Softwarefehler können nicht nur Unternehmen teuer kommen, die Software entwickeln und vertreiben und dafür vertraglich haften müssen. Auch Endanwender können durch Probleme bei der Softwarequalität bares Geld verlieren. Und das nicht nur, wenn ein Raumfahrtprogramm ins Schlingern kommt, weil der Computer eine Raumsonde auf Marsmission im Lande-Orbit „falsch einparkt“.
Derzeit kann die Tücke des Objekts Arbeitnehmer treffen, die gerade ihre Steuererklärung für 2010 abgabefertig machen. Denn die Lohnsteuerbescheinigungen für 2010 enthalten für freiwillig gesetzlich versicherte Beschäftigte nicht vollständig ausgewiesene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Das kann zu Problemen führen, wenn man diese steuerlich geltend machen will, wie die Süddeutsche Zeitung gestern berichtete.
In den Zeilen 24 bis 26 der Lohnsteuerbescheinigung werden Sozialversicherungsbeiträge sowie Arbeitgeberzuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung erfasst und unter bestimmten Voraussetzungen unvollständig zusammengerechnet. Durch die falsche Addition verlieren Arbeitnehmer so vielleicht ihren Entlastungsanspruch, da das Finanzamt diese Daten parallel zur Bescheinigung erhält und nicht auf Plausibilität zu prüfen scheint (so dass auch manuelle Korrekturen zwecklos sind und die Bescheinigung daher neu ausgefertigt werden sollte).
Hier macht sich ein spezielles Branchenproblem der Anbieter für Steuer- und Lohnabrechnungssoftware bemerkbar. Denn jedes Jahr gibt es Mitte bis Ende Dezember ein Jahressteuergesetz, dass i.d.R. zahlreiche Details im Steuerrecht verändert. Für DATEV & co. heißt es dann, diese in sehr kurzer Zeit zu durchschauen, zu implementieren und zu testen, so dass zum Jahresanfang korrekt rechnende Programme für Lohnabrechnung, Sozialversicherung und Steuerfragen verfügbar sind.
Das klappt nicht immer reibungslos, zumal die inhaltlichen Abstimmungsprozesse zwischen Finanzverwaltung, Unternehmen und Softwareanbietern nicht immer ganz reibungslos zu verlaufen scheinen. Auch diesmal gibt es wieder Schuldzuweisungen zwischen Softwareanbietern („unklare Informationen“) und Finanzverwaltung („nachfragen wenn was nicht verstanden wurde“). Oder es wird aufgrund von Zeitdruck an der Qualitätssicherung gespart. Und manch ein Rechenfehler wird auch erst bemerkt, wenn sich die dahinter stehende Steuergesetzgebung erneut ändert.
Wo zwei sich streiten, tragen also auch mal Dritte den Schaden davon. Und Vierte können davon profitieren. So weist z.B. das International Software Quality Institute (iSQI) in einer Pressemeldung darauf hin, wie wichtig eine fundierte, standardisierte Aus- und Weiterbildung von Softwareexperten, konkreter Zertifizierungen in den Bereichen Testing, Anforderungsmanagement oder sichere Softwareentwicklung sein kann, wie sie von den iSQI-Partnerfirmen angeboten werden.
Da wird der Bug in der Lohnabrechnung zum willkommenen Werbegag.