„Home On Native Land“
(Outside Music)
Es würde alles so gut zueinander passen: Seit einem Jahr ist Justin Trudeau mit knapp fünfundvierzig als kanadischer Ministerpräsident im Amt und hat dem Land mit seinem liberalen Kurs zu noch mehr Aufmerksamkeit, Renommee und wirtschaftlicher Prosperität verholfen. Und, nicht zuletzt, zu fortgesetzter kultureller Blüte. Gerade in musikalischer Hinsicht ist Kanada seit einiger Zeit aus dem Schatten des ewigen Kontrahenten USA herausgetreten, Städte wie Quebec, Vancouver, Montreal und vor allem die Hauptstadt Toronto haben sich zu Melting Pots einer vielfältigen Bandszene entwickeln und Namen wie Arcade Fire, Black Mountain, The Besnard Lakes oder die Japandroids gehören heute schon fast zu Establishment. Daß also Joel Gibb, Kreativkopf des Queerfolk-Kollektivs The Hidden Cameras genau jetzt seine wiedererwachte Liebe zum Heimatland feiert und, wie man in einem Interview des Radiosenders CBC (zusammen mit Kollegin Peaches) hören konnte, immer öfter vor Ort anstatt an seiner Hauptadresse in Berlin weilt, wäre eine allzu schöne Pointe.
Doch was hübsch klingt, muß deswegen noch lange nicht richtig sein – Gibb hat, so ist zu lesen, schon seit zehn Jahren an (s)einem Country-Album gewerkelt und hielt den Zeitpunkt wohl für gekommen, „Home On Native Land“ genau jetzt zu veröffentlichen. Der Schnitt ist dabei kein kleiner, gerade hatte man sich an den dunklen Wave-Sound des Vorgängers „Age“ gewöhnt, an Stücke wie „Gay Goth Scene“, „Doom“ und „Skin And Leather“, da streift sich der Mann die Navy-Kombi über und macht sich auf den Weg durchs Unterholz, bereit, vor der zauberhaften Landschaft und ihren offenkundigen Reizen in die Knie zu gehen. Auf den Streifzügen wird er von einer erlesenen Schar an Freunden begleitet, Ron Sexsmith („Don’t Make Promises“, „Twilight Of The Season“), Neil Tennant („Ode To An Ah“), Feist, Rufus Wainwright und Mary Margaret O'Hara („Log Driver’s Waltz“) geben sich zu beschwingten und besinnlichen Standards die Studioklinke in die Hand.
Gibb leiht sich derweil zuhause ein paar Traditionals aus – „Log Driver’s Waltz“ gehört in Kanada zu den wohl meistgehörten Stücken, auch „Dark End Of The Street“ und „Don’t Make Promises“ kapert er frech von alten Meistern und gibt ihnen so einen neuen, erfrischenden Kontext. „Counting Stars“ wiederum gerät zu einer herrlich fetten Soulnummer und für „He Is The Boss Of Me“ zitiert er sich gleich mal selbst – das Stück stammt von einem fünfzehn Jahre alten Demo und bekommt hier in neuem Rahmen seine passende Würdigung, wobei man immer noch lange suchen muß, um eine ähnlich abgefahrene Liebeserklärung zu finden: „He is my walrus and I am his blubber…“ Welchen Beweggründen das Album nun auch immer folgen mag, man hat von den Hidden Cameras in der letzten Zeit selten Entspannteres gehört und es wäre deshalb nur gerecht, wenn Justin Trudeau hier mal ein Ohr riskiert. Denn in Sachen Summer-Playlist kann der Mann, anders als beispielsweise Barack Obama, noch einige Nachhilfe vertragen.
02.11. Wien, WUK
04.11. Linz, Ahoi Pop
10.11. Hannover, Feinkost Lampe
16.11. Oberhausen, Druckluft
17.11. Dornbirn, Spielboden
18.11. Luzern, Jazzkantine
22.11. Hamburg, Hafenklang
23.11. Wetzlar, Kulturzentrum
07.12. Berlin, Musik und Frieden
08.12. Augsburg, SoHo
09.12. Ebensee, Kino
10.12. Schorndorf, Manufaktur
14.12. Frankfurt, Das Bett
15.12. Köln, Luxor
17.12. München, Strom