"The Grandmaster”

© Berlinale / Wong Kar Wai inszeniert mit

© Berlinale / Wong Kar Wai inszeniert mit “The Grandmaster” eine Hommage an Ip Man

Regentropfen fallen in ihrer ganzen Schwere zu Boden, die Kamera fängt ihren Aufschlag auf dem Boden ein, als seien es Bomben. Eine kleine Vorausschau auf die Invasion Japans, die der chinesische Regisseur Wong Kar Wai als einen zentralen Bestandteil seines neuen Regiewerks „The Grandmaster“ herausgearbeitet hat. Von den Regentropfen wechselt der Blick in das Gesicht eines Mannes, der sich zum Kampf bereit stellt. Ip Man bekommt es in diesem regnerischen Moment mit einer ganzen Schar von Kontrahenten zu tun, steht einsam mit seinem weißen Hut in einem Hinterhof, bedrängt durch die vielen Männer, die ihm nichts Gutes wollen. Nach diesem Kampf wird ein zweistündiger Biographiefilm beginnen, in dessen Mittelpunkt Ip Man steht, ein Kung-Fu Meister im China der 1930er Jahre. Gespielt wird dieser Ip Man, wie sollte es in einem Film von Wong Kar Wai auch anders sein, von Tony Leung, der hier wie ein kampferprobter, chinesischer George Clooney an der Seite von Ziyi Zhang agiert, Darstellerin in Filmen wie „Tiger & Dragon“ oder „Die Geisha“.

Er ist nun dieser Ip Man, der bereits mit sieben Jahren von seinem Meister Chan Wah-shun in die Kunst des Martial Arts eingeführt wurde, viele Jahre bevor er seine Frau Cheung Wing-sing heiraten wird. Es erscheint auf den ersten Blick wie ein ruhiges Familienleben, das dann aber durch die Ankunft des nördlichen Martial-Arts Meister Gong Yutian gestört wird. Dieser hat sich als aktiver Kämpfer zur Ruhe gesetzt und Ma San als seinen Nachfolger bestimmt. Dieser ist es aber auch, der sich gegen den ehemaligen Meister richtet, ihn tötet und so den Hass der Tochter Gong Er auf sich lenkt. In den folgenden Jahren treten auch Ip Man und Gong Er immer wieder in Kontakt zueinander, aber der Bürgerkrieg verändert beider Leben. Ip Man verliert seine Familie, verfällt in Einsamkeit und Armut. Es zieht ihn nach Hongkong, wo er sich ein Leben als Martial-Arts Lehrer erhofft. Hier ist es auch, wo Gong Er ein letztes Mal auf Ma San trifft, den Mann dem sie bittere Rache für den Mord an ihrem Vater geschworen hat.

 

Ziyi Zhang ist Gong Er in

Ziyi Zhang ist Gong Er in “The Grandmaster”

Dabei ist diese Kar Wai-Erzählung noch viel facettenreicher, unterteilt in viele Episoden, der Fokus immer wieder auf einer anderen Person. Nun mag es an westlichen Sehgewohnheiten liegen oder aber eben an diesen vielen Sprüngen von Figur zu Figur, dass „The Grandmaster“ in seiner Gänze schwer zu erfassen ist. Die vielen Geschichten, die sich hier nach und nach entfalten, immer neue Figuren hinzudichten, immer neue Schicksalsschläge parat halten, immer wieder in der zeitlichen Historie umher schweifen, werden nur sehr lose miteinander in Verbindung gebracht. Immer mal wieder kommt es zu Überschneidungen, nur um im nächsten Moment wieder wie ein gänzlich neuer Film zu erscheinen. Bei all den Irrungen und Wirrungen, für die vollste Konzentration vom Zuseher gefordert wird, bleibt Wong Kar Wai bei der Wahl seiner ästhetischen Mittel dann wiederum überraschend konsistent, wechselt nicht wie so manch ein Martial-Arts Film die Schauplätze wie bei der Level-Auswahl eines Computer-Prügelspiels. Die größten Änderungen ergeben sich durch diverse Umwelteinflüsse, so darf es mal der eingangs erwähnte Regen sein, der die Szenerie ästhetisieren soll, dann wieder Schnee, Nebel oder der Dampf einer Lokomotive. Es scheint als wolle sich das Bild niemals klar den Sichtverhältnissen ergeben, vielleicht auch nur um die arg hektisch gefilmten Kampf-Choreographien noch weiter in Unkenntlichkeit zu hüllen, gar zu verschleiern, dass man hier eher schwammig gearbeitet hat. Immer wieder konzentriert sich Kameramann Philippe Le Sourd auf Hände und Füße, wohl wissend hier wesentliche Körperteile des Kung Fu einzufangen, dabei aber gleichzeitig die Regeln des Filmkampfes außer Acht lässt. Was Le Sourd wiederum gut gelingt, ist es die Hauptdarsteller in das Gedächtnis der Zuschauer zu brennen, ewige Großaufnahmen nehmen den Blick auf mögliche Landschaften, auf schöne Inneneinrichtungen, auf das historische Gefühl. Immer steht für Wong Kar Wai der Darsteller im Mittelpunkt, niemals gibt er den Bildern die Gelegenheit, selbst und für sich ihre Wirkung zu entfalten.

Es ist eine filmische Schwere, die sich über „The Grandmaster“ legt, der als Mainstream-Film gedreht, wenig zur Unterhaltung, mehr zur Konzentration anregt. Dementsprechend wirken auch die Gespräche wie lyrische Philosophie, niemals wird ein leichtes Wort gewählt, immer müssen die Unterhaltungen bedeutungsschwere Symboliken enthalten, denen man sich entweder hingibt oder aber irgendwann abschaltet, seine Zeit absitzt und versucht den rar gesäten Kämpfen den einen oder anderen Spaßfaktor abzugewinnen.

 


 

The Grandmaster_Hauptplakat

“The Grandmaster“

Start: noch nicht bekannt – Originaltitel: „Yi dai zong shi“ – Hongkong / China 2012 – noch keine Angabe zur Altersbeschränkung – 120 Minuten – Regie: Wong Kar Wai – Drehbuch: Wong Kar Wai, Xu Haofeng, Zou Jingzhi – Darsteller: Tony Leung Chiu Wai, Ziyi Zhang, Cung Le, Chen Chang, Hye-kyo Song – Homepage: Berlinale Seite zu “The Grandmaster”


 


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