit einer etwas heiklen Antwort.
Was nämlich wäre passiert, so die etwas steile These, wenn der gefährliche Dumpfkopf und Toupetträger in den USA die Wahlen im Dezember letzten Jahres nicht gewonnen und also alles weiterhin seinen beschaulichen, wenn auch deutlich friedvolleren Lauf genommen hätte? Man kann ja nicht bestreiten, daß sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten unter den Künstlern, also auch Musikern (zumindest denen, die der Meinungsbildung grundsätzlich positiv gegenüberstehen), eine durchaus fruchtbringende Wut eingestellt hat, Trump zudem unfreiwilligerweise sogar eine Politisierung all derer herausgefordert hat, die bislang ihre Ansichten eher im Stillen formulierten und jetzt eine Art Erweckungserlebnis gegenwärtigen. Schon klar – man hätte liebend gern auf diese Herausforderung, gerade auch weil sie so unwägbar ist, verzichtet, aber gäbe es denn ohne sie so wunderbare Platte wie „DAMN.“, „We Got It From Here…“, „FLOTUS“, „in.ter a.li.a“, „American Dream“?!
Und eben auch „Sleep Well Beast“? Wobei die politische Komponente, die ja nun schon erstaunlich genug für The National ist, nur einen Teil der gelungenen Überraschung ausmacht. Neben der dunklen, hadernden, bedrohlichen Lyrik von „Walk It Back“ (mit einem ziemlich gruseligen Zitat zum Selbstverständnis der Neuen Rechten), „The System Only Dreams In Total Darkness“ und „Turtleneck“, neben dem ganzen Grant also, denn Berninger vorträgt, zeigt sich der Sound der Band von umwerfender Frische und Wandelbarkeit. Die Hälfte des Albums wurde offenbar völlig angstfrei in die Hände verständiger Programmierer gelegt, es pluckert, pocht und klackt nach Herzenslust und zwar immer an der richtigen Stelle, der Groove paßt und man merkt, wieviel Berninger, der zusammen mit den Dessners produziert hat, wohl aus seiner Zeit bei EL VY an lohnenswerten Erfahrungen einbringen konnte.
Darüber hinaus gibt es kratzig schiefen Bluesrock („Turtleneck“), zärtliche Liebeserklärungen an Frauen und Städte („Born To Beg“, „Guilty Party“) und sogar ein paar klug dosierte Erinnerungen an die alten Hits auf „Boxer“ und „Alligator“, hier mit schwungvollen Gitarren zu „Day I Die“. Noch mehr ließe sich noch aufzählen – die rührende Widmung an die kürzlich verstorbene Schwiegermutter von Aaron Dessner („Carin At The Liquor Store“) ist nur ein Moment von vielen. Dass Matt Berninger die anfängliche Vermutung vielleicht nicht ganz daneben findet, darauf könnte man bei seiner Erklärung des Plattentitels schließen: „… the beast for me isn’t a negative thing: it’s the future. We’ve all got kids, and when I see all of our kids… They’ve got a challenge ahead of them, but I feel positive about the future. The beast is like, wait until the youth wakes up. It’s an abstract thing.“ Musik wie diese könnte den Jungen und den Alten sicher dabei helfen, mit dem Beast klarzukommen, wenn es sich schon nicht von selber trollt. http://americanmary.com/
21.10. Hamburg, Elbphilharmonie
23.10. Berlin, Tempodrom
24.10. Berlin, Tempodrom