awesomatik auf Buchfühlung
The Hateful Eight – Quentin Tarantino
Das mediale Trara war groß als Tarantino vor wenigen Wochen die Arbeiten an seinem neuen Western abbrach, nachdem das Drehbuch durchgesickert war.
Ich dachte mir, wenn das Kind sowieso schon in den Brunnen gefallen ist, dann darf ich es wohl auch lesen.
Schon das Drehbuch zu Django Unchained fand ich sensationell (und um einiges besser als den Film) und so konnte ich es kaum erwarten meine Augen auf den frischen Text zu legen.
Und was soll ich sagen! Wie immer geht es reichlich bleihaltig zur Sache. Aber wer aufgrund des Titels einen Western à la Die glorreichen Sieben erwartet, wird überrascht (und ggf. enttäuscht) sein.
Denn hier geht es nicht um sieben Verbündete sondern um acht Gauner, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen und das auf engstem Raum.
Der Inhalt spoilerfrei zusammengefasst: Späte 1880er Jahre, kurz nach dem amerikanischen Bürgerkrieg: Ein Kopfgeldjäger ist auf dem Weg eine Gefangene nach Red Rock, Wyoming zu bringen doch ein Blizzard zwingt ihn in einer Berghütte Untschlupf zu suchen, wo schon weitere Gäste vor dem Sturm ausharren. Nun sitzen die Hateful eight beieinander und keiner traut dem nächsten über dem Weg. Wer führt was im Schilde? Unheil scheint vorprogrammiert zu sein. Wer wird die Hütte am Ende lebendig verlassen?
Statt eines epischen Western bekommen wir hier also ein budgetschonendes und dialoglastiges Kammerspiel à la Geschlossene Gesellschaft oder Der Gott des Gemetzels (nur halt mit Pistolen).
Die Geschichte ist in fünf Kapitel aufgeteilt, spielt aber nur an zwei Orten. In und um einen Pferdewagen und in einer Berghütte.
Wie immer bei Tarantino legen die Charaktere ein überdurchschnittliches Maß an Coolness und Spitzzüngigkeit an den Tag. Kaum befinden sie sich gemeinsam in der Hütte beginnt das gegenseitige Abtasten. Dabei wird vor allem viel geredet. Ganz langsam aber unaufhaltsam kochen die Emotionen hoch.
Die Spannung wird vor allem dadurch erzeugt, dass die Protagonisten unberechenbar sind und der Zuschauer gegen Ende in einer Rückblende Zusatzinformationen bekommt, die ein blutiges Finale in Aussicht stellen.
Die Erzählweise und Spannungsmechanik erinnert hier stark an Szenen aus Tarantinos letzten Werken. Allen voran die Eingangsszene und die Kellerszene in Inglorious Basterds sowie die Dinnerszenen aus Django Unchained und Pulp Fiction.
All diese Szenen haben neben der Dialoglastigkeit gemeinsam, dass der Zuschauer etwas weiß, dass die Protagonisten nicht wissen und eine friedliche Auflösung wenig wahrscheinlich erscheint.
In The Hateful Eight treibt Tarantino diese Technik auf die Spitze und dehnt eine solche Situation auf Spielfilmlänge.
Man merkt, dass er sein Handwerk zu hundert Prozent beherrscht und über die Jahre perfektioniert hat. Bunte Charaktere, sensationelle Dialoge, tolles Setting und die obligatorischen Blutspritzer.
Und wenn es so gut ist, dann guckt man sich das auch gerne an. Und doch ertappt man sich dabei sich vorzustellen, wie es wohl gewesen wäre, wenn Tarantino zu neuen Ufern aufgebrochen wäre.
Dennoch ein rund um gelungenes Skript, das (wie immer) weit besser ist als der restliche Hollywood Einheitsbrei. Auf jeden Fall eine Lektüre wert.
Einziger wirklicher Kritikpunkt ist der vorhersehbare und uninspirierte Showdown. Dies ist vielleicht (hoffentlich) auch nur der ersten Drehbuchfassung geschuldet.
Fazit – Tarantino zitiert sich selbst
Einerseits überrascht uns Tarantino mit einem Western im Kammerspielformat anderseits wird man ein permanente Déjà-vu Gefühl nicht los. The Hateful Eight ist eine Art Best-of-Tarantino Film. Was will man also mehr? Best-of Platten sind doch super!
Das einzige Problem dabei ist, dass man die Lieder meistens schon zu oft gehört hat.
Wie wäre es mal mit einer neuen Platte?
Dennoch hoffe ich, dass dieses absolut lesenswerte Drehbuch doch noch seinen Weg in die Lichtspieltheater findet. Es ist angerichtet: Eintopf, Kaffee und Blei!
Wertung 4/5
1. Geht gar nicht 2. Is OK 3. Gut 4. Richtig gut 5. awesomatik!
awesomatik Kuriosum
Es wäre übrigens mehr als unwahrscheinlich, dass der Film am Ende “The Hateful Eight” geheißen hätte, denn alle bisherigen Filme Tarantinos bestehen aus nur zwei Worten: Pulp Fiction, Inglorious Basterds, Reservoir Dogs, Django Unchained, Kill Bill, Death Proof, Jackie Brown (Von gut zu weniger gut sortiert).
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0.000000 0.000000Schlagworte: Drehbuch, leaked Script, Quentin Tarantino, The Hateful Eight, Tim Roth, Western