The Beauty Of The Lost Places: Ein Interview mit Fotograf Christian Greller

Erstellt am 26. August 2014 von Comicspolitics

Foto (c) Harald Portele

Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, haben wir eine neue Sektion auf unserem Blog: “Foto Of The Week”. Dort wird jede Woche ein besonderes Foto veröffentlicht oder ein Thema der Fotografie näher beleuchtet. Die meisten Fotos, die dort erscheinen, stammen von dem Ausnahmekünstler Christian Greller aus Bayern. In einem Interview hat er uns einen Einblick in seine Welt gewährt.

Woher kommt deine Liebe zur Fotografie und zur Kunst allgemein?

Stark inspiriert haben mich schon als Jugendlicher die Kurzfilme von Richard Kern, der sich ja seit einigen Jahren fast nur noch auf die Fotografie spezialisiert. Auch die Berliner Independent-Szene der 80er und 90er Jahre um Jörg Buttgereit hat mich besonders interessiert. Spannend fand und finde ich das Werk von Stanley Kubrick, auch ein Regisseur, der vor seiner Filmkarriere als Fotograf begonnen hat. Man kann also sagen, dass ich über das Kino und den Film zur Fotografie gekommen bin.

Wie hast du angefangen?

Mit 15/16 begann ich zusammen mit meinem Bruder und Freunden Kurzfilme zu drehen. Nichts Großartiges und auch nichts was man vorzeigen könnte (lacht). Gedreht haben wir auf Hi8-Kassetten, “geschnitten” mit zwei Videorecordern. Dann war aber erst mal für sehr lange Zeit Schluss mit der eigenen “Kunst”, wenn man das so nennen will. Seit ein paar Jahren beschäftige ich mich nun mit der Fotografie und arbeite fast seit Beginn mit dem digitalen EOS-System von Canon. Zwischenzeitlich und immer mal wieder greife ich beim Fotografieren auch zum iPhone und widme mich der iPhoneografie.

Und was bedeutet dir die Fotografie?

“Fotografieren ist eine Art zu schreien, sich zu befreien. Es ist eine Art zu leben.” hat der große Fotograf Henri Cartier-Bresson einmal gesagt. Das trifft auch ziemlich genau meine Einstellung zur Fotografie, denn mit der Kamera kann ich ausdrücken was ich empfinde, der Welt sagen was ich fühle und mein Statement in Form von Bildern hinausposaunen. Von daher bedeutet mir die Fotografie natürlich sehr viel und ist ein ganz wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden. 

Welche fotographische Ausbildung hast du? Eine professionelle oder autodidaktische?

Autodidaktisch. Alles selbst angeeignet.

Welche Bedeutung hat die Fotografie in deinem Leben und wie viel Zeit widmest du ihr?

Wie gesagt bedeutet mir die Fotografie sehr viel und ich widme dem Ganzen auch sehr viel Zeit… manchmal zu viel vielleicht (lacht). Andererseits hat inzwischen auch mein elfjähriger Sohn die Fotografie entdeckt und da macht es dann natürlich gleich nochmal so viel Spaß, wenn wir zusammen auf Fototour gehen. Er hat auch schon seinen eigenen Stil gefunden.

Was willst du in deinen Fotos ausdrücken?

Mich interessieren die Themen Einsamkeit, Melancholie, die Stimmung an bestimmten (verlassenen) Orten. Und das versuche ich auch immer wieder in meinen Bilder zu zeigen. Ich versuche auch immer meine Stimmungslage in Fotografien auszudrücken. Die besten Bilder, so finde ich, entstehen dann, wenn es einem nicht so gut geht. Es gibt aber natürlich auch Fotos, die aus der Situation heraus entstehen, die einfach “passieren”. Da will man dann nichts ausdrücken, sondern den Moment einfach festhalten.

Wie wählst du deine Themen aus? Wie planst du ein Foto? Schritt für Schritt.

Das kommt auf das Foto an. Bei der Straßenfotografie ist es einfach: Da stell ich mich, meist mit dem iPhone, in die Fußgängerzone und versuche ein gutes Motiv zu finden. Beim Thema “Lost Places” wird es schwieriger. Wirklich verlassene Orte und Gebäude sind in Deutschland, insbesondere in Bayern, schwer zu finden. Da heißt es im Internet recherchieren, die Ortschaft auskundschaften. Wie kommt man in das Gebäude? Braucht man eine Genehmigung? Kann man einfach so “einsteigen”? All das muss vorher geklärt sein, bevor ich mich dann, meist mit einigen Freunden, ans fotografieren mache. Beim Modelshooting gibt es erst mal eine Vorbesprechung. Wenn ich selber eine Idee zu einem Shooting habe, versuche ich als erstes ein passendes Model zu finden, dann das Set. Dafür bin ich schon sehr weit gefahren (lacht). In letzter Zeit leihe ich bei einem Kostümverleih auch die passende Kleidung. 

Welche Techniken benutzt du am häufigsten? Wie sieht deine Post-Produktion aus?

Ich fotografiere digital mit einer EOS 60D. Weil mir der digitale Look aber zu kalt und hart ist bearbeite ich die Bilder nach. Meist mit dem Programm “Alien Skin Exposure”. Ich versuche dann die Bilder wärmer wirken zu lassen, manchmal lasse ich die Farben ausgewaschen aussehen oder gebe den Fotos gleich den Look eines alten Bildes.
Hin und wieder greife ich aber auch zu einer meiner Polaroid-Kameras. Ich mag die warmen Farben und den ganz eigenen Charme bei den Sofortbildfotos.

Was sind deine Lieblingsfotos, die du bis jetzt aufgenommen hast? Welche deiner Werke empfindest du als am wichtigsten und warum?

Ich finde keines meiner Fotos wichtiger oder unwichtiger als ein anderes, allerdings mag ich die Fotos am liebsten, die mich an eine bestimmte Zeit, einen besonderen Menschen oder Ort oder eine bestimmte Gefühlslage erinnern. Und da gibt es einige.

Wie finanzierst du deine Arbeit?

Leider muss ich, um das Fotografieren zu finanzieren, noch richtig arbeiten gehen.

Was sind deine Lieblingskünstler?

Da gibt es viele. Richard Kern, Nishe, Francesca Woodman, Bastian Kalous und Aela Labbé, um einige zu nennen.

Wie siehst du deine persönliche und professionelle Entwicklung in der Zukunft? Welche Projekte hast du dir vorgenommen?

Ich hoffe, dass ich irgendwann einmal ausstellen und meine Fotos veröffentlichen werde. Am wichtigsten ist mir aber, dass ich meine fotografische Arbeit zusammen mit meinen Freunden und mit meinem Sohn weiter betreiben kann!

Wenn ihr euch weiter über den Künstler informieren wollt, besucht:
www.christian-greller-fotografie.de
www.flickr.com/photos/christiangreller
www.facebook.com/grellerfotografie