awesomatik auf Buchfühlung
The amazing adventures of Kavalier & Clay – Michael Chabon
Als Josef Kavalier eines Nachts im Jahre 1939 nach einer unglaublichen Flucht aus Prag bei seinem Cousin Sam Clay in New York ankommt, beginnt eine lebenslange Freundschaft aus der später der größte Comicheld der Geschichte hervorgehen soll.
Michael Chabon gewann mit seinem seitenreichen Roman, dessen Handlung sich über eine gute Dekade erstreckt, den Pulitzer Prize for fiction 2001. Die Erwartungshaltung meinerseits war dementsprechend hoch.
Ich hatte von Chabon schon Wonderboys gelesen, das ich gut aber nicht überragend fand. Die Vorschusslorbeeren und das Thema Comics konnten mich gleichwohl dazu bewegen ihm eine zweite Chance zu geben.
Mit Unterstützung seiner Familie gelingt dem jungen tschechoslowakischen Juden Joe Kavalier die Flucht vor den Nazis. In den USA angekommen, setzt er alles daran schnell Geld zu verdienen, um seine Familie nach New York holen zu können.
Das erste Superman Heft ist gerade erschienen und tritt einen echten Comic-Hype los. Davon möchte auch Sam profitieren, der schnell erkennt, dass das Zeichentalent seines Cousins in Kombination mit seiner Schreibbegabung echte Wunder vollbringen könnte.
Und so kreieren sie über Nacht ihren eigenen Superhelden: “The Escapist”, einen Entfesslungskünstler, der von der damaligen Zauberkunstlegende Harry Houdini inspiriert ist. Auch Joe Kavalier hat in Prag eine Entfesslungsausbildung genossen und kann seine Erfahrungen einbringen.
Die Frustration über die lebensbedrohliche Lage seiner Familie führt dazu, dass Joe seinen Superhelden heroisch gegen die Nazis antreten lässt.
Und so beginnt der langsame aber stetige Aufstieg eine Comic-Legende.
Mehr möchte ich nicht vorwegnehmen. Nur, dass das Thema der Befreiung und Entfesslung im Comic natürlich eine Metapher für die Lebenslage der Protagonisten ist.
Die Befreiung der Familie, die Befreiung von inneren Ängsten und Zweifeln aber auch die sexuelle Befreiung des homosexuellen Sam Clay.
Bei aller Dramatik, liest sich der Roman wie ein Märchen, das in die grausame Realität des zweiten Weltkriegs eingeflochten wurde. Wie in einem alten Hollywoodstreifen, zeigt sich New York von seiner schönsten Seite und bettet seine Helden in eine magisch-melancholischen Kulisse.
Immer wieder begegnen die fiktiven Protagonisten realen Menschen aus der Epoche (u.a. Salvador Dali, Al Smith, Orson Welles).
Auch für die Vita seiner Hauptpersonen ließ sich Chabon von den Lebensläufen echter Comic-Legenden wie Jack Kirby, Will Eisner oder Stan Lee inspirieren.
Einige Episoden waren mir zu weit hergeholt und kitschig und das Ende plätschert etwas antiklimatisch aus, dafür wird man immer wieder durch grandios geschriebene Passagen entschädigt. Neben einer bewegenden Geschichte bekommt man jede Menge interessanter Fakten über die Entstehung der Comic-Industrie. Für Liebhaber des Genres ein echtes Muss.
Fazit – Die Magie des Geschichtenerzählens
Chabon hat mit The amazing adventures of Kavalier & Clay seiner Liebe für das Geschichtenerzählen, für Zauberkunst, Comics und New York ein 600 Seiten starkes Denkmal gesetzt. Eine brilliant geschriebene Ode an die Kreativität und eine liebevoller Rückblick auf das Golden Age der Superhelden.
Wertung 4/5
1. Geht gar nicht 2. Is OK 3. Gut 4. Richtig gut 5. awesomatik!
awesomatik Kuriosum
Nach Erscheinen des Buches wurde tatsächlich von Dark Horse Comics eine zweiteilige Comic-Serie um den fiktiven Superhelden “The Escapist” herausgebracht an der auch Michael Chabon teilweise mitgeschrieben hat. Hier erhältlich.
Der Roman sollte außerdem von Regisseur Stephen Daldry verfilmt werden. Potentielle Kandidaten für die Hauptrollen waren Toby Maguire, Jamie Bell und Natalie Portman. Nach Streitigkeiten mit den Produzenten landeten die Pläne leider in der Produktionshölle.
Schade, denn der Roman böte die perfekte Vorlage für einen klassischen Hollywoodfilm.
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Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay (deutsch)
The Amazing Adventures of Kavalier & Clay (englisch)