Der Titel deutet es unsubtil an, dieser Beitrag gilt dem aktuellen Blockbuster “The Avengers”, den ich unlängst im Tschinema und sogar in der Originalsprache bestaunen durfte. Wie immer werde ich dabei nicht umhin kommen, den Inhalt des Filmes zu explizieren, daher sollte man das Lesen dieses Beitrages beginnend mit dem nächsten Absatz vermeiden, wenn man sich nicht die Überraschung kaputt machen lassen will. So viel zur Spoilerwarnung, für alle anderen geht’s jetzt los…
Logos for MCU films. From top to bottom: Iron Man, The Incredible Hulk, Iron Man 2, Thor, Captain America: The First Avenger and The Avengers. (Photo credit: Wikipedia)
Zunächst sollte man feststellen, dass der Film in vielerlei Hinsicht wenig überraschend ist, denn einige dicke Brocken der ersten Phase eines jeden Filmes, der sogenannten Exposition, hat man ja bereits über die letzten Jahre verteilt in Form anderer Superheldenfilme durch die internationalen Kinos geschleift. In Fachkreisen spricht man vom „Marvel Cinematic Universe“. Fans werden es schon wissen, aber allen anderen sei gesagt, dass nicht weniger als 5 Filme der Marvel Studios seit 2008 in Vorbereitung von “The Avengers” produziert wurden: “Iron Man“, “Der unglaubliche Hulk” (beide 2008), “Iron Man 2” (2010), “Thor” und “Captain America – The first Avenger” (beide 2011). Meines Wissens hat es solch einen Stunt zuvor noch nicht gegeben, das darf man erstmal so zur Kenntnis nehmen. Ich habe mich in den letzten Monaten durch alle – auch die eher mageren – Filme dieser Liste gekämpft, nur um für die “Avengers” gerüstet zu sein. Es sind wohl gemerkt nicht unbedingt schlechte Filme, sie haben durchaus ihre Momente, sind aber eben auch nicht unbedingt große Glanzstücke. Um die geht es hier aber nicht.
Für die “Avengers” hat man durchaus geschultes Fachpersonal hinter die Kamera geholt: Joss Whedon, bekannt durch TV-Serien wie Buffy, Angel, Dollhouse und Firefly oder die Netzserie Dr. Horrible hat Comics im Blut, selbst einige veröffentlicht und versteht außerdem noch was von Filmen, wie man schon bei Serenity sehen konnte. Ein Raunen ging durch die Fangemeinde, als bekannt wurde, dass er für das Projekt verpflichtet wurde. Vor der Kamera sehen wir einen brilliant-komischen Robert Downey Jr. alias Iron Man, Muskelmann Chris Hemsworth als nordisch-kühler Halbgott Thor, Mark Ruffalo als Bruce Banner/Hulk (der im Film von Edward Norton gespielt wurde, welcher es offenbar als einziger nicht bis 2012 ausgehalten hat *g*), Muskelmann II Chris Evans als Captain America, Samuel L. Jackson als Nick Fury, Scarlett Johannson als Black Widow und Jeremy Renner als Hawkeye. Die Muskelmänner sind für mich die schwächsten Figuren, über Captain America blogte ich unlängst und Thor ist eigentlich kein Superheld und seine im namensgebenden Film behandelte Wandlung ist zu seicht und zum Zeitpunkt von “The Avengers” auch längst abgeschlossen, als das da noch Spannung drin steckte. Tony Stark ist so – Achtung Wortwitz – stark wie in seinen eigenen Filmen, witzig, schlagfertig, ein Charakter mit Ecken und Kanten, die ihn interessant machen, gleiches kann man für Bruce Banner sagen, dessen “Hulk-Stimme” im Original übrigens von Lou Ferrigno gesprochen wird. Nettes Detail. Fury tauchte schon in anderen Filmen auf, er ist eigentlich kein Action-Charakter obwohl man das von Jacksons Figuren ja irgendwie erwartet.
Zur Story: Nachdem Captain America in der Gegenwart aus dem ewigen Eis geborgen wurde und man dabei auch den Tesserakt gefunden hat, der massig Energie für die Welt verspricht, forscht die Geheimorganisation S.H.I.E.L.D. unter Direktor Nick Fury mit dem leuchtenden Würfel. Dieser öffnet eine Art Wurmloch zu einem anderen Teil des Universums und bringt Loki (Tom Hiddleston) auf die Erde, Adoptivsohn des Odin und Bruder von Thor, der ihm ja schon mal mächtig Probleme bereitet hat und nun auch in diesem Film den spannenden Bösewicht darstellt. Er stiehlt kurzerhand den Tesserakt und einige Mitarbeiter (darunter auch den Bogenschützen Hawkeye) und lässt die gesamte Forschungseinrichtung effektvoll verschwinden. Fury beginnt daraufhin Spezialisten – also die bereits genannten Protagonisten – für seine Avenger-Initiative zu sammeln und holt sie alle auf seinen riesigen fliegenden Flugzeugträger. Da hat aber jemand was zu kompensieren. Auf der Brücke steht, um es erwähnt zu haben, Agentin Maria Hill (Cobie Smulders), deren Figur gut aussieht (pun intended) und in den Comics auch eine wichtige Rolle spielt, mir aber bislang völlig unbekannt war. Black Widow stöbert Bruce Banner auf, der weniger wegen seines grünen Alter Egos als wegen seiner Ahnung von Gammastrahlen gebraucht wird.
In luftigen Höhen soll sich das Team zusammenraufen, Captain America und Iron-Man müssen als erstes Teamfähigkeit beweisen, als sie Loki in Stuttgart stellen sollen. Das klappt erschreckend gut, zu gut eigentlich und wenig später ist Loki an Bord des Helicarrier in einer gemütlichen Sicherheitszelle, während seine Waffe, eine Art Sense, mit der er bei Menschen offenbar eine Gehirnwäsche vollzieht, untersucht wird und alle sich fragen, was der Bösewicht eigentlich will und warum er sich hat fangen lassen. Währenddessen forscht die kleine Armee Lokis mit dem Tesserakt, um einen weiteren Tunnel zu öffnen, durch den sein Vertragspartner aus dem dunklen Teil des Universums nebst Armee zur Erde gelangen kann. Von all dem ahnen unsere Helden nix und ziehen sich unterdessen lieber mit ihren charakterlichen Schwächen auf oder hinterfragen S.H.I.E.L.Ds Motive. Zurecht, wie bald klar wird. Währenddessen nähert sich ein kleiner Stoßtrupp um den Helicarrier zu sabotieren. Der Zwist unter den versammelten Avengers wächst beeinflusst durch Loki und sein Zepter. Dann wird klar, dass Fury und S.H.I.E.L.D. planten mittels des Tesserakts Superwaffen zur Verteidigung gegen eine vermutete Alien-Invasion zu schaffen.
Wenig Vertrauen also auf allen Seiten. Im Streit verwandelt sich Banner dann in den Hulk und während Thor sich mit ihm beschäftigt und Black Widow Hawkeye bekämpft, müssen Ironman und Captain America eine sabotierte Turbine reparieren. Währenddessen befreit sich Loki und Agent Coulson, der ebenfalls in vielen der Serienfilme auftauchte, stellt sich ihm entgegen, wobei er tödlich verwundet wird. Hulk und Thor gehen über Bord, die Situation stellt sich als ziemlich desolat dar. Doch vielleicht gerade deshalb raufen sich der Captain und Ironman zusammen und es wird ihnen klar, worauf Loki es wirklich abgesehen hat: Vom Stark-Tower in New York aus, der dank seines ARC-Generators autark energieversorgt wird, soll das Portal geöffnet werden. Die Helden (jetzt inklusive Hawkeye, der aus dem Einfluss Lokis befreit wird) können dies auch nicht verhindern und müssen sich folglich einer beachtlichen außerirdischen Armee erwehren. Das Action-Feuerwerk des obligatorischen Schlusskampfes, in dem die Avengers sich als Team beweisen, mündet darin, dass der Sicherheitsrat gegen die Empfehlung Furys beschließt, mittels eines Atomschlages die feindliche Armee und damit die Insel Manhattan und ihre Bewohner zu vernichten.
Das gefällt den Avengers natürlich nicht und während der Hulk sich Loki vornimmt und Black Widow versucht, das Portal wieder zu schließen, sammelt Ironman die Atomrakete ein und steuert sie durch das Portal, wo die Außerirdischen ihr offenbar wenig entgegenzusetzen haben. Iron Man schafft es gerade noch durch Portal wo die Erde dann erstmal gerettet ist. Die Avengers trennen sich einstweilen und Thor bringt Loki nach Asgard, aber nicht ohne eindeutige Hinweise dafür zu geben, dass sie wieder zusammenkommen werden, wenn die Erde ihre Hilfe braucht.
Und nach den Credits erfahren wir noch, wer denn tatsächlich der Böse ist, der hinter allem steckt. Bumm. Sequel besiegelt.
Geschliffene, punktgenaue Dialoge sowie eine Story, die viele Fäden zusammenführt und gleichzeitig durchaus mit einigem Erfolg versucht, Superhelden-Klischees im Plot zu umgehen, das ist es, was diesen Film in der Essenz ausmacht. Die überaus gelungene technische Umsetzung (von 3D mal abgesehen) muss, denke ich, kaum erwähnt werden. 3D nehme ich hier aus, weil mal wieder deutlich wurde, dass es der Dramaturgie wenig hilft und technisch noch immer eher eingeschränkt überzeugt, denn besonders schnelle Bewegungen scheinen in 3D regelmäßig zu Bildmus zu vermantschen. Außerdem nervt mich persönlich auch die Brille über der Brille. Ansonsten überzeugt der Film auf Popcornkinoebene vollends. Und auch noch zwei. drei Zentimeter darüber.
Die Musik kommt von Alan Silvestri, der das typische Heldenpathos ganz gut intoniert, wer das nicht mag, muss weghören. Der whedonesque Unterton besteht zum einen darin, dass sich die Helden überwiegend in Selbstironie üben und zum anderen, dass der Film, wenn er auch meist einer klassischen Hollywoodstruktur folgt, nicht ganz so vorhersehbar ist, wie andere seiner Art. Trotzdem gibt es auch enttäuschende Aspekte, wenn man die Avengers mit anderen großen Superhelden-Serien wie Batman, Superman oder auch Spiderman vergleicht. Das möglicherweise strukturelle Problem ist, dass die Geschichte, wie sich Helden als Team zusammenraufen mir weniger spannend erscheint, als ein Held, der mit sich selbst und seinem Dasein ringt. Die guten Filme dieser Reihen demontieren den Helden, stellen ihn in Frage oder konterkarieren die Heldenfigur mit seinen menschlichen Zügen. Das wird durch Selbstironie nur partiell erreicht, funktioniert aber insbesondere bei Iron Man gut. Gleichzeitig leben die genannten Filmreihen von charismatischen Gegenspielern. Trotz einer guten Leistung von Tom Hiddleston will Loki als Superschurke für mich nicht so recht funktionieren und wird letztlich auch eher demontiert als besiegt. Meist stehen die Helden sich ja auch eher selbst im Weg, wobei keiner von ihnen eine wirkliche Charakterentwicklung durchmacht. Das wäre vielleicht aber auch zu viel Film für zwei Stunden.
Dass Marvel’s – The Avengers so erfolgreich gestartet ist und zweifellos ein finanzieller Erfolg wird, sei ihm gegönnt. Auch die Kritiker sind relativ begeistert, so gibt’s 93% bei Rottentomatoes.com (96% Publikumswertung) und im Kontrast dazu aber nur 69% von metacritic.com (8.3 von den Usern). Ein Sequel ist, wie schon angedeutet, wohl so gut wie sicher, von daher wollen wir hoffen, dass Whedon sich einige spannende Charaktermomente dafür aufgespart hat und, entlastet vom Vereinigungsmoment des ersten Teils, in der Fortsetzung mehr Zeit darauf verwenden kann.
Angefixt von diesem und den anderen Comicverfilmungen hab’ ich mal ein bissl in den Weiten der tatsächlichen Comics (oder Graphic Novels) gestöbert und werde demnächst dazu einzelne Beiträge verfassen. Bis dahin freue ich mich über Kommentare, womöglich hab’ ich ja wichtige Plus- oder Minuspunkte vergessen.