Coming Of Age Tour
Milla, München, 26.01.2014
Zum Einstieg folgende Geschichte: Da nimmt man einen Freund mit zum Konzert im festen Glauben, die Hidden Cameras seien für ihn die absolute Premiere und bekommt hernach in einem Nebensatz serviert, er sei sehr wohl 2007 beim Abschiedsspiel von Mehmet Scholl in der proppevollen Allianzarena gewesen. Also kein Erstkontakt? Doch, behauptet der Gegenüber mit felsenfester Überzeugung, er habe das ganze Spektakel damals lückenlos verfolgt, von dieser Band sei ihm allerdings nichts untergekommen. Warum genau das so ist, ließ sich auch auf drängendere Nachfrage nicht feststellen – möglicherweise blendet der auf den „Stern des Südens“ konditionierte Bayernfan solcherlei artfremde, in diesem Falle sogar kuriose Bestandteile im Rahmenprogramm einfach aus. Atomic Café, Freiheiz, Feierwerk, jetzt die Milla – zumindest in München bespielen die Kanadier konsequent die kleinen Örtlichkeiten – für den besagten Newbie eine erstklassige Gelegenheit, das Konzert in nahezu familiärem Rahmen erleben zu dürfen. Und, nicht weiter erstaunlich: Er war begeistert.
Nicht nur er. Mit ihrem aktuellen Album „Age“ hat die (an diesem Abend siebenköpfige) Formation ja einen nicht unerheblichen Stilschwenk vollzogen, weg vom verspielten Folk der frühen Tage, hin zu kompakten, knackigem Wavesound, das ironische Augenzwinkern macht nun nicht selten der dringlich-ernsthaften Anklage Platz – zuviel für die eingeschworene Fanbase? Keineswegs, denn die neuen Stücke teilen sich an diesem Abend nicht nur zu gleichen Teilen die Setlist mit den liebgewonnenen Hits der vorangegangenen fünf Alben, sie finden auch ebensoviel Anklang wie jene. Der Einstieg mit „Doom“ und „Bread For Brat“ gelingt fulminant, auch die beiden Singles „Gay Goth Scene“ und „Year Of The Spawn“ sorgen mit Wucht und Leidenschaft für reichlich Jubel – den gibt’s dann ebenso für „In The NA“, „Breathe On It“, „Underage“ und natürlich „Music Is My Boyfriend“.
Ein weiterer Vorteil der begrenzten Räumlichkeit: Man kann die Interaktionen der Band deutlich besser verfolgen. Bei Joel Gibb ist man sich ja am Anfang nie ganz sicher, ob er wirklich einen guten Tag erwischt hat (bis man merkt, dass die verstörende Mimik der vollkommenen Konzentration geschuldet ist), Augenbinden, Mitmachchoreo, das berüchtigte Bühnenballett, all das war zur großen Freude aller wieder hautnah mitzuerleben. Gut vorstellbar, wie der eigenwillige Tanzstil Gibb’s den einen oder anderen hartgesottenen Kurvenbesucher vor lauter Irritation die Schweißperlen auf die Stirn treiben muss – an diesem Abend gab’s die Einlage zum kräftig pumpenden „Carpe Jugular“ der aktuellen Platte. Der ins Publikum geschickte Chorus holte die Band dann zu einer kurzen Zugabe zurück auf die Bühne, dann ist’s vorbei. Auch wenn man es ihren Anliegen nicht wünschen mag – die Hidden Cameras selbst bleiben gerade vor kleinem Publikum die Größten. Sagt nun auch der Freund.