Mystery meets Crime aus dem Splatter-meets-Comedy-Hause Raimi. Eine wahrlich teuflische Mischung, zumal Raimi die verästelten Bäume, geheimnisvollen Sträucher, absonderlichen Grünanlagen, peitschenden Regentropfen und donnernden Gewitterwolken, diesen unnahbaren Ort schwebender Dämonen und bizarrer Visionen, direkt aus dem Tanz der Teufel übernommen zu haben scheint, wodurch "The Gift" oft als wiederbelebter Retro-Horror wirkt, der seine Gruselatmosphäre dem effektiven Klischeekasten einschlägiger, wetterbedingter Genrezutaten entnimmt.
Das Anhängsel "Horror" trifft es allerdings nicht richtig, es ist mehr ein zwischen quietschenden Türen und brüchigen Dielen leise umher tapsender Minimalhorror. Zunächst seziert Raimi die ebenso von Gewalt wie von Psychosen geprägte Gesellschaft einer eigentlich herzenswarmen Kleinstadt mit ihren Depressionen und jener leidenschaftlichen Hingabe zum Okkultismus, die gleichzeitig als Problemlöser gilt, umso besser man seine Zukunft kennt, um später zum waschechten Krimi, dem darin intendierten Kampf der Forensik gegen höhere Mächte, und schließlich zum Krimi moralischer Gewissensentscheidungen auszuholen. Puh! Viel Drehbuchstoff für einen straighten Genrefilm.
Das Problem der Redundanz, das sich daraus ergeben könnte, befällt auch "The Gift". Nie weiß der Film, in welche Richtung er fahren soll, aus diesem Grund versucht er in jede Richtung parallel zu steuern und bekommt aufgrund seiner halsbrecherischen Themenfahrt gar nicht mit, dass über die diskussionswürdigsten Ecken des Plots – ein Unschuldiger in der Todeszelle beispielsweise – widerspruchslos gerumpelt wird, als gelte es, schnell zum nächsten Thema in möglichst kurzer Zeit zu lenken. Wäre da nicht auch noch die bleierne Eintönigkeit des Gezeigten. "The Gift" ist kriminalistisch vorhersehbar, gruselig platt und moralisch Mainstream, ist mancherorts langweilig, fast immer unspannend, und meist tröpfelt alles vor sich hin, ähnlich der gezeigten Wassertropfen in Zeitlupe.
Raimi schafft es nur unter größter Anstrengung zu fesseln, er schafft es folgerichtig nicht über die gesamte Laufzeit, aber zumindest in einigen Geistesblitzen morbider Einzelszenen denkt er ein Gefühl zu Ende. Die Gerichtssequenzen formen eins der Intensität, das neblige Finale im Wald hingegen das der irritierenden Manipulation, wenn der Zuschauer nicht weiß, welchen Täter er genau verdächtigen soll. Auch die Besetzung ist unumwunden treffsicher gewählt, ja souverän gespielt: Cate Blanchett – berechnend blass, kühl und zweifelnd; Keanu Reeves – rassistisch, jähzornig, ordinär, fanatisch aus allen Poren explodierend; Katie Holmes – männergeil, schlüpfrig, vulgär; Giovanni Ribisi, Hilary Swank – gutmütig, isoliert, hoffnungssuchend, den Geistern der Vergangenheit entkommend. Und dem (seelischen) Hinterwald.
5 | 10