Teutonischer Ritt

Teutonischer Ritt

Karfreitag in Deutschland. Die Temperaturen kletterten endlich mal über die 20 Grad-Marke. Genau mein Ding. Kurze Bib-Short, kurzärmeliges Trikot. Da kommt Sommerfeeling auf. Okay, die ersten drei Kilometer hatte ich noch die Windweste an bevor sie dann in den Untiefen meiner kleinen Oberrohrtasche verschwand. Recht kurzfristig hatte ich mich entschieden, ein wenig den Teutoburger Wald unsicher zu machen. Und zunächst war auch das Gravelbike dafür vorgesehen. Doch da ich ja noch ein wenig „effektiv Anstiege üben" auf meinem Trainingsplan hatte, entschied ich mich kurzerhand einen Abend vorher das Rennrad zu nehmen. Darauf hatte ich einfach Bock. Den Track hatte ich zwar schon für den Crosser geplant, aber viel umzuplanen für das Stelvio war gar nicht mal so nötig.

Start war für mich in Paderborn, am Schloß Neuhaus. Ein sehr schönes und vor allem altes Gebäude, welches zwischen 1524 und 1526 erbaut wurde! Eine lange Geschichte hat es also schon hinter sich. Vom Sitz der Paderborner Bischöfe, über Eigentum der britische Rheinarmee und heute:dient es als Realschule!

Zuerst wollte ich mich etwas Warmfahren. Über Klusholz und Marienloh kam ich dann in den bekannten Ort Bad Lippspringe. Den Zusatz „Bad" erhielt die Stadt bereits 1913! Hier entspringt, wie zu vermuten war, die Lippe! Unweit der dortigen Burg-Ruine und sehr schön im Arminius-Park gelegen, entspringt ebenfalls die 1832 entdeckte, gleichnamigeArminius-Quelle. Der Kurort ist sehr beliebt, die Westfalen-Therme sind zum Beispiel recht bekannt und gut besucht.

Gut gelaunt fuhr ich weiter, die Beine waren leicht und das Stelvio fühlte sich richtig gut an. Das mag auch an dem neuen Sattel liegen, der an diesem Tag im Grunde seine erste richtige Bewährungsprobe hatte. Weiter ging es durch Oesterholz-Haustenbeck, wo es kurz darauf zum ersten mal etwas hügeliger wurde. Nach Kohlstädt ging es mal links, mal rechts neben der B1 entlang. Ich konnte sie nicht immer sehen, aber oftmals die Autos hören, die auf ihr fuhren.

Der Untergrund war hier teilweise nicht mehr ganz so ideal für ein Rennrad geeignet. Ich konnte nur hoffen, dass das mit den 25er Pneus gutgehen würde. Zwar wechselte der Belag für kurze Abschnitte wieder auf Asphalt, das war allerdings sehr überschaulich. So trotzte ich den Biegungen am Berg oberhalb der Bundesstraße und wand mich an ihm entlang.

Kurz vor der Ortschaft Horn ging es etwas westlicher weiter und kehrte der Verkehrsader den Rücken. Und plötzlich stand ich schon vor den Externsteinen. Diese bis zu 40 Meter hohen Felsformationen sind weit über die Region hinaus bekannt und ein sehr beliebter Ausflugsort für Groß und vor allem Klein. Denn man kann diese Felsen gegen ein Entgelt erklimmen. Steintreppen und Brücken helfen bei der Ersteigung. Es war ziemlich voll als ich dort ankam. Die ganze Zeit hatte ich so gut wie keine Menschenseele gesehen, jetzt ballte sich alles hier an diesem historisch und geologisch wertvollen Ort. Vor rund 80 Millionen Jahren fing der gesamte Gebirgszug an sich zu formen, die Eiszeit trug ebenfalls ihren Teil dazu bei. So entstand diese isolierte Felsformation. Hier wurden sogar Steinwerkzeuge gefunden, vor rund 10.000 Jahren scheinen sich hier schon erstmals Menschen angesiedelt zu haben.

Ich schaute mir das Treiben der vielen Leute eine Weile an, bevor ich dann wieder auf die Suche nach Ruhe losfuhr. Ehe ich mich versah, rollte ich den Berg wieder rasant hinunter. „Jaaaaaaa, schön rollen lassen", schoss es mir freudig in den Kopf. Über Holzhausen raste ich schöne, asphaltierte Wege hinunter nach Berlebeck. Nicht einmal in die Pedale treten musste ich. Tat das gut. Und es machte richtig Spaß.

Der sollte aber direkt wieder im Keim erstickt werden. Von der Hauptstraße in Berlebeck bog ich nach wenigen Metern links ab und stand quasi vor einer Wand! Was war das denn bitte für ein Anstieg? Was zur Hölle...? Aber das waren nur Bruchteile von einer Sekunde, wo ich kurze Zweifel hegte das zu schaffen. Ich ging es einfach an. Einfach so. Einfach machen. Nicht nachdenken. Da hoch. Kräftezerrend in die Pedale tretend. Zwar eiernd am Ende...aber BUMMS...oben! Und gar nicht mal so außer Atem. Hätte ich nicht vermutet. Das zeigte mir aber, dass ich anscheinend schon eine ganz gute Grundkondition aufgebaut habe. Ich war zufrieden.

Oben an einem Aussichtspunkt traf ich einen netten, älteren Herren. Wir kamen kurz ins Gespräch, er kam aus der Gegend und fährt zu Trainingszwecken gerne mal mit dem alten 5-Gang-Fahrrad die Hügel rauf um Fit zu bleiben. Respekt! Er gab mir ein paar Tipps für meinen weiteren Weg und dann verabschiedeten wir uns. Jetzt sollte es nochmals richtig haarig werden. Das Hermannsdenkmal, gelegen auf dem Grotenburg, zeigt den Cheruskerfürsten Arminius, der in der Schlacht im Teutoburger Wald ( „Varus-Schlacht" ) im Jahre 9 römische Legionen aufrieb. Ernst Handel war der Architekt dieser Kolossstatue, die im Jahre 1875 nach 38 Jahren Bauzeit eingeweiht wurde! Für alle, die mal einen auf Schlau machen wollen: bevor die Freiheitsstatue in New York errichtet wurde, war das Hermansdenkmal die größte Statue der westlichen Welt. ( Quelle: wikipedia 😉 )

Aber: ich musste ja erstmal auf den Berg kommen. Zuerst hatte ich gedacht, dass die Straße mehr von Autos befahren sein würde. Doch zu meinem Glück waren es nicht mehr als eine Handvoll. Das war mir recht so. Denn der Anstieg war hart. Sehr hart. Da wären Autos und Motorräder im Nacken nicht so angenehm gewesen. So plagte ich mich alleine regelrecht an diesem Berg ab. Die Oberschenkel brannten nach etwa der Hälfte an diesem mühseligen Anstieg. Da hieß es Zähne zusammenbeißen. Und plötzlich war ich oben. Keuchend und nach Luft ringend, aber oben! Und zu meinem Erstaunen auch schnell wieder erholt um die letzten Meter zum Denkmal zurückzulegen.

Auch hier waren viele Leute unterwegs. Klar, das Wetter war ja auch ideal für einen Ausflug. Imposant thront die Statue auf ihren Sockel, den man - natürlich gegen Eintrittsgeld - erklimmen kann. Der Blick geht weit über die Hügel des Teutoburger Waldes und Mittelgebirgszuges hinaus. Gerne wäre ich auch dort hoch gegangen, aber leider fand sich für mich nirgendwo eine adäquate Abstellmöglichkeit zum anschliessen für das Stelvio. Obwohl rings um das Denkmal genug Platz gewesen wäre. Schade. Und einfach so abstellen wollte ich das Rennrad nur ungerne. Also genoss ich so dieses gut besuchte Plätzchen, gönnte mir ein Eis und erfreute mich an dem schönen Wetter.

Die Abfahrt hinunter nach Hiddesen war rasant. Der Fahrtwind kühlte angenehm. Detmold war von hier gut zu sehen, doch lag nicht auf meinem Track. Dann liess mich mein geplanter Track von der Straße abweichen. Schotterweg! Mal gröber, mal feiner. Und ich mit meinen Slicks. Sollte ich das wirklich tun? Eigentlich ist das Rad nicht ideal für solche Wege. Irgendwie kam mein Gravel-Gen aber durch und ich fuhr im mäßigen Tempo den Weg. Ein echter Härtetest für die 25er Continental Grandsport Race! Zum Glück hatte ich die Reifen nicht ganz mit vollen Druck aufgepumpt. Das gab mir einen kleinen Puffer.

Glücklich in Augustdorf angekommen, fuhr ich durch einige Nebenstraßen mit schönen Häusern. Allesamt mit Vorgärten, die liebevoll gepflegt waren. Langsam stieg mir immer mehr der ganz typische Heidegeruch und der des Nadelwalds in die Nase. An einer Tankstelle versorgte ich mich noch mit neuen Wasservorrat, denn die nächsten Kilometer würde nichts mehr kommen und meine Trinkflasche war ziemlich leer. Der Truppenübungsplatz Senne war mein nächstes, spannendes Ziel. Er steht unter britischer Verwaltung, die NATO-Truppen spielen hier Krieg und Frieden. Ich hatte mich vorher schlau gemacht, ob die Durchfahrt überhaupt möglich ist. Das Netz lieferte mir alle Infos, die ich brauchte. Mein Weg durch die schöne Heidelandschaft der Senne bestand aus kilometerlangen Kopfsteinpflaster. Ein Vorgeschmack dessen, was mich auch in meinem Radurlaub in Belgien erwarten wird. Paris - Roubaix könnte hier auch als Nachahmung gedient haben. Überall standen Schilder, dass das Verlassen des Weges verboten ist. Es könnten ja irgendwo Blindgänger herumliegen.

Die Wüstung Haustenbeck innerhalb der Senne wurde 1659 gegründet. 1937 musste der kleine Ort dem erweiterteren Truppenübungsplatz weichen. Zurückgeblieben sind nur noch Reste der alten Kirchenmauern. Etwas grotesk sah das aus. Nun gut. Weiter über die „Cobbles" der Senne kam ich am Panzerfriedhof vorbei. In der offenen Landschaft verteilt, waren sie schon Ziel für so allerlei Schiessübungen gewesen. Verrosteter Stahl und verbogene Geschütze zeugten von denvielen Übungen, die hier stattfinden müssen. In Deckung brauchte ich hier zum Glück nicht zu gehen. Stattdessen versuchte ich mit angemessenen Tempo einigermassen das Kopfsteinpflaster zu meistern. Zu schnell zu sein hieß eventuell die Kontrolle zu verlieren. Zu langsam zu fahren, hieß noch mehr Gerüttel in Kauf zu nehmen. Ich fuhr also möglichst eine ideale Kombination und kam dadurch gut vorwärts.

Eine Umwandlung des Truppenübungsplatzes in einen Nationalpark ist immer wieder mal Thema. Doch die Senne, so wie sie hier heute ist, würde ohne die militärische Nutzung nicht so aussehen. Keine Touristen, die hier munter durch die Landschaft wandern, sondern quasi unberührte Natur, die sich relativ frei entwickeln kann! Klingt komisch, ist aber so! Deshalb ist es gar nicht so schlecht, wenn dieses Gebiet weiter militärisch genutzt wird. Wer will denn auch schon durch ein Gebiet wandern, in der überall Blindgänger herumliegen könnten? Und wer will die alle wegräumen? Eine Sisyphusarbeit! Man findet zu dem Thema immer wieder Diskussionen in der Zeitung oder im Internet. Die Meinungen gehen teils weit auseinander.

Ich wollte einfach nur Radfahren. Und tat das auch. Nach dem Truppenübungsplatz kam nun quasi ein ausrollen für mich. Durch schöne, landwirtschaftlich genutzte Landschaft fuhr ich nun sehr gut asphaltierte Wege. Die Felder flogen nur so an mir vorbei. Es machte Laune dort mit dem Rennrad zu fahren. Nur sehr wenige andere Radfahrer kamen mir entgegen. Ein Weg wurde dann aber tatsächlich nochmals kritisch. Ein schmaler, aber herrlicher Feldweg musste dran glauben. Wieder nicht ideal für das Stelvio, denn hier kamen noch Wurzeln und scharfe Tannenzapfen hinzu. Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Anscheinend der ultimative Test für die Reifen. Alles ging gut. Ich sollte das nur nicht zu oft machen.

Kurz vor Delbrück drehte ich quasi um und es ging auf feinkörnigen Weg den Böker-Heide-Kanal entlang. Anscheinend ist dieser sehr beliebt, denn hier waren wesentlich mehr Radfahrer unterwegs. Viele davon unterwegs zum beliebten Lippesee. Am Ende kam ich dann wieder nach Schloß Neuhaus. Rund 107 Kilometer standen auf dem Tacho. Eine schöne Tour war das, auch wenn sie nicht an allen Stellen für ein Rennrad geeignet war, machbar war sie trotzdem. Der sonnige Tag versüßte mir die Runde eh schon, da waren die wenigen, nicht rennradtauglichen Abschnitte leicht zu verschmerzen. Meine Beine blieben erfreulich frisch und auch der neue Sattel machte sich grandios! Dazu vielleicht bald mal mehr...

Teutonischer RittTeutonischer Ritt Screenshot STRAVA

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