Thailand, ein bisschen Geschichtsunterricht und wie die Einwohner so ticken

Von Giwikatja
 
Hier nun eine angedrohte geschichliche Zusammenfassung meines Gastgeberlandes. Um Thailand 
ein bisschen besser zu verstehen, habe ich mal bei Wikipedia nachgelesen und dachte mir, da vielleicht nicht jeder hier mit dessen Historie bekannt ist, fasse ich das einfach mal zusammen. Weiter unten dann noch ein kurzer Bericht zu meinen Beobachtungen in Sachen Thailaender in ihrem Alltag.

Vom 9. bis 12. Jahrhundert wurden weite Teile Suedostasiens durch die Khmer beherrscht, eine Volksgruppe aus Kambodscha, und diese dehnten ihre Macht ueber das gesamte Nordostthailand aus. Bedeutende Stadte der Khmer im heutigen Thailand befanden sich im heutigen Ayutthaya und Lopburi. Im 11. Jahrhundert begannen dann die Thai ihr heutiges Siedlungsgebbiet zu bewandern, wahrscheinlich aus dem heutigen Suedchina kommend. Die ersten Staaten gruendeten sie im 13. Jahrhundert, darunter auch Sukhothai. China stellte schon damals eine grosse Bedrohung dar und zerstoerte zum Beispiel eine Tempelstadt in Burma, woraufhin 1287 Sukhothai zum Tributzahler an China wurde, um nicht dem gleichen Schicksal zum Opfer zu fallen. Nach dem Tod des Herrschers zerfiel Sukhothai aufgrund von Nachfolgestreitigkeiten und aufgrund des 1351 gegruendeten Ayutthaya, welches sich zur bedeutendsten Macht in Suedostasien mauserte. Ayutthaya dominierte dahingehend, dass sogar das bis dahin staerkste Khmerreich Angkor niederging und letztenendes Tribut an Ayutthaya zahlen musste. Der damalige Koenig machte den Theravada- Buddhismus zur Religion Ayutthayas und dies hielt bis heute fuer ganz Thailand an.

1511 besuchten die ersten Portugiesen als erste Europaeer Ayutthaya und Handelsvertraege wurden geschlossen und Missionen nach Europa entsandt. Ayutthaya erreichte seine Bluete in der Mitte des 18. Jahrhunderts doch dann schwaechten innere Konflikte den Staat und das erstarkte benachbarte Burma witterte seine Chance und bedrohte Ayutthaya mehrere Male. 1767 hatten sie endlich Erfolg und sie zerstoerten Ayutthaya. Der damalige Koenig Taksin floh mit seiner Familie nach Thonburi, organisierte von dort den Widerstand gegen die Burmesen und er gruendete eine neue Hauptstadt in seinem neuen Domizil.

Thailand, oder wie sie sich damals nannten Siam, stellte sich nach Ausbruch des ersten Weltkrieges auf die Seite der Alliierten und entsandte ein Kontingent an die Westfront. Nach Ende des Krieges gehoerte Siam zu den Gruendungsmitgliedern des Voelkerbundes und wurde ausserdem mit besseren Vertragsbedingungen belohnt.

Japan war der Zugang zu den britischen Kolonien Burma und der malaiischen Halbinsel wichtig und so drangen sie 1941 auf thailaendisches Gebiet vor, stellten spaeter ein Buendnisangebot an Thailand, welches angenommen wurde. Der Durchzug der japanischen Truppen zur Eroberung von Burma und Indien musste erlaubt werden, zu welchem Zweche die "Eisenbahn des Todes" gebaut wurde (siehe auch mein Bericht aus Kanchanaburi).

1946 wurde Bhumibol Adulyadej zum Koenig ernannt und da er noch heute regiert, macht ihn das zum am laengsten amtierenden Staatsoberhaupt der Welt. Thailand ist seit 1932 eine konstitutionelle Monarchie. Der Koenig gilt gleichzeitig als hoechster buddhistischer Wuerdentrager. Er hat keinen direkten Einfluss auf die Tagespolitik, segnet aber alle wichtigen und grundlegenden politischen Entscheidungen vor deren Abstimmung ab. Der Koenig ernennt den Premierminister, den Regierungschef des Landes, nachdem dieser vom Abgeordnetenhaus des Parlamentes vorgeschlagen wurde.

Die etwa 69,1 Millionen Bewohner Thailands sind zu 75% ethnische Thai, 14% ethnische Chinesen, 4% Malaien und die restlichen 7% verteilen sich auf Bergvoelker und Fluechtlinge aus verschiedenen Regionen.  Die Bergvoelker leben vorallem im Norden Thailands und haben sich teilweise bereits vor der Einwanderung der Thai dort angesiedelt. Andere wiederum koennten als politische Fluechtlinge bezeichnet werden, die durch politische Wirren in den Nachbarstaaten nach Thailand gekommen sind. Ihre soziale Organisationen und Traditionen sind daher recht unterschiedlich. Die wichtigsten Bergvoelker sind die Hmong, Karen, Lahu, Lisu, Akha, Lawa und Khmu.

Wie bereits erwaehnt, stellt der Theravada- Buddhismus die dominierende Religion Thailands dar, etwa 94% der Bevoelkerung bekennen sich dazu. Die Verfassung Thailands sieht eine Religionsfreiheit vor und strebt eine Harmonie unter den Anhaengern aller Religionen an.
In buddhistischen Gesellschaften ist es ueblich, dass junge Maenner an der Schwelle zum Erwachsenenwerden eine Zeit lang in ein Kloster eintreten, um als Moenche zu leben und die Lehre Buddhas zu studieren. Sie duerfen ueber nur sehr wenig persoenlichen Besitz verfuegen und sind bei der Ernaehrung auf die Unterstuetzung der Bevoelkerung angewiesen. In wieweit sie auch in Thailand dabei auf Betteln angewiesen sind, kann ich nicht beurteilen, schliesslich habe ich keine bettelnden Moenche gesehen. Im Gegenteil, sie scheinen in Besitz von Geld zu sein, habe ich sie doch am Geldautomaten welches abheben sehen, habe sie im Taxi/tuk tuk oder auch beim Einkaufen beobachten koennen. Das religiose Leben spielt sich im Wat ab (dem Tempel) und diese Wat stellten im vormodernen Thailand auch Bildungseinrichtungen dar, die fuer eine sehr geringe Analphabetenquote im Land sorgten.

Die Religion hier ist nicht strikt buddhistisch, denn Goetter und Geister, die aus vorbuddhistischer Zeit stammen oder hinduistischen oder chinesischen Vorstellungen entspringen, werden in verschiedenen Ritualen verehrt. Dies findet seinen Ausdruck in den Geisterhaeuschen, die man vor praktisch jedem Gebaeude in Thailand finden kann und mit verschiedenen Opfergaben geschmueckt sind. Jeden Morgen werden hier Raeucherstaebchen entzuendet und Gebete aufgesagt.
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Was ich in Thailand beobachten konnte, ist eine grosse Kluft zwischen Arm und Reich. Und dabei meine ich nicht nur in Bangkok selbst, wo enorme Schoppingpalaeste einher gehen mit Bruchbuden und modernisierungsbeduerftigen oeffentlichen Gebaeuden. Auch Arm und Reich zwischen den verschiedenen Provinzen und den kleineren Ortschaften. Da wo der Tourismus kein Einzug gehalten hat, leben die Menschen noch sehr einfach und in teilweise katastrophalen Bedingungen. Was man da so beim Vorbeifahren erblickt, laesst einen mit dem Kopf schuetteln. Da leben Menschen (Grossfamilien) mit all ihren Haustieren (meistens Hunden und Katzen) in einer Scheune, alle unter einem Dach. Tueren gibt es nicht, nur Vorhaenge und Plakate, die ueber die Fenster geklebt wurden. In der naechsten Provinz sieht man dann niegelnagelneue Einfamilienhaeuser, die man auch in Deutschland vorfinden koennte. Mir ist vorallem unbegreiflich, was Thais wirklich wichtig ist. Ihre Familie und ein schoenes Zuhause oder ein Statussymbol in Form eines grossen Autos zum Beispiel. Denn dies sieht man hier sehr haeufig, ein neues Auto geparkt vor einer Bruchbude.
Die Thais scheinen sich nicht gern von Dingen zu trennen. Schaut man in ihre Haeuser, ihre Vorgaerten oder Hinterhoefe fragt man sich, ob man auf einer Muelldeponie gelandet ist. Da steht wirklich ueberall was rum! Ich habe ganz selten sehr aufgeraeumte Gruenflaechen vor den Haeusern erblickt. Das ganze sieht dann natuerlich sehr dreckig, armseelig und runtergekommen aus, obwohl dem gar nicht so ist. Sie sind alle sehr gut gepflegt und sauber und wie sie das in solchen Umstaenden schaffen, ist mir oft ein Raetsel. Und selbst die Tempel, also ihre Gotteshaeuser, sind vor dem Unrat nicht gefeilt, laeuft man um die Tempel herum findet man im Hinterhof oder manchmal sogar weniger versteckt Tonnen von Unrat, Muell und Haushalt. Irgendwie hatte ich mir Moenche immer als ordentliche Erdenbuerger vorgestellt, aber vielleicht sind sie auch zu beschaeftigt mit ihren Gebeten und dem Studium der heiligen Schriften, dass sie sich mit solch profanen Dingen nicht abgeben.
Von dem was ich beobachten konnte, haben die Maenner einen Beruf (was auch immer das ist) und die Frauen sitzen zu Hause vor ihren Haeusern in einer sogenannten Suppenkueche. Das Essen ist fuer Thais ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens und so begruesst man sich oft mit der Frage "Hast Du schon was gegessen?". Das erklaert auch die Millionen von Strassenstaenden mit unterschiedlichen Lebensmitteln: Fruechte, Nudelsuppen, gegrilltes Huehnchen, Wuerstchen, Backwaren usw. Denn wenn das Essen so wichtig ist, muss man auch immer und ueberall in der Lage sein, etwas zu sich nehmen zu koennen. Hat man keinen mobilen Stand, dann kochen die Frauen eben zu Hause und verkaufen das ganze von der Garage aus. Man sieht immer mindestens eine Person in diesen liebevoll hergerichteten Bruchbuden etwas essen und ich glaube, dass sich so die Familien ein bisschen was zusaetzlich verdienen.
In Thailand ist es zu heiss, lange Strecken zu laufen, deswegen wird man als Tourist manchmal belaechelt, wenn man eine relativ kurze Strecke laufen will, die vielleicht gerade mal 15 oder 20 Minuten dauert und man bekommt die Antwort dass dies zu weit sei. Hier hat wirklich fast jeder ein Motorrad/Moped und dementsprechend vollgestopft sind auch die Strassen. Ob man da einen Fuehrerschein fuer braucht, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, denn ich habe schon sehr junge Leute damit fahren sehen. Fahrraeder sind hier irgendwie out, ich kann an einer Hand abzaehlen, wieviele Thais ich auf einem Fahrrad gesehen habe. Auf den Motorraedern wird so gut wie alles transportiert, so lange es sich irgendwie festschnallen laesst oder selbst festhalten kann. Die Einkaeufe sind da noch das harmloseste, ich habe schon Umzuege stattfinden sehen mit Moebeln links und rechts festgeschnallt und dem Motorrad in gefaehrlicher Schieflage. Ausserdem wird da die ganze Familie transportiert mit 3 Personen, dem Hund vorne im Korb oder auf einem Arm und dem Kleinkind entweder ganz vorne (solange es sich selbst festhalten kann) oder auf dem Arm des Fahrers (man braucht ja auch nur ein Arm zum fahren). Leider hatte ich so schnell immer keine Kamera bereit, sonst waeren das lustige Fotos geworden.
Im Grossen und Ganzen sind sie alle ganz liebenswerte Menschen. Manchmal bekommt man ein Laecheln und manchmal werde ich von einigen Personen sogar am Arm beruehrt "du bist so weiss". Auch wenn ich oft davon geschrieben habe, dass man als Tourist abgezockt wird, denke ich trotzdem nicht, dass es sich hier um boese Menschen handelt, sie sehen einfach eine Chance auf schnelles Geld und das ist eben das Uebel. Geld hat schon immer die Menschen korrupiert und wird es leider auch immer tun. Auch ich muss mich da immer wieder selbst dran erinnern, dass ich deswegen nicht meine Offenheit gegenueber diesen Menschen verlieren sollte, denn damit verschliesst man sich die Moeglichkeit zu einzigartigen Begegnungen, die man gerade auch wegen der Sprachbarriere haben kann. Aber wenn man sich mit Haenden und Fuessen mit jemandem verstaendigt und sich zum Abschluss in der Landessprache bedankt (kopkun ka) sieht man das Leuchten in ihren Augen und weiss, dass ihnen das unheimlich viel bedeutet.
In diesem Sinne, kopkun ka fuers Lesen und es geht dann weiter mit Berichten aus Kambodscha,
Eure Katja