Der Auftakt der Text-Formen-Serie hatte uns in die USA der 1950er, zu Jack Kerouac und seinem Literaturjazz geführt. Teil 2 widmet sich wiederum einer Mischung aus Klang und Text: Seit 2007 präsentiert der Wiener Mandelbaum-Verlag regelmässig sogenannte “Klangbücher”. Wir haben uns das neuste – eine Vertonung von Isabel Allendes “Aphrodite – eine Feier der Sinne” – angehört und gelesen.
Titel: Aphrodite – eine Feier der Sinne
Autorin: Isabel Allende
Format: Klangbuch
Stimme / Musik: Julia Stemberger / Helmut Jasbar, Peter Rosmanith
Verlag: Mandelbaum
Umfang: 32 Seiten + 1 CD
Was ist ein Klangbuch?
Es handelt sich um ein schmales Bändchen, Format 13x18cm, von kaum mehr als dreissig Seiten. Darin in diesem Falle: zwei Texte, Illustrationen – und eine CD. Letztere enthält die Vertonung ausgewählter Geschichten aus Allendes Werk. Gitarrist Helmut Jasbar (manchmal unterstützt von Perkussionist Peter Rosmanith) untermalt die Stimme von Julia Stemberger und grenzt mit anmutigen Intermezzi die Geschichten voneinander ab. Über vierundsechzig abwechslungsreiche Minuten ergänzen sich Musik und Stimme zu einer adäquaten, lustvollen Bearbeitung des Stoffs.
Es sei etwas zur Aphrodite gesagt: Allendes Werk aus 1997, als “ein praktisches Buch” gedacht, lotet die “Grenzen zwischen Liebe und Appetit” aus – um festzustellen, dass diese verwischt sind. “Ich kann die Erotik nicht vom Essen trennen”, schreibt sie – und Julia Stemberger verleiht ihr hier eine glaubhafte, mal spöttische, mal verführerische Stimme.
Nun, die Meinungen gehen da auseinander: Ich persönlich finde weder den haarigen Kunstprofessor, noch seine nackte Studentin, die er unter den Augen eines brünftigen Stiers anlässlich eines Manet’schen Picknicks mit fetten Maronen füttert, erotisch. Auch einem Trüffelomlett vermag ich wenig Prickelndes abzugewinnen, einem kochenden Vincent-van-Gogh-Double schon gar nicht. Doch persönliche Einstellungen zur Vermengung von Essen und Liebe beiseite: Allendes Schreiben ist leicht, es ist intim, es ist stets humorvoll augenzwinkernd. In einem im Buch enthaltenen Interview erläutert die vorlesende Schauspielerin Julia Stemberger, was es heisst, einen solchen Text vortragen zu müssen, wo die Schwierigkeit und wo die Lust daran liegt, wo der Unterschied zum Schauspiel auf Bühnen.
Es ist ein spannendes Format, das der Mandelbaum-Verlag mit den Klangbüchern präsentiert. Die Allende’sche Sinnesfeier ist das insgesamt zehnte in der Reihe. Durch die musikalischen Zwischenspiele und die Untermalung gewisser Textsequenzen mit Klang, entsteht eine Erfahrung, die über ein blosses Hörbuch hinausgeht, abwechslungsreicher und darum kurzweiliger ist.
“Mit den Ohren sehen”, heisst es auf der Verlagshomepage, könnte das Motto der Reihe lauten. Stimmt! Die Erweiterung des Textes durch die Musik lässt Platz für mehr Interpretation, öffnet eine spannende Paralleldimension des Textes, die man sonst nicht wahrnehmen könnte. Ein spannendes Projekt, das hoffentlich noch lange weitergeführt wird!
Hier finden sich alle bisher erschienenen Klangbücher: http://www.mandelbaum.at/books/791/page/1/