“The Best Offer” von Guiseppe Tornatore

Erstellt am 15. März 2013 von Denis Sasse @filmtogo

© Warner Bros. Pictures Germany / Geoffrey Rush und Sylvia Hoeks in “The Best Offer”

Dass der italienische Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Oscar-Preisträger Giuseppe Tornatore ein Märchenerzähler ist, dass hat er nicht zuletzt mit seinem großartigem Werk „Cinema Paradiso“ bewiesen, 1990 mit dem Academy Award als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Eine Liebeserklärung an das Kino, sozusagen an das Märchenerzählen selbst. Mit „The Best Offer“ schwindet das romantische Bild eines Filmvorführers, der voller Leidenschaft seine Profession mit einem kleinen Jungen teilt. Der Kunst bleibt er dennoch treu. Er inszeniert Geoffrey Rush („The King’s Speech“) als Auktionator und Kunstliebhaber, Gemäldesammler, Schätzer von wertvollen Überbleibseln vergangener Tage. Dieser taucht immer wieder ein in ein märchenhaftes Meer von Gemälden, gut verschlossen in einem begehbaren Safe. Der Wert der hier lagert, die zahlreichen Portraits hübscher Frauen, ist immens. Er möchte nicht teilen, dies ist sein Refugium. Und doch hält der Film, gedreht in Triest, im nordöstlichen Italien, sowie in Wien und Südtirol, nicht damit zurück, in diese verschlossene Welt einzudringen. Auf die sanfte wie auch auf die harte Art und Weise. So märchenhaft diese Geschichte dann auch beginnt, so gewitzt der fast schon Kriminalfall ähnliche Twist ausgearbeitet wurde, so sehr übernimmt sich „The Best Offer“ doch auch an den Dingen die hier miteinander in Einklang gebracht werden sollen.

Das beste Angebot, dass der Film uns machen kann, ist sein Hauptdarsteller. Geoffrey Rush als misanthropischer fast-Einzelgänger, dessen Hände, immer in Handschuhe eingepackt, nicht in Kontakt mit der schmutzigen Welt kommen dürfen. Diese feinfühligen Utensilien, sein Arbeitswerkzeug, sind allenfalls dafür da, behutsam über antiquierte Artefakte zu streichen. Rush spielt seine Rolle mit beschwingter Leichtigkeit, balanciert dabei von einfältiger Groteske über verliebt verschmitzte Heiterkeit bis hin zur menschlichen Zerstörung, am Boden liegenden Wahnsinn. Ein Facettenreichtum, der in dieser Form nur schwer zu bewältigen, von Rush aber eben stimmungsvoll gespielt wird. Für Stimmung sorgen dann auch immer die entsprechenden musikalischen Töne, beigesteuert von Ennio Morricone, der mit seinen Kompositionen ein Abbild Rushs geschaffen hat. Der kultivierte Mann wird mit klassischen Klängen begleitet, tänzelnde Noten bieten einen verspielten Witz, der sich ebenso in dem trockenen Zynismus von Rushs Figur wiederfinden lässt. Aber auch für die großen atmosphärischen Änderungen ist Morricones Musik verantwortlich. Wenn das Märchen sich in einen Psychothriller, einen menschlichen Krimi wandelt, dann nimmt auch die Musik die entsprechende Klangfarbe an.

Geoffrey Rush und Sylvia Hoecks

Geoffrey Rush spielt Virgil Oldman, eben jenen obsessiven Antiquitätenjäger, der eine größere Beziehung zu alten Dingen pflegt als zu Menschen. Daher ist es auch nur ein rein professionell berufliches Miteinader, welches er zu Robert (Jim Sturgess) hegt, einem jungen Restaurator, der mechanische Geräte aus allen Epochen wieder auf Vordermann bringt. Selbst sein alter Mitstreiter Billy (Donald Sutherland) ist ihm nur dienlich, um bei Auktionen kostengünstig die begehrten Portraits zu ersteigern. Dann aber soll ein Telefonanruf alles ändern, Emotionen schleichen sich in Virgils stoisches Leben. Eine junge Frau bittet ihn, ihr beim Verkauf ihres Familienbesitzes zu helfen. Er erstellt für sie eine Inventarliste, organisiert den Transport, die Restaurierung und lässt einen Katalog der Kunstgegenstände anfertigen. Doch niemals lässt die Frau sich blicken, bleibt ihm fern. Gerade das scheint in Virgil eine gewisse Faszination zu erwecken, wie er sie bisher nicht kannte. Denn Claire (Sylvia Hoeks), wie Virgils neue Obsession heißt, ist ebenso menschenfremd wie er selbst, leidet an Agoraphobie, lebt verschlossen hinter den Mauern ihrer eigenen Wohnung.

Hierin liegt das Märchen verborgen, das von Tornatore viel zu schnell aufgegeben wird. Virgil, der eine Wand fast lückenlos mit Frauenportraits bestückt hat, in einem verschlossenen Raum sicher verwahrt und konserviert, beginnt sich in eine Frau zu verlieben, die sich selbst hinter einer Wand einsperrt, das Leben und die Menschen scheut, voller Angst – nur mit Stein zwischen sich und Virgil – mit ihm zu kommunizieren beginnt. Ein märchenhafter Aufbau: Zwei Menschen die die Menschen scheuen, die nicht miteinander in Kontakt treten wollen und können und es doch irgendwann tun. Das ist die erste Hälfte des Films, die mal wie eine Geistergeschichte wirkt, wenn Virgil die Stimme Claires in dem Haus vernimmt, sie aber doch nicht zu sehen bekommt, dann romantisch angehaucht zu einer ganz besonderen Liebesgeschichte mutiert. Aber schon sehr bald irrt Tornatore von dieser Atmosphäre fort, gibt zumindest eines der Geheimnisse dieser Frau frei, zeigt sie und zerstört damit das Verlangen mehr über diese verborgenen Person hinter den Gemäuern des Hauses zu erfahren. Geoffrey Rush trifft auf die Holländerin Sylvia Hoeks, die dieses schüchtern ängstliche Persönchen verkörpert und sogleich verfliegt der Zauber und beendet damit das Märchen.

Jim Sturgess

Hier wagt sich der Film nun seinen Charakter zu ändern, wird zu einem Verwirrspiel von Sein und Schein gemacht. Auf einmal steht der Betrug im Mittelpunkt, das Spiel mit Wahrheit und Lüge, immer verknüpft mit Virgils eigenem Hintergrund als Kunstbetrüger, der zusammen mit seinem Komplizen die wertvollsten Gemälde zum Schnäppchenpreis ergaunern möchte. Zugleich rückt die menschliche Spiegelung mit Jim Strugess in den Vordergrund, der als Robert das Gegenstück zu Virgil bildet. Reich und einsam gegen arm und von Frauen umschwärmt, beide in ihrem jeweiligen Berufszweig angesehen und höchst begabt. Und wie sich herausstellen wird, verfügen beide über dieselbe kriminelle Ader. Hier wechselt nun Tornatore also die Grundhaltung des Films, verfällt in einen zwar nicht simpel gestrickten, dennoch sich falsch anfühlenden Krimi. Und wenn dieser sich am Ende auflöst, langsam wird der Zuschauer an des Rätsels Lösung herangeführt, kann irgendwann selbst so manches Puzzlestück zusammenfügen bis die Erkenntnis ihn ereilt, dann wird die erste Hälfte des Films noch weiter in Mitleidenschaft gezogen, weil sie mit der Auflösung noch mehr an Zauber verliert.

Das allein macht „The Best Offer“ nicht zu einem schlechten Film, nur zu einem Film, der sich leider mittendrin in sich selbst verliert. Es macht trotz allem Spaß Geoffrey Rush zuzusehen, ganz gleich in welche Richtung sich die Geschichte wendet. Dennoch hätte etwas mehr Fokus zum Wohlgefallen beitragen können.


Das allein macht „The Best Offer“ nicht zu einem schlechten Film, nur zu einem Film, der sich leider mittendrin in sich selbst verliert. Es macht trotz allem Spaß Geoffrey Rush zuzusehen, ganz gleich in welche Richtung sich die Geschichte wendet. Dennoch hätte etwas mehr Fokus zum Wohlgefallen beitragen können.


“The Best Offer“

Originaltitel: La Migliore Offerta
Altersfreigabe: ab 6 Jahren
Produktionsland, Jahr: I, 2012
Länge: ca. 124 Minuten
Regie: Guiseppe Tornatore
Darsteller: Geoffrey Rush, Sylvia Hoeks, Jim Sturgess, Donald Sutherland, Kiya Kebede, Philip Jackson, Dermot Crowley, Lynn Swanson

Deutschlandstart: 21. März 2013
Offizielle Homepage: warnerbros.de/thebestoffer