Der FC Chelsea ist alles für Tommy. Alles dreht sich um Fussball. Doch Tommy ist selten im Stadion zu finden, lieber verteidigt er seine Vereinsfarben auf den Straßen Londons oder in der britischen Provinz bei Auswärtsspielen. Auf einem Acker, in einer Seitenstraße oder in einem Tunnel, denn Tommy ist Hooligan und Mitglied einer streng hierarchischen Gang. Zwischen Bürgerlichkeit und Straßenehre, Blumensträußen und Koks. Bis zum bitteren Ende.
Ganz in der Tradition von Danny Boyles Trainspotting ist The Football Factory ein Drama, welches sich mit britischen Subkulturen auseinandersetzt. Anders als beispielweise der etwas bekanntere aber thematisch identische Hooligan-Film Green Street Hooligans, gibt The Football Factory ein wesentlich authentischeres, schmutzigeres Bild der Gewalt ab. Während Hooligans zu zwei Dritteln einem Tourismuswerbefilm für Schlägereien ähnelt, gibt sich The Football Factory zwar auch abenteuerlich, offenbart aber auch früh die Schattenseiten dieser "Berufung", lässt jede leider letztlich die Konsequenz vermissen.
Im Film geht es zu wie in Gangs Of New York. Chelsea, Tottenham, Millwall, Stoke. Ein Kampf zwischen Städten und Distrikten. Für Max und Erika Mustermann eine Parallelgesellschaft. Um insbesondere die Kampfszenen möglichst authentisch zu gestalten, beteiligten sich ehemalige und noch aktive Hooligans an der Produktion. The Football Factory beleuchtet in seinen kurzweiligen anderthalb Stunden aber nicht nur die Gewalt nach außen gegenüber anderen Gruppierungen, sondern auch jene Brutalität innerhalb der eigenen Strukturen. Letztlich ist es aber immer ein herunter gebrochenes klischeehaftes "Wir gegen den Rest der Welt".
Fussball spielt in Nick Loves Film eine untergeordnete Rolle. Es geht viel mehr um Traditionen, Rituale und Macht innerhalb der sogenannten Firmen. Ein Ball verkommt da schnell zur Nebensache und nur zum Vorwand für stumpfe Schlägereien. Wirklich abschreckend wirkt der Film dabei selten. Es bleibt eine stetige Distanz zwischen uns und den Figuren und die unterschwellige Verharmlosung der Thematik und ihren Konsequenzen zeugt nicht grade von einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Problem Hooligans. Bei aller legendären Glorifizierung darf man nie vergessen, dass durch Hooligans zahlreiche Menschen ihr Leben verloren, nicht zuletzt bei den Katastrophen von Heysel Mitte der 80er Jahre. Da war am Ende der deutlich klarer im Mainstream angesiedelte Green Street Hooligans konsequenter.
Stattdessen wirkt der Film zwischenzeitlich eher satirisch und ironisch, was auch am permanenten Off-Kommentar des Hauptdarstellers Danny Dyer liegt. Dyer und auch die anderen Darsteller agieren eher bescheiden. Lediglich Frank Harper überzeugt in seiner Rolle als Firmleader. Großartig ist dagegen der Soundtrack, u.a. prominent besetzt mit Britpop von The Jam, The Streets und Primal Scream. Zum Teil wurde The Football Factory übrigens von den Videospielveteranen Rockstar Games produziert. Einer der Protagonisten spielt sogar kurz eine Runde Grand Theft Auto. Letztlich ist The Football Factory vielleicht der berühmteste Subgenrevertreter, reiht sich aber nur in die endlose Reihe durchschnittlicher Hooligan-Filme wie Green Street Hooligans oder Cass ein. Klassenprimus bleibt weiterhin Alan Clarkes TV-Film The Firm mit Gary Oldman in der Hauptrolle.
OT: The Football Factory VÖ: 2004 Laufzeit: 91 Minuten FSK: 16 R: Nick Love D: Danny Dyer, Neil Maskell, Frank Harper
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Christian
Bildquelle: Kinowelt