Michael Fassbender in Ridley Scotts “The Counselor”.
Ein Gepard rast über einen Landfleck, dicht vor ihm ein kleiner Hase. Beute. Das wohl schnellste Landtier des Planeten wird sein flinkes Opfer irgendwann packen, dass ist unumgänglich. Der Hase hat von Anfang an keine Chance. Die Szene wird durch ein Fernglas beobachtet – von Javier Bardem als exotisch exzentrischen Reiner und von dessen Freundin Malkina, visuell selbst zu einer Geparden-Lady verarbeitet, gespielt von der sonst strahlend-lächelnden Cameron Diaz. In Ridley Scotts The Counselor ist sie nun aber die menschliche Verkörperung dieses Anfangsmoments. Sie ist der Gepard, auf der Jagd nach dem Hasen: Michael Fassbender, der sich anfangs noch mit Penélope Cruz unter der Decke wälzt, wie zwei Hasen in ihrem Kaninchenbau. Er ist hier als Rechtsanwalt (Counselor) unterwegs, der nach einem vermasselten Drogengeschäft, das ihm eine hübsche Summe Geld einbringen sollte, im Hasensprint durch die Handlung flieht.
Vorsicht Spoiler! möchte man warnen, wenn nicht von vornherein alles darauf ausgelegt wäre, Cameron Diaz hier als diabolisches Mastermind zu präsentieren, das sich letztendlich sogar als Hauptakteur des Films darstellt. Ridley Scott hat hier vielleicht zu viel Wert auf seine Leading Lady gelegt, verpasst ihr einen Lidstrich, der an ein Gepardenauge erinnert, tatoowiert ihr zugleich einige Fußabdrücke eines solchen Raubtiers grazil auf den Rücken. Immer in Begleitung zweier realer Geparden, die menschlich geschmückt mit diamantbesetzten Halsbändern neben Diaz herstolzieren. Ein Bild von einer Frau, das man nicht so schnell vergessen kann. Dafür darf und kann der Rest des Films dann übersehen werden. Scheinwerferlicht und Konzentration auf die Konstruktion der bösen Dame, die Männer (Fassbender, Bardem, Pitt) haben sich ihr unterzuordnen, die Handlung leider aber auch.
Cameron Diaz als Mensch gewordener Gepard.
Ridley Scott, Regisseur von beeindruckenden Werken wie Alien oder dem Blade Runner, tut sich schwer im Katz- und Mausspiel, scheint oftmals selbst den Fokus zu verlieren. Das möchte er mit pseudo-intellektuellen Weisheiten kaschieren, die in zu vielen Dialogen Einzug halten. So sehr die schlauen Worte auch aus der Handlung heraussprudeln, sie tragen weder zur Verständlichkeit bei, noch kann man durch sie ein emotionales Band zu den Charakteren knüpfen. So ist lediglich gewährleistet, dass die Jägerin munter drauflos morden kann (obgleich sie sich selbst die Pfoten nicht schmutzig macht), ohne dass der Zuschauer jedoch auch nur einen Hauch an Anteilnahme mit den Häschen verspürt. Wir nehmen scheinbar den Blickwinkel des Geparden ein: kühl, berechnend, erbarmungslos.
Die Langeweile, die sich hier ebenso schnell ausdehnt wie ein Gepard über das Land huscht, ist vor dem Hintergrund des Drehbuchautors Cormac McCarthy kaum zu erklären. Mit Romanvorlagen zu Filmen wie dem Endzeit-Szenario The Road und dem Oscar-Gewinner No Country For Old Men der Coen-Brüder, hat man den Weg für eine glanzvolle Neuausrichtung seiner Schreibkarriere geebnet, die gnadenlos im Sande verlaufen ist. Mr. McCarthy mag ein hervorragender Romanautor sein, hier wirkt es jedoch so, als habe er noch nie etwas von Filmdramaturgie gehört. Noch größer die Verwunderung, wenn selbst ein gestandener Regisseur wie Ridley Scott eine solche Unzulänglichkeit nicht mehr auffangen kann.
Originaltitel: The Counselor
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA / GB / E, 2013
Länge: ca. 117 Minuten
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Michael Fassbender, Penélope Cruz, Javier Bardem, Cameron Diaz, Brad Pitt
Kinostart: 28. November 2013
Im Netz: www.thecounselormovie.com