© Twentieth Century Fox / Arnold Schwarzenegger bereitet seine Mannschaft in “The Last Stand” für das Gefecht vor.
Clint Eastwood war schon in den 50er und 60er Jahren – man nehme „Für eine Handvoll Dollar“ oder „Für ein paar Dollar mehr“ – der amerikanische Ur-Held. Die Hand immer am Revolver, die Augen zusammengekniffen, das Duell um High-Noon, immer fest im Sattel seines Pferdes. Der Cowboy symbolisiert noch heute den Traum von Freiheit, wie es jeder Amerikaner spüren möchte. Umso merkwürdiger mag es anmuten, wenn ausgerechnet der südkoreanische Regisseur Kim Jee-woon in seinem US-Spielfilmdebüt „The Last Stand“ den Österreicher Arnold Schwarzenegger bei dessen Rückkehr in das Filmbusiness als eben solchen Helden darstellt. Der moderne Cowboy, mit einem Vickers-Maschinengewehr ausgerüstet und Pferdestärken, die sich unter der Motorhaube eines schnieken Sportwagens verbergen. Zehn Jahre hat Arnie nun pausiert, seit „Terminator: Rebellion der Maschinen“ keine Hauptrolle mehr gespielt. Nun ist er zurück.
In „The Last Stand“ ist er aber nicht nur irgendein dahergelaufener Cowboy, sondern Sheriff einer kleinen Stadt namens Sommerton Junction, nahe der mexikanischen Grenze gelegen. Und genau das wird dem Dörfchen zum Verhängnis. Drogenboss Gabriel Cortez (Eduardo Noriega) ist aus einem FBI-Gefangenentransport entflohen und steuert auf die Grenze zu, muss hierfür Sommerton durchqueren. Aber er hat die Rechnung ohne Sheriff Owens und seine Dorfpolizei gemacht. Diese versammelt sich mit allen auffindbaren Geschützen um Cortez und seinen Mannen entgegen zu treten. Was sich Owens als ruhigen Lebensabend mit einer Flasche Bier auf der Veranda vorgestellt hatte, entpuppt sich als Auseinandersetzung, die den alternden Sheriff zurück ins aktive Geschäft befördert.
Eduardo Noriega als Gabriel Cortez, hier noch in FBI-Gewahrsam
Und damit könnte die Geschichte von Andrew Knauer nicht treffender konzipiert sein. Arnold Schwarzenegger in einer Rolle, der er durch und durch gewachsen ist, kein unmögliches Können von ihm abverlangt. Die 80er Jahre Actionriege um Sylvester Stallone und Bruce Willis erleben derzeit ihren zweiten Frühling, nicht zuletzt ist das Stallones Bemühungen um die „Expendables“-Reihe zu verdanken. Wo dort zumindest der Name erkennen lässt, dass es sich um eine Reihe von entbehrlichen alten Hasen handelt und andere Action-Opas oft die Fackel an eine jüngere Generation weiterreichen, inszeniert Jee-woon mit „The Last Stand“ die Frischlinge als tölpelhafte Chaosgruppe, die nur durch den erfahrenen, alten Haudegen zusammen gehalten werden kann. Schwarzenegger hat den Durchblick, schaut höchstens verwundert drein und gibt ein „beeindruckend“ von sich, wenn Damen, noch älter als er selbst, zur Schrotflinte greifen um den Bösewicht zu durchlöchern.
Der Rest, wie man die Schauspielerriege die neben Schwarzenegger agiert, gerne zusammenfasen darf, ist eine bunte, wenig kompetente Gruppe aus einem rebellischen Trunkenbold (Rodrigo Santoro), einer verunsicherten jungen Frau (Christiana Leucas), einem dicklichen Angsthasen (Luis Guzmán) und Johnny Knoxville, der seine Rolle neben Dwayne Johnson in „Walking Tall“ wieder aufnimmt, eigentlich nichts weiter macht als sich selbst zu spielen, samt gefährlichen „Jackass“-Stunts. Nicht einmal Forest Whitaker kann ernst genommen werden. Er ist der ermittelnde FBI-Agent, der dem Kleinstadt-Sheriff nichts zutraut, selbst aber auch nicht vom Fleck kommt. Wenn es neben Arnold zwei Figuren gibt, die hier zu unterhalten wissen, sind es Peter Stormare als widerlicher Handlager von Cortez, sowie dieser selbst. Zwischen Cortez-Darsteller Eduardo Noriega und Arnold Schwarzenegger entwickelt sich so etwas wie „The Fast and the Furious“. Cortez als P.S.-liebender Drogenboss, der mit seinem Rennauto waghalsige Stunts vollführt und damit die Behörden vorführt und “Furious”-Arnold, der seine Stadt, sein Zuhause mit aller Feuerkraft beschützen möchte. „Das ist mein Zuhause“ rechtfertigt er sich, da kommt der Politiker wieder hoch, der die Waffen legitimiert um die Heimat in Sicherheit zu wiegen.
Arnold Schwarzenegger ist der Sheriff
Dennoch entwickelt sich ein schöner Actionstreifen, der aber keine besonderen Erinnerungen zurücklässt, wie so manch ein Auftritt Arnies in den 80er und 90er Jahren. Irgendwie haben sie alle ihre Spuren hinterlassen, sei es der „Running Man“ oder „Total Recall“, sei es der „Kindergarten Cop“ oder „True Lies“. Das gelingt mit „The Last Stand“ nicht. Obwohl Regisseur Jee-woon, der 1998 mit „Die verschwiegene Familie“ seinen auf der Málaga International Week of Fantastic Cinema ausgezeichneten Debütfilm inszenierte, immer wieder Bilder zeigt, die nicht zu einem Schwarzenegger-Film passen möchten. Das sind dann Kameraeinstellungen, einsame Landschaften, der Western-Stil, der einem visuell anspruchsvollem Autorenfilm entsprungen sein könnte, nicht aber „The Last Stand“ zugeordnet werden kann. Hierzu gehört dann auch ein recht gut gelungenes Finale im Maisfeld, beide Kontrahenten auf ihren „Pferden“, in ihren Autos. Das Mais nimmt ihnen die Sicht, das Rennen zur mexikanischen Grenze mitsamt abschließendem schlagkräftigem Duell, hier entfaltet der Film dann doch noch einmal ein gewisses Potential über den 08/15-Actionfilm hinaus.
Vermutlich ist „The Last Stand“ genau das, was ein jeder Schwarzenegger-Fan erwartet hat, was ein jeder Skeptiker liebend gerne in der Luft zerreißt. Die Innovation bleibt aus, mit langsamer Hartnäckigkeit kommt man nicht an temporeiche Inszenierungen heutiger Tage heran. Dass das nicht weiter schlimm ist, wird wohl nur die ebenso alte Riege wie Schwarzenegger selbst erkennen. Das nächste Mal nur bitte ohne störende Nebenfiguren.
Denis Sasse
“The Last Stand“
Originaltitel: The Last Stand
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 107 Minuten
Regie: Kim Jee-woon
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Forest Whitaker, Peter Stormare, Eduardo Noriega, Luis Guzmán, Jaimie Alexander, Johnny Knoxville, Harry Dean Stanton, Christiana Leucas, Rodrigo Santoro, Genesis Rodriguez
Deutschlandstart: 31. Januar 2013
Offizielle Homepage: laststand-film.de