Was ist eine Glosse?Der Entstehung der Glosse ist folgender: Früher haben Gelehrte zu einem wichtigen Text oder zu einer Passage eine erklärende oder interpretierende Randbemerkung gemacht, die glossa (lat) hiess. Die Glosse hat daher gewisse Ähnlichkeiten mit einem Kommentar, denn bei beiden Textsorten wählt der Autor eine aktuelle Nachricht als Ausgangslage aus. Im Gegensatz zum Kommentar sucht er sich aber nur ein kleines Detail aus und macht aus diesem Detail eine grosse Sache - aus einer Mücke einen Elefanten. Wichtig dabei ist, dass die Glosse ein satirischer Text ist und oftmals mit einer Pointe endet.
Wie schreibe ich eine Glosse?Wenn Sie eine Glosse verfassen wollen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Wählen Sie eine Detail aus einem Themengebiet Ihrer Wahl, am besten etwas Aktuelles
- Zu Beginn die Ausgangslage klar formulieren
- Den Gedankengang fortlaufend zuspitzen
- Übertreibungen, Ironisierungen und Andeutungen verwenden, um die Satire in den Text einfliessen zu lassen
- Scharfsinnig argumentieren und die Geschichte auf den Punkt bringen
- Pointe am Ende
Beispiel einer Glosse
Die große Kuss-Affäre
Fest hatte ich mir vorgenommen, den Mund zu halten. Schuldirektoren stehen ja grundsätzlich im Verdacht, humorlose, leidenschaftslose Menschen zu sein, deren Vitalitätskapazität durch Schülerküsse restlos überfordert ist.
Aber das Ausmaß an Narrheiten, das die öffentliche Diskussion zur großen Gunskirchner Kuss-Affäre mittlerweile hervorbringt, ist so unerträglich, dass auch ich nicht mehr an mich halten kann. Sogar eine überregionale Qualitätszeitung widmete in ihrer Donnerstag-Ausgabe diesem größten welthistorischen Skandal seit Watergate eine halbe Seite!
Bauch- und Pofreiheit
Kaum entscheidet sich irgendwo ein Schulforum dafür, die Freizügigkeit der Schüler ein wenig einzuschränken, steht halb Österreich auf und empört sich. Das war so, als man in einer Ohlsdorfer Schule meinte, Bauch- und Pofreiheit könnten vielleicht übertrieben werden. Und das ist jetzt wieder so, weil das Gunskirchner Schulforum das Küssen in der Schule einschränken will.
Natürlich findet sich in solch einer Situation auch immer jemand aus dem psychotherapeutischen Milieu, der uns plausibel macht, wie schwer die Seele junger Menschen durch solch „repressive“ Maßnahmen gekränkt wird.
Schauen wir doch einmal über den pädagogischen Gartenzaun der Schule hinaus ins „wirkliche Leben“. Wie halten es denn die Arbeitgeber mit den Küssbedürfnissen ihrer jungen Mitarbeiter?
Ungeküsst durch Alltag
Betreten wir zum Beispiel eine Bankfiliale, was sehen wir dann? Die zu Paaren geordneten Jungbanker in inniger Verknotung? Oder die Lehrmädchen bei „Billa“ – angesaugt an die Lippen der Lieferanten? Wenn die Gesellschaft meint, dass intime Küsse auch schon am Vormittag für die seelische Gesundheit der Schuljugend unverzichtbar sind, meinetwegen, dann erlauben wir es ihr halt.
Aber es möge, bitte, niemand im gleichen Atemzug fordern, die Schule solle auf das wirkliche Leben vorbereiten. Denn durch den Arbeitsalltag gehen wir meistens ungeküsst.
Zum Abschluss noch eine Bitte an die Jungs und Mädels von der Aktion kritischer SchülerInnen (AKS). Ihr seid immer gleich zur Stelle, wenn es um die Verteidigung des Bauchnabels oder des Kussmäulchens geht.
Während ihr euch an diesen Dingen abarbeitet, dürfte etwas bedeutend Wichtigeres an euch vorüberziehen: die AHS-Maturareform, die das Ministerium derzeit plant und flott durchziehen möchte.
Dadurch werden eure Interessen wirklich empfindlich getroffen. Ihr werdet keine Möglichkeiten zu individuellen Schwerpunktsetzungen mehr haben. Und ihr werdet keine Chance haben, eine negative Klausur durch eine mündliche Prüfung auszubessern.
Die Zeit drängt nämlich…
Wo bleibt euer Protest? Schaut ihr euch das bitte an, wenn ihr fertiggeküsst habt? Die Zeit drängt nämlich! Bussi, euer Christian!
(Quelle: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/art4,72246)