The Divine Comedy: Vornehm Richtung Abgrund

The Divine Comedy: Vornehm Richtung AbgrundThe Divine Comedy
„Foreverland“

(PIAS)
Und es bleibt dabei: Die unterhaltsamsten Platten der Insel kommen nach wie vor von Neil Hannon und seiner Göttlichen Komödie. Schon die letzte Platte „Bang Goes The Knighthood“ war eines dieser kleinen Wunderwerke feinsinnigen, englischen (in diesem Falle natürlich nordirischen) Humors, so schwarz wie die Zukunftsaussichten des Königreichs dunkel, natürlich zutiefst melancholisch, zärtlich, liebevoll. Hand auf’s Herz, bei welchem anderen Künstler nimmt man sich bereitwillig die Zeit, im mitgelieferten Textbüchlein zu schmökern? Selbst unter den besten Songschreibern gibt es wenige, wo die Inhalte der Verpackung Paroli bieten können, Hannon verbindet mühelos beides, wunderbare Melodien und äußert unterhalsame Lyrik. Ein Brite, der dem größten aller Franzosen, zumindest nach dessen eigener Meinung, ein Ständchen singt – viel besser als mit „Napoleon Complex“ kann’s ja gar nicht beginnen. Und er bleibt royal, versucht sich an der Ehrenrettung von Katharina der Großen: „She might have conquered a third of the world, but inside she was a sensitive girl, Catherine the Great. With her military might, she could defeat anyone that she liked and she looked so bloody good on a horse.”
Eigentlich sitzt mal bei Hannon die ganze Zeit auf der Schippe und fühlt sich äußerst wohl dabei, auch wenn man nie so ganz genau weiß, wie er’s denn nun meint. “To The Rescue” könnte ein versteckter Aufruf zur Selbstjustiz sein, möglicherweise persifliert er diese aber auch nur als übertriebene, abendländische Wohlstandsangst (“When the world won't understand, government's got other plans, take the law into your hands, to the rescue…”), auch die Flucht zu beschaulichen Lieblingsorten ist hier eine trügerische zweischneidige Sache (“When everything goes to shit and everyone blames you for it, when good goes bad, bad to worse, I go where I went first, I go to my happy place…”), Hannon nimmt sich und uns nicht sonderlich ernst und gerade das macht seit jeher den Reiz seiner Songs aus.
Herrlich überzeichnet die Konsequenz einer gescheiterten Beziehung, nichts bleibt ihm, um die Erinnerung zu tilgen, als der Eintritt in die Fremdenlegion, einmal mehr trägt seine Dichtung hier die Züge der Monty Pythons: “I joined the Foreign Legion, somebody to forget, she said I'd find it easier, if I had amnesia, who she was, I do not recollect, I joined the Foreign Legion to forget…” Im Diskostampfer “How Can You Leave Me On My Own” macht er sich samt Eselsgeschrei gleich selbst zu Deppen, zum “bad-smelling, couch-dwelling dickhead” und “bed-head, brain-dead caveman”, als “distinguished man“ seiner Klasse ertränkt er seinen Kummer natürlich nicht in schnödem Alkohol, sondern mästet sich mit „too many cups of tea and eat too many biscuits” – jämmerliche Selbstgerechtigkeit at its very best. Ganz zum Schluß singt er dann noch von der wahren Liebe und hält das tatsächlich, man darf aufatmen, bis zum letzten Takt ohne jede Ironie durch, Partnerin Cathy Davey, die vorher schon bei „Funny Peculiar“ an seiner Seite singt, wird’s mit Freuden hören. Plump, aber passend: Ganz großes Kino. http://thedivinecomedy.com/
13.02.  Berlin, Huxley's
18.02.  Hamburg, Mojo Club

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