The End of the Tour

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The End of the Tour

8Drama

David Foster Wallace galt schon zu Lebzeiten als gefeierter Schriftsteller und introvertierte, komplexe Persönlichkeit. In The End of the Tour stellt sich Jason Segel, der sonst eher aus Komödien bekannt ist, der schwierigen Aufgabe den Autor auf der Leinwand darzustellen – mit Bravour.

Um sein Buch Ein unendlicher Spaß (Originaltitel: Infinite Jest), einem über tausend Seiten starken Wälzer, zu vermarkten, unternimmt Wallace (Jason Segel), so schwer es ihm fällt, aber es gehört nun mal auch zu den Aufgaben eines Autors, eine Buchtour quer durch Amerika. Auf der letzten Etappe begleitet ihn der „Rolling Stone“-Autor und selbst angehender, von Komplexen behafteter Schriftsteller David Lipsky (Jesse Eisenberg) um ein ausführliches Interview mit dem, laut Lipskys Auffassung, genialen Wallace zu machen. Es entsteht eine sehr eigenwillige Freundschaft, die mitunter auch von Neid, Eifersucht und Enttäuschungen geprägt ist und im Allgemeinen das Bild des genialen Autors in Frage stellt. Das Interview wurde nie gedruckt, stattdessen veröffentlichte Lipsky, basierend auf den Tonbandaufnahmen, 2010 seinen Roman Although Of Course You End Up Becoming Yourself: A Road Trip with David Foster Wallace, zwei Jahre nach dem Selbstmord von Wallace.

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The End of the Tour bietet den Hauptdarstellern Eisenberg und Segel eine perfekte Plattform ihre Schauspieltalente unter Beweis zu stellen, ist es doch eine Geschichte, die in erster Linie von ihren Darstellern lebt. Regisseur James Ponsoldt bemüht sich zwar redlich die Zweisamkeit seiner beiden Hauptfiguren in eine künstlerische (filmische) Klammer zu setzen, die jedoch aus dem tragischen Selbstmord von David Foster Wallace besteht und dadurch, muss man leider sagen, für den Film recht billig ausfällt und eher wie eine erzwungene, emotionale Effekthascherei wirkt. Auch erscheint sie viel zu sehr aufs Auge gedrückt und plakativ. Am besten funktioniert The End of the Tour, wenn sich Ponsoldt voll und ganz auf seine Schauspieler verlässt.

Während man bei Eisenberg schon oft erlebt hat, dass er das nötige Talent besitzt um tragische Figuren zu mimen, Figuren vor allem, die von einer Verlorenheit (Night Moves) und Verletzlichkeit (The Social Network) und Einsamkeit (The Double) geprägt sind, die sich zwar deutlich auf seinem Gesicht spiegeln, aber unter der Oberfläche noch viel stärker brodeln, darf man bei Segel, der ja bisher vorwiegend sein komödiantisches Talent bewiesen hat, zunächst skeptisch sein, ob er wirklich die beste Wahl als Darsteller für David Foster Wallace ist. Bereits nach kurzem zeigt sich jedoch eine überraschende Umkehrung. Segel reißt den Film an sich und überzeugt mit einer durchgehend authentischen Leistung, schafft es das Charisma, die Komplexität, aber auch das tiefsitzende, innere Leiden von David Foster Wallace bis in die kleinsten Nuancen beeindruckend darzustellen. Schnell sind alle Zweifel aus dem Weg geräumt und Segel kann neben Eisenberg nicht nur bestehen, sondern stellt ihn sogar in den Schatten.

Ironischerweise funktioniert gerade dadurch das Zusammenspiel der beiden perfekt, denn The End of the Tour lebt ja praktisch von dem Kontrast zwischen dem, in den Medien als überlebensgroßen, genialischen Schriftsteller gefeierten David Foster Wallace und dem unscheinbaren, nach Aufmerksamkeit und Popularität (sprich, schriftstellerischem Erfolg) lechzenden David Lipsky. Ein Umstand, den beide Schauspieler perfekt verkörpern und mehr. Denn auch die Figuren an sich sind nicht ohne ihre jeweiligen Widersprüchlichkeiten. Da wäre Wallace, der sich zwar scheinbar nichts sehnlicher wünscht als Anonymität und Ruhe, aber gleichzeitig schmerzhaft unter seiner Isolation und Einsamkeit leidet. Oder Lipsky, der sich selbst im Schatten von Wallace sieht und ohne Zweifel eifersüchtig auf das schriftstellerische Talent seines „großen Bruders“ ist, aber wiederum ein erfüllteres Leben aufweisen und weitaus leichter Kontakt zu seinen Mitmenschen knüpfen kann. Beide sind sie aufeinander Eifersüchtig und Neidisch. Beide wollen Dinge, die der jeweils andere hat. Beide sind oftmals nicht in der Lage sich in den anderen hineinzuversetzen.

Überhaupt spielt die Frage nach und die Findung der eigenen Identität und der Wunsch sich aus der Perspektive eines anderen betrachten zu wollen, ihn auch verstehen zu wollen, eine große Rolle. Während Wallace so wirkt, als wüsste er wer er ist und was er will, über seine Fehler und Probleme als Mensch ganz genau Bescheid, hat man bei Lipsky oft den Eindruck, er hätte sich selbst als Mensch noch nicht gefunden. Die Geschichte wird dadurch nicht nur ein Versuch den anderen zu verstehen, sondern gleichzeitig ein Prozess eigener, innerer Reife und eine Reise in sich selbst. Beides ist dabei ineinander verzahnt und verkantet, das eine funktioniert nicht ohne das andere. Wie schon John Steinbeck in Bezug auf das Thema seines Romans Von Mäusen und Menschen geschrieben hat:

In every bit of honest writing in the world there is a base theme. Try to understand men, if you understand each other you will be kind to each other. Knowing a man well never leads to hate and nearly always leads to love.

Und um nichts anderes geht es in The End of the Tour.

Regie: James Ponsoldt, Drehbuch: Donald Margulies, Darsteller: Jesse Eisenberg, Jason Segel, Mamie Gummer, Joan Cusack, Filmlänge: 106 Minuten, gezeigt im Rahmen der Viennale V’15, endofthetour-movie.com


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Autor

Marco Rauch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.


 
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