Test – Dragon Age: Inquisition

Artikelinhalt

  • 1 Von grandios bis Flopp – Die Vorgänger
  • 2 Wer war das noch mal und wieso darf ich Andrastes Asche nicht entweihen, wenn ich heiraten will?! – Dragon Age: Keep
  • 3 Vielschichtig, riesig, besser? – Dragon Age: Inquisiton
    • 3.1 Der PC hustet aus allen Lüftungsschlitzen – Die Grafik
    • 3.2 Hakelig in der PC-Fassung – Das Menüdesign
    • 3.3 Individualität und Bedienungsschwierigkeiten – Die Charaktereditor
    • 3.4 Wir starten und verraten natürlich wenig – Die Story
    • 3.5  DA muss kann ich jetzt überall hin?! – Biowares Open-World-Konzept
    • 3.6 Weitere Features – Crafting, Ressourcennutzung und Diplomatie
    • 3.7 Nicht zu langsam, nicht zu schnell – Das Kampfsystem
    • 3.8 Vielleicht zu individuell? – Die Companions und Berater
    • 3.9 Home, sweet home! – Eine eigene Festung
    • 3.10 Echte Companions – Der Multiplayer
  • 4 Wie steht’s denn nun um das neue Dragon Age? – Das Fazit
    • 4.1 Für die Lesefaulen (ich habe aber auch viel geschrieben…)

Am 20. November war es für die deutschen Fans der Fantasy-Rollenspiel-Reihe Dragon Age soweit: Developer Bioware und Publisher Electronic Arts luden ein drittes Mal in die aus den Vorgängern bekannte Spielewelt Thedas ein – dieses Mal sogar Open-World.

An dieser Stelle sei gesagt:

A) Getestet wurde die PC-Version.

B) Gespoilert wird natürlich nichts.

C) Jetzt gibt’s erst mal einen kurzen kritischen Rückblick auf die Vorgänger und die Wünsche der Spieler zum neuen Teil der Serie. Wer direkt zum Test möchte, möge bitte weiterscrollen.

Von grandios bis Flopp – Die Vorgänger

Nachdem der Serienerstling Dragon Age: Origins ein voller Erfolg bei den Spielern war, stand sein Nachfolger Dragon Age II in großer Kritik. Vor der Veröffentlichung des neuen Werks Inquisition hing die Spieleschmiede Bioware, die besonders für ihre innovativen Entscheidungsmechaniken und ein grandioses Storytelling bekannt ist, gewissermaßen am seidenen Faden. Der Vorzeige-Rollenspiel-Covershooter Mass Effect geriet bei einigen Fans mit seinem umstrittenen Ende leicht ins Straucheln und mit dem Revival-Versuch des dichten Star Wars-Abenteuers Knights of the Old Republic in Form des MMOs Star Wars: The Old Republic, welches zwar zu Anfang mit seinem innovativen vertonten Dialogsystem eine große Anhängerschaft um sich scharte und eine spannende individuelle Storyline bot, die sich jedoch im Endgame bis heute in Luft aufgelöst zu haben scheint, vermehrte sich die Kritik an Bioware zunehmend.

Nach dem Flopp von Dragon Age II, welches auf ein schnelles actionreiches Kampfsystem, ein konzentriertes Setting und individuelle Charaktere setzen wollte, waren und sind die Erwartungen an Inquisiton hoch. Das Kampfsystem des Vorgängers war zu schnell, zu bunt, zu unübersichtlich. Die gesamte Handlung fand in und um die relativ kleine Stadt Kirkwall statt; ging es auswärts in Dungeons oder auch innerhalb der Stadt in Interieurs, so nervten vor allem die Copy-Paste-Designs der immergleichen Umgebungen. Die Begleiter konnten lediglich in ihren Skills, jedoch nicht in ihrem Aussehen verändert werden. Das gesamte Oberflächendesign, wie auch die technische Menüführung in Inventar, Charakterbildschirm, Skills, usw. erfuhren mit Dragon Age II einen Wandel, der optisch durchaus ein stimmiges Design bot, sich jedoch von nostalgischen Rollenspiel-Look Origins stark entfernte. Und auch die Handlung wirkte durch die vielen Unterbrechungen, die dem Spieler seinen Helden Hawke aus der Hand nahmen und ihn nach einem kurzen Ladebildschirm “Vier Jahre später” präsentierten, nicht wirklich dicht und persönlich. Was dem Spieler am Ende blieb, war der Titel “Champion von Kirkwall”, der verschwand und verschollen blieb – bis heute. Doch dazu später mehr.

Man wollte zu Dragon Age: Origins zurück. Nicht nur zu seiner stimmigen Atmosphäre und den weiten Teilen des Königreiches Ferelden, welches auf einer dichten storygeführten Reise erkundet werden konnte. Auch die Oberflächenoptik und Menüführung wurden vermisst, die umfangreichen Interaktionen mit den Begleitern, die selbst während einer Mission möglich waren. Und nicht zuletzt (und dies stellt nur eine kleine Aufstellung gesammelter Kritik dar): Die taktische Ansicht während eines Kampfes, die nicht nur für altbekanntes Rollenspiel-Feeling sorgt, sondern auch für den besseren Überblick und das strategische Planen einer jeden Situation. Der letztliche “Held von Ferelden” war zwar selbst nicht synchronisiert – und hier spalten sich die Meinungen – doch das war auch ganz gut so. Neben einer individuelleren Vorstellung und dem persönlichen Bezug zum eigenen Charakter, war dies allemal besser, als die in ihrem Tonfall durchaus über-selbstbewusste Stimme Hawkes im zweiten Teil; aber dies mag eine subjektive Ansicht sein.

Wer war das noch mal und wieso darf ich Andrastes Asche nicht entweihen, wenn ich heiraten will?! – Dragon Age: Keep

Bevor man Dragon Age: Inquisition startet, sollte man einen Blick in Dragon Age: Keep werfen. Das Online-basierte Programm ersetzt den bisher bekannten Spielstandimport, auch, wenn es zunächst die vorhandenen Spielstände synchronisiert. Und dies gilt auch für Spieler, die Dragon Age: Origins bereits zu Zeiten vor EAs Shop und Bibliotheks-Plattform Origin spielten (was für ein Satz…). Hier gilt es zunächst, entweder vorhandene Spielstände auszuwählen, welche automatisch mit dem EA-Konto verknüpft sind, oder aber selbst festzulegen, welche Rasse, Klasse und welches Geschlecht man in den Vorgängern gehabt hätte, hätte man sie denn gespielt. Anschließend beginnt eine ausgedehnte gezeichnete Videosequenz, welche in animierten Standbildern die Geschichte der ersten beiden Spiele wiedergibt. Als Erzähler fungiert hierbei der aus Dragon Age II bekannte Zwerg Varric Tethras, während der Spieler selbst an bestimmten Stellen der Geschichte unterbrechen und ihren Fortgang auswählen kann. Diese Option besteht sowohl für importierte Spielstände, als auch für Neulinge und gibt einem die Möglichkeit, sich noch einmal an alles bisher Geschehene zu erinnern und die eigenen Entscheidungen zu überdenken. Wen lasse ich am Leben? Habe ich dieser Person geholfen? Was ist am Ende geschehen? Im Anschluss an die beiden Geschichts-Sequenzen darf fleißig gebasteltet werden.

Getroffene Entscheidungen - der WandteppichGetroffene Entscheidungen - der WandteppichGetroffene Entscheidungen – der Wandteppich

Auf dem “Wandteppich” ist das gesamte Dragon Age-Abenteuer ausgebreitet. Hier können genauere Angaben zu den eigenen Charakteren der ersten beiden Spiele gemacht werden, Liebschaften festgelegt und wichtige, sowie vielleicht zuvor weniger wichtig erschienene Entscheidungen getroffen werden. Habe ich Bill, dem bärtigen Bauern geholfen, die Kette seiner Großmutter zu finden? Habe ich die verstoßene Feria am Leben gelassen, nachdem ich sie in der Kiste eingesperrt hatte? Was ist mit dem Kanarienvogel von Lui geschehen? Entscheidungen über Entscheidungen! Aber Spaß beiseite: An viele der Entscheidungen konnte ich persönlich mich nicht erinnern; geschweige denn an die Personen, die ich da getötet, am Leben gelassen oder denen ich geholfen haben soll. Umso besser, dass es Dragon Age:Keep gibt, um vergessene Namen und Taten noch einmal ins Gedächtnis zu rufen.

Wann immer man eine Entscheidung trifft, die eine andere beeinflusst, erscheint eine Meldung und gibt einem nicht selten die Information, dass eine ganze Reihe von Ereignissen nicht zu dieser einzigen Entscheidung passen kann. Man fragt sich natürlich: Was zur Hölle hat die Asche von Andraste mit meiner Hochzeit oder dem Butterbrot von Knut zu tun?! Aber Biowares unermüdliche Verknüpfungsmaschinerie wird hier deutlich.

Also jede getroffene Entscheidung beackern, vielleicht Fehlentscheidungen aus dem ersten Teil korrigieren – oder einfach auf der Standardeinstellung; bzw. Spielstandimport lassen – und anschließend speichern nicht vergessen. Das Gesamtpaket wird dann in Inquisition importiert und tatsächlich auf vielerei Arten berücksichtigt. Ein gelungenes Feature und eine sehr gute Idee vor dem Start in ein weiteres Dragon Age-Abenteuer!

Vielschichtig, riesig, besser? – Dragon Age: Inquisiton

Kommen wir nun endlich zu Dragon Age: Inquisiton. Was macht es besser? Was vielleicht nicht so gut? Hat Bioware die Kritik der Spieler ernstgenommen? Es gibt so viele Fragen und auch ziemlich viele Antworten. Sogar mehr Antworten, als Fragen, wenn man es genau nimmt. Werfen wir einen Blick auf die einzelnen Kategorien, in die sich das Rollenspiel unterteilen lässt und starten am Anfang.

Der PC hustet aus allen Lüftungsschlitzen – Die Grafik

Die in Inquisition verwendete Spielengine kennen wir doch irgendwoher…genau, DICEs Frostbite-Enginge wurde bereits in Battlefield 3 verwendet; hier noch in der zweiten Version, vor Release stellte man für Inquisiton jedoch auf die dritte Version um. Und dann wäre da noch das Physically-Based-Rendering, welches hier zum ersten Mal in der Frostbite 3-Engine verwendet wird. Was das kann? Mit Hilfe physikalischer Gesetze können nun Beleuchtungssituationen für die verschiedensten Oberflächen nach Absorbtion, Reflektion, Streuen oder vorherigen Eintreten individuell berechnet werden. Die Frostbite-Engine schließt damit zwar an die Konkurrenz, wie die Cryengine an, bringt den heimischen PC aber mit seinen Hardwareanforderungen ganz schön ins Schwitzen. Jedoch sind die Einstellungsmöglichkeiten vorbildlich individuell, sodass man nicht nur besondere technische Elemente, wie die Beleuchtungsfeatures des Physically-Based-Rendering oder Horizon-Based-Ambient-Occlusion (Umgebungslichtverdeckung), ausschalten kann, sondern mit den richtigen Einstellungen auch auf kleineren Systemen eine wirklich ansehnliche Grafik zusammenstellen kann.

Die DalesDie DalesDie Dales

Hakelig in der PC-Fassung – Das Menüdesign

Bereits in der Charaktererstellung, aber spätestens bei Inventar und Charakterbildschirm merkt man: Das hier ist eigentlich für ein Gamepad gedacht – und dies kann man ja optional auch nutzen. Doch sprechen wir über die Steuerung mit Tastatur und Maus. Inquisition gibt sich nicht ganz so verloren und unübersichtlich wie sein Vorgänger, der seine verwirrenden Menüs und Skillsysteme für einem tiefen schwarzen Nichts (dem schwach beleuchteten Hintergrund) präsentierte. Optisch angenehm gestaltet erscheinen Inventar, Skillbäume, Karte und natürlich das Spielemenü; ganz im alten-neuen Design, welches mit seiner gezeichneten “comichaften” Optik in überholter und stimmigerer Form ein Element aus dem Vorgänger übernimmt, das sich durchgängig im ganzen Spiel wiederfinden lässt.

Leider erscheint die Menüanordnung und dementsprechende Steuerung nicht ganz so positiv. In Reiter und Listen aufgeteilt, verliert man schnell mal den Überblick über sein Hab und Gut und verkauft auch schnell mal etwas beim örtlichen Händler, das eigentlich in der eigenen Hand bleiben sollte. So muss geklickt, gescrollt, noch mal geklickt, markiert, noch mal gescrollt und wieder geklickt werden, wenn man mit dem Inventarsystem noch nicht so ganz fit ist, bis endlich ein Gegenstand gefunden, ausgerüstet oder doch irrtümlich verkauft wurde. Gleiches gilt für die Skillbaum-Ansicht. Dieser an sich ist wunderbar einfach gehalten und schnell in der gewünschten Kombination zusammengestellt. Links der Skillbaum, rechts ein Infofenster – darunter…moment, eine Ansicht unseres ausgewählten Charakters, aber eben irgendwie durch das Infofenster verdeckt – also, warum überhaupt da? Etwas hakelig ist auch der Switch zum nächsten Charakter über mehrere Schaltflächen. Sicher, auf dem Gamepad eine ganz andere Geschichte, aber für die PC-Version vielleicht etwas viel Klickerei und Sucherei. Die Gesamtansicht aller Skillbäume war vielleicht ein Vorteil, den Dragon Age II bot.

Ansicht des InventarsAnsicht des InventarsAnsicht des Inventars

Ein bisschen schade: Das Inventar und sein Umgang mit vielleicht besonderen Gegenständen. Dragon Age: Origins kennzeichnete Geschenke oder besondere Sammelobjekte extra, wohingegen Dragon Age II für so manchen Loot sogar die eigene Kategorie “Müll” hatte (wieso nimmt man das dann überhaupt mit?). Es gibt zwar einen extra Inventarreiter für “Wertgegenstände”, unter welche auch Sammelobjekte für die Inquisition fallen (was anbei angezeigt wird), jedoch weiß man nicht recht, was man mit einem “Dalish Spielzeugsoldaten” anfangen kann – hierbei fehlt jegliche Beschreibung.

Individualität und Bedienungsschwierigkeiten – Die Charaktereditor

Auch bei der Charaktererstellung gab es einige wenige Überlappungen verschiedener Schaltflächen und nur umständliche Möglichkeiten, diese wieder zu schließen; etwa, um zwischendurch die Ansicht unseres Charakters zu drehen, während man das gewählte Element anpassen möchte. Letzteres funktioniert nur, wenn man zunächst auf ein anderes Einstellungselement klickt, anschließend den Charakter passend für die eigentlich gewollte Einstellung dreht und schließlich wieder zu dieser zurückkehrt – etwas umständlich.

Dafür sind die Anpassungsmöglichkeiten sehr gelungen und ermöglichen – wenn auch auf dem PC hakelig steuerbar – mehr Auswahl, als die beiden Vorgänger. Als spielbare Rassen bietet sich dieses Mal nicht nur, wie es Dragon Age II beschränkte, der Mensch an. In Anlehnung an Dragon Age: Origins darf man zwischen Elfen, Menschen und Zwergen wählen; außerdem dazugekommen: die Qunari als spielbare Rasse. Mit einer für manchen Spieler vielleicht kargen Auswahl an Frisuren, die sich Männer und Frauen zudem teilen müssen, darf dieses Mal tief in den Farbtop gegriffen werden, was die Augengestaltung angeht. So kann aus dem gesamten Farbspektrum nicht nur einfach die Augenfarbe, sondern gleich die innere und äußere Irisfarbe bestimmt werden – ein schönes Feature, welches man vielleicht auch direkt für die Haare hätte übernehmen können, für welche nur eine Auswahl an Standardfarben exisitiert. Bei der Gesichtsgestaltung hat man wieder freie Wahl: Vorgebene Formen nutzen oder sich an den etwas “gefährlichen” Koordinaten-Editor für die einzelnen Gesichtspartien wagen? So können bei letzterem beispielsweise Mund, Nase oder Kinn über Veränderungen auf der X-und Y-Achse angepasst und individualisiert werden. Doch auch hier gilt vorsicht: Die Ansicht des Charakters sollte man sich für die betreffende Stelle vorher zurecht drehen, da man auch dieses Fenster sonst erst schließen muss. Auch ein kleiner Negativpunkt: Ein “zurück auf Standard”-Button fehlte leider in der bisherigen Version, die getestet wurde. Wenn das Koordinaten-Experiment nicht gefallen sollte, muss man mühevoll den Ausgangspunkt suchen und per Hand zurücksetzen.

Elfin im CharaktereditorElfin im CharaktereditorElfin im Charaktereditor

Aber sind wir ehrlich: Die vorgegeben Standardköpfe schauen wirklich passabel aus und sind mit einigen Handgriffen schnell persönlich angepasst.

Ebenfalls neu – wir dürfen unsere Synchronstimme aus zwei Möglichkeiten selbst auswählen. In Englisch ist das Ganze noch einen Ticken cooler, denn je nachdem, welche Stimme wir wählen, die sich zunächst einmal in Alter, beziehungsweise tiefer/ruhiger, sowie jünger und damit heller/klarer unterteilen, ändert sich in der englischen Sprachfassung der Akzent vom Britischen ins Amerikanische. Eine schöne Idee. Doch auch im Deutschen sind deutliche Unterschiede zu hören. Frauen dürfen zwischen der höheren Stimme Manja Doerings (Natalie Portman bspw.) und der tieferen Variante Anke Reitzenstein (SevenOfNine aus Star Trek: Voyager bspw.) wählen. Die Männer erfreuen sich an René Dawn-Claude (Arjan La Valette aus The Witcher II bspw.) oder Torsten Michaelis (Sean Bean wie wir ihn kennen und immer wieder beerdigen). Ja, Lokalisation ist sehr sehr aufwendig, besonders bei Rollenspielen, besonders bei Bioware Rollenspielen. Aber eine neutralere Zwischenvariante hätte ich persönlich bei den Frauen begrüßt – man kann nicht alles haben und zwei Möglichkeiten sind ja mehr als genug! Häufig am besten, ich stehe dazu, ist gar keine Sychronstimme für den Hauptcharakter. Die hier gewählten Sprecher leisten in jedem Fall eine sehr gute Arbeit.

Eine Klasse möchte in einem Rollenspiel natürlich auch gewählt werden. Man darf sich zwischen Schurke, Krieger und Magier entscheiden und anschließend eine anfängliche Spezialisierung wählen. So kann man sich beispielweise bei dem im Test gespielten Schurken zwischen einem Bogen und zwei Dolchen entscheiden – im späteren Spiel steht es einem jedoch frei, sich komplett umzuskillen. Auch, wenn bestimmte Waffentypen (Stab beim Magier z.B.) ihre Klassen durch darauf angepasste Effekte unterstützen. Bei einigen Rüstungsgegenständen, wie auch Waffen, erhält man dennoch den Hinweis, dass dieses Objekt ausschließlich für Krieger oder Schurken, sowie zum Beispiel “nur für Qunari” oder etwa auch (wie diskriminierend!) “nicht für Varric” gedacht ist. In der getesteten Version des Spiels war es dennoch bei manchen Objekten möglich, diesen Hinweis einfach zu umgehen, und Varric dennoch mit einer Kopfbedeckung auszustatten, die ihm angeblich nicht stehen soll. Einem Krieger eine Magierrobe aufzuschwatzen, gelang jedoch nicht. Allein durch diese wenigen auf Klassen/Rassen gebundenen Gegenstände wird man in die typischen Rollen gedrängt: Leichte Rüstung für Magier, mittelschwere für Schurken und schwere für Krieger – was einen jedoch im Normalfall nicht davon abhält, als Magier eine schwere Rüstung zu tragen oder einen Zweihänder zu schwingen. Ein definitiver Pluspunkt an dieser Stelle für die Ausrüstungsfreiheiten, die Bioware der Kritik der Spieler zum zweiten Teil entnommen zu haben scheint!

Wir starten und verraten natürlich wenig – Die Story

Ziemlich intensiv und mit einem Stoß ins kalte Wasser startet die Story. Doch zunächst wählen wir aus einer Auswahl stilistisch gezeichnter Spielkarten (ein das Spiel durchziehendes gestalterisches Element) die gewünschte Kombination für unseren Helden: Welcher Rasse gehören wir an? Davon abhängig ändert sich unsere Herkunftsgeschichte. Welche Klasse wollen wir mit welcher Spezialisierung spielen? Und sind wir männlich oder weiblich? Dann geht es mit einer kurzen Cutscene weiter.

Noch bevor wir überhaupt unseren Charakter bearbeiten dürfen, finden wir uns schon als auto-generierte Person, die sich vom schroffen Felsboden erhebt, in einer unwirtlichen Gegend wieder. Doch bereits nach wenigen Sekunden dürfen wir uns anpassen und individualisieren. Ein Weg, der an die Elder Scrolls- Titel erinnert, bei welchen auch etwas verzögert nach dem eigentlichen Spielstart der Charakter erstellt wird, anstelle einen Editor vor Spielstart zu integrieren.

Verfolgt durch zahlreiche monströse Angreifer spurtet unser Held in einer weiteren Cutscene anschließend einen Berg hinauf, verzweifelt versuchend, eine in strahlend weißes Licht eingehüllte Person zu erreichen – wer ist diese Frau? Wo sind wir? Was ist geschehen? Wir erreichen die Person und fallen anschließend aus dem Himmel in die uns bekannte Welt, über uns ein gewaltiger intensiv grün-brennender Riss – und auf unserer Hand eine kleinere Version davon.

Eigentlich waren wir auf dem Konklave; einer Zusammenkunft von Templern und Magiern in einer heiligen Stätte Fereldens, dem Tempel der Heiligen Asche, gemeinsam mit der Kirche und ihrer obersten Vertreterin, der Göttliche Justinia. Hier sollte der Konflikt zwischen den Parteien besprochen werden, welcher in Dragon Age: Origins bereits Thema war, jedoch im zweiten Teil eskalierte. Doch mit dem plötzlichen Auftauchen eines gewaltigen Risses, welcher eine Verbindung in das Dämonenreich des Nichts darstellt, ging auch eine Explosion einher, die Justinia und zahlreiche andere tötete – außer uns, die wir scheinbar im Nichts gelandet und anschließend mit einem Mal auf der Hand wieder am zerstörten Tempel aufgetaucht sind.

Der Spieler und Cassandra vor der BrescheDer Spieler und Cassandra vor der BrescheDer Spieler und Cassandra vor der Bresche

Mit zahlreichen Schuldzuweisungen, vor allem an den Spieler, einem gewaltigen Riss im Himmel (der Bresche) und der immer stärker eskalierenden Situation zwischen Templern und Magiern startet nun Dragon Age: Inquistion. Den Titel erhält das Spiel durch die Inquisition, welche gleich zu Beginn ins Leben gerufen wird, mit uns als Teil davon. Wir werden jedoch misstrauisch behandelt und sogar für den Anfang gefangen gehalten; immerhin fielen wir aus einem zerstörerischen Riss im Himmel, welcher Dämonen den Übergang in die Welt der Lebenden ermöglicht und dafür sorgt, dass kleinere Risse auftauchen, die Gleiches bewirken. Doch schnell stellt sich heraus: Mit dem Mal auf unserer Hand können wir die kleineren Risse schließen. Auch, wenn es sich immer weiter auszubreiten scheint…und an dieser Stelle sei genug gesagt.

Was lässt sich nach 18 langen Spielstunden zur Story sagen? Nicht viel, außer, dass freudigerweise ein sehr umfangreiches und langes Abenteuer bevorsteht. Bisher erschienen Quests sinnig und gut durchdacht, spannend, aber auch mal an ein MMO erinnernd (“Finde den Bisent-Bullen und führe ihn zur Weide zurück”/”Sammle 10x Widderfleisch”). Aber die Grundlagen, sowie die eigene Charakterkonzeption darin bilden schon einmal eine sehr gute Basis. Noch immer scheint die Hauptgeschichte jedoch nicht ihren spannungsfördernden Wendepunkt erreicht zu haben. Doch das soll hier keinesfalls negativ bewertet werden, da man von allen Seiten hört, dass genannter Moment kommen soll, an welchem die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt und ein gänzliches Eintauchen in die Welt ermöglicht. Denn aller Anfang ist schwergängig: Gleich zu Beginn wird man nicht nur mit Informationen und Personen, sondern auch mit Hauptquests, Nebenquests, Handwerksquests, Sammelquests, riesigen Gebieten, strategischen und diplomatischen Nebenmissionen, an Sammelaufgaben gekoppelte Mini-Games, Farming und Vielem mehr überhäuft und das mehr oder weniger auf einen Schlag.

 DA muss kann ich jetzt überall hin?! – Biowares Open-World-Konzept

Das erste Gebiet, welches man außerhalb des Start- und Rückzugortes Haven betreten kann, sind die weitläufigen Hinterlande. Und mit weitläufig ist auch weitläufig gemeint. Open-World trifft es wirklich ziemlich gut, wenn man Stunden damit verbringt, sämtliche Höhlen, Anhöhen, Festungen und Lager, sowie Dörfer zu durchstreichen. Der eigene Weg bleibt hierbei vollkommen frei wählbar, so scheint es. Neben natürlichen Blockaden, wie unzureichenden Skillfähigkeiten oder hohen Gebirgsketten, stellt Bioware dem Spieler jedoch eine atmosphärisch perfekt angepasste “unsichtbare” Wand in den Weg: Höherlevelige Gegner. Mitten auf dem Weg zur nächsten Quest, welche man bereits erhalten hat, steht dem Level 5 Helden auf einmal ein Level 13 Dämon im Weg – hier geht es also nicht nicht weiter. Ein geschickter Weg, um das Open-World-Rollenspiel dennoch wieder auf die storybasierte Schiene zu lenken, die Bioware so gerne fährt.

In Dragon Age: Origins gestalteten sich Levels mehr oder weniger in unauffälliger Schlauchform, der man gerne folgte, da die Story packend und antreibend gestaltet war. Ein längeres Aufhalten in bestimmten Gebieten war nicht angedacht. Dragon Age II machte mit seinen Copy-Paste Dungeons und der immer wiederkehrenden Erkundung ein und derselben Umgebungen jedoch den Fehler, sowohl an ausreichend Terrain zu sparen, als auch an der Story, welche nun auch nicht wirklich die treibende Kraft zwischen den Levelabschnitten war.

Dragon Age Inquisition geht nun einen Weg, der mittlerweile zum beliebten Standard in Rollenspielen geworden ist, jedoch häufig Story-Problematiken hervorruft, indem es eine relativ offene Welt anbietet. Natürlich müssen einzelne Gebiete noch über die Weltkarte angesteuert werden; von Denerim nach Val Royaux zu laufen, ist nicht möglich. Doch einmal in einem Gebiet ausgesetzt, steht dem Spieler ein großes Areal zur Verfügung, welches er auf eigene Faust, unabhängig von seiner aktuellen Aufgabe erkunden kann – oder auch nicht, wie es dem Spieler beliebt. Das hat Vor-und Nachteile: Inquisition lockt mit seinen unzähligen Loot-und Farming-Möglichkeiten, jede Höhle und jedes Lager zu erkunden und hinter jedem Baum nach Kräutern zu suchen. Dadurch gerät man leicht vom Weg ab, den man eigentlich gehen wollte. Doch umso mehr versinkt man in der Spielwelt, während man einen mysteriösen Brief findet, der ein Banditenversteck oder eine weitere Höhle verrät, wo wiederum Kisten und Schätze warten. Ich gebe zu: So viel konnte ich bisher in keinem anderen Rollenspiel looten. Während man sich durch ein Gebiet bewegt, begegnen einem aufständische Templer und Magier; Kämpfe entstehen, werden beobachtet, zerschlagen – wenn man nicht einfach kehrt macht und einen anderen Weg sucht.

Die HinterlandeDie HinterlandeDie Hinterlande

Die Reise zu Pferd ist nach einer kurzen Quest rasch nach Beginn des Spiels ebenfalls möglich, um sich schneller fortzubewegen. Weiteres Novum: Wir können springen! So lassen sich Abkürzungen erklimmen, aber auch versteckte Truhen finden. Und ein wichtiger Hinweis: Nein, man kann nicht schwimmen. Das musste ich schmerzlich feststellen, als ich ein Haus an einem Weiher fand und mit dachte: Ach, schwimmst du mal schnell rüber, die Stege sind so weit weg. Nichts da. Instant death. Und eine weitere natürliche Begrenzung der Spielewelt. Ach ja, Leitern gibt’s übrigens auch und wir dürfen daran hochklettern.

Doch neben dem Eintauchen in die Spielwelt kommt es eben auch leicht dazu, dass die eigentliche Haupthandlung in Vergessenheit gerät; man sich nicht wirklich einfühlen kann, da das gebotene Spektrum vielleicht auch überfordernd wirken kann. An jeder Ecke winken Aufgaben oder unscheinbare Funde, welche sich erst als Quest herausstellen, wenn man zufällig mit der richtigen Person spricht – falls man ihr denn überhaupt begegnet.

Auf Anhöhen lassen sich in seltener Verteilung sogenannte Astrarien finden. An den großen Kugeln, die auf einem steinernen Sockel ruhen, lassen sich per “Mini-Spiel” Sternbilder zusammensetzen. Gelingt das Puzzle, erscheinen Hinweise auf weitere Astrarien und die haben es teilweise wirklich in sich. Ein weiteres Feature stellen die Okularien dar; ähnlich den Astrarien, nur mit einem aufgesetzten Schädel, durch welchen man entfernte Lichtschimmer von mysteriösen Scherben orten kann, die anschließend gesucht werden wollen. Und noch ein Element von Inquisition: Für die Inquisition beanspruchbare Plätze, die man per Banner für die Gemeinschaft einimmt. Und davon gibt es einige, darunter Sehenswürdigkeiten, aber auch durch uns aufgeräumte feindliche Lager. Apropos Lager, die gibt es ja auch noch. Bekannt aus Dragon Age: Origins, in welchem man das Spiel “unterbrechen” konnte, indem man abends mit der Gruppe per Weltkarte ins Lager zurückkehrte, um mit der Gruppe zu interagieren, können hier zahlreiche Lager aufgeschlagen werden. Auch sie dienen der Gebietsbeanspruchung der Inquisition und stellen einen frei begehbaren (=ladebildschirmfreien) Rastplatz dar – sprechen kann man hier allerdings nicht mit den Companions, schade.

All jene Elemente stellen keine Quests im altbekannten Sinn dar – natürlich stehen sie im Journal und sollten erledigt werden. Doch sie gelten vielmehr als Daueraufgabe und warten in jedem Gebiet auf ihre Entdeckung – Anreiz, aber auch schnell pures MMO-Sammeln.

Was kann man nun zusammenfassend zur Spielewelt sagen? Sie ist umfangreich und füllt alleine mit ihren Features unzählige Spielstunden, die einem die Zeit zwischen den Quests versüßen können, als dass sie auf manchen vielleicht mit ihren Möglichkeiten überfordernd wirken könnte. Durch natürliche, in die Spielwelt integrierte Blockaden bleibt der Spieler aber immer (oder meistens?…) in Story-gelenkten Bahnen. Ach ja: Und die Welt sieht wirklich gut aus! Kein Copy-Paste, definitiver Wiedererkennungswert der einzelnen Bereiche.

Weitere Features – Crafting, Ressourcennutzung und Diplomatie

Als wenn all der Kram, den man sammeln kann, nicht genug wäre, darf man den nun auch noch verwerten! Im Spiel gibt es viele Tische. Tische, an denen nur du stehst. Tische, an denen viele Menschen und du stehen. Tische, an denen jemand sitzt. Und leere Tische. Namentlich: Rüstungs-Crafting, Waffen-Crafting, Rüstungs-und Waffen-Aufwertungsbänke, Alchemie-Crafting, Inquisitions-Requirierungen (also Stuff, den man für die Inquisition und ihre Leute zusammenbaut), Inquisitions-Forschungstisch für Pflanzen und Co. und natürlich: der Kriegsrat (alias Kartentisch), an dem du und deine Inquisitonskameraden immer wieder zusammentreten. Ohne ein Wort zu Letzteren zu sagen (das folgt noch), sei hierzu zusammengefasst erwähnt, dass hier die drei nicht spielbaren Berater in Echtzeit auf Missionen geschickt werden können. Haben sie die Quest abgeschlossen, erhält die Inquisition, beziehungsweise der Spieler, Macht und Einfluss, aber auch individuelle Belohnungen. Hierbei sollte aufmerksam gelesen werden, denn jeder der drei Berater hat unterschiedliche Spezialisierungen (Spionage, Diplomatie und Truppenführung), die wiederum einen anderen Questausgang/Questbelohnung zur Folge haben können. Ebenfalls können am Kartentisch neue Gebiete freigeschaltet werden – je nachdem, wie viel Macht (die sich dabei verbraucht) wir unterwegs gesammelt haben; etwa durch erwähnte Gebietsbeanspruchungen mit Fähnchen oder Quests.

So viel getan werden, gesammelt werden, gecraftet werden – in diesem Artikel ist leider kein Platz dafür, alles im Detail auseinanderzuklamüsern (nicht, dass ich das nicht sowieso schon getan hätte…). Dafür ein großes Sorry! Aber wie Ihr lesen könnt, ist Dragon Age: Inquisition ein sehr umfangreiches Spiel, dessen Spieldauer wahrscheinlich endlich mal wieder die Zeiten guter alter Rollenspiele knacken wird.

Nicht zu langsam, nicht zu schnell – Das Kampfsystem

Das Ziel der Entwickler war eine Mischung der besten Elemente der beiden Vorgängerspiele. Was das Kampfsystem angeht, haben sie dieses Ziel zumindest fast erreicht.

Fangen wir bei den Attributen der Charaktere an. Diese können…nicht geskillt werden. Gesundheit, Stärke und Co. sind nicht nur geschickt in einem eigenen Reiter im Charakterbildschirm versteckt, noch sind sie nicht nur unansehnlich dargestellt – wir müssen sie uns eigentlich nicht einmal ansehen. Denn all diese Faktoren leveln automatisch je nach gewählter Klasse mit entsprechenden Präferenzen mit. Weniger Arbeit für manche von uns, ärgerlich vielleicht für ambitionierte Rollenspieler mit Hang zur Individualiserung. Hätte man an-und ausschaltbar machen können.

Der Skillbaum bietet allerdings genug Möglichkeiten zum Austoben und gestaltet sich übersichtlich und einfach zu handhaben. Eine volle Fähigkeitenleiste sucht man am Anfang vergebens, die vorhandenen Talente reichen auch erst einmal aus. Doch kommen weitere hinzu, wird es eng, denn es bleibt bei den vorhandenen Slots – was ich persönlich ganz gut finde. Auch, wenn man sich dann entscheiden muss; schließlich ist ein mit Skills zugeräumter Bildschirm eher etwas für ein MMO. Daher ein Pluspunkt für das puristische Design der Oberfläche, auch, wenn sich hier die Meinungen spalten.

Skillbaum des Schurken - BogenspezifikationenSkillbaum des Schurken - BogenspezifikationenSkillbaum des Schurken – Bogenspezifikationen

Die Ansicht birgt Probleme. Endlich kehrt die taktische Ansicht aus Dragon Age: Origins zurück, doch leider nicht mit erforderlicher Weitsicht. Neben der unnötig komplizierten Handhabung der Steuerung der Vogelperspektive (danke liebe Tastatur) und den – geländeabhängigen – Baumwipfeln, die sich immer wieder ins Blickfeld schieben, kann man leider einfach nicht weit genug herauszoomen, um alles überblicken zu können. Weiteres Manko: Habe ich meinen Charakter ausgwählt und suche mit mühevoll mein Ziel, klicke anschließend auf meinen Companion, um sein Ziel auszuwählen, springt die Ansicht sofort zurück auf meine Gruppe und den ausgewählten Charakter. Wieder darf ich mühevoll den Gegner suchen – lästig und unpraktisch. Ansonsten Daumen hoch für die vorhandene Tatkikansicht, die sich vor allem bei großen Kämpfen und Bossen lohnt.

DragonAgeInquisition 2014-11-30 16-32-41-82DragonAgeInquisition 2014-11-30 16-32-41-82Die taktische Ansicht im Kampf

Was außerdem fehlt, aber nicht wirklich schlimm ist: Beim Mouseover über die Fähigkeiten werden außer dem Namen der Fähigkeit keine Informationen über Schadenswerte und Co. angezeigt. Diese findet man lediglich im Skillbaum, was bei wenigen Skills auch genügt – wie es mit der Übersicht bei einer vollen Skillliste bestellt ist, sei als Frage in den Raum gestellt. Eine Frage der individuellen kognitiven Fähigkeiten des Erinnerns, vermutlich.

Die Geschwindigkeit lässt sich genau zwischen Dragon Age: Origins und Dragon Age II nieder – an der richtigen Stelle. Selbst bei seltenem Pausieren der Kämpfe (ein Feature, das natürlich erhalten blieb), wirkt das Kampfgeschehen nicht zu bunt für’s Auge und ebenfalls nicht zu schnell, als dass man nicht mitkommen könnte; auch ist es nicht zu langsam.

Ein Manko der Maussteuerung: Per Linksklick greift der Charakter automatisch an – selbst, wenn kein Gegner in Sicht ist. Und mit ihm springt mit einem engagierten Mal die gesamte Gruppe mit lauststark scheppernder Rüstungs auf. Gefährlich, wenn man gerade durch die Wildnis läuft und nichts angreifen möchte.

Auch schade: Ein automatisches Weiterspringen auf den nächsten Feind nach einem Sieg über einen vorherigen ist nur möglich, wenn man in die richtige Richtung schaut und der Gegner sich nah am eigenen Charakter befindet – umständlich.

Eine aktive, für manche vielleicht nervige Umsetzung: Angegriffen wird nicht nur per Mausklick, sondern standardmäßig auch auf der R-Taste. Jedoch nur bei konstanten Gedrückthalten, beziehungsweise einzelnen Pushs – je nachdem, wie oft man angreifen möchte. Auch hier gibt es keinen Automatikmodus. Ich persönlich empfinde es als aktiveres Kampfgeschehen und größere Kontrolle über den Charakter.

Über neben der Skillleiste befindliche Gruppenbefehle kann die gesamte Gruppe gesteuert werden; etwa zu einem Rückzug aus einem Kampf. Ebenfalls ist es in den individuellen Charakterbildschirmen möglich, genaue Verhaltensdefinitionen für einzelne Companions zu erstellen, wie auch schon im Vorgänger Dragon Age: Origins.

Ein auffallender positiver Aspekt ist der weitreichende Fernkampf: In keinem anderen Rollenspiel dieser Art (die Elder Scrolls-Reihe also außen vor gelassen), war es dem Spieler möglich, auf merklich große Distanzen im Fernkampf zu agieren.

Tränke wollen nicht nur gebraut und (bei Standardtränken) im Lager automatisch aufgestockt werden, sondern auch verbraucht. Sehr positiv fällt die schnelle “Zufuhr” des Gebräus auf; in den Vorgängerspielen kostete die Trankeinnahme wertvolle Zeit während dem Kampf, in Inquisition geschieht dies mit der Dauer eines Mausklicks. Hervorragend!

Ach ja, Gegner wollen auch gelootet werden; ebenso wie Pflanzen und Truhen. Doch auch hier ein kleiner Kritikpunkt: Ich möchte nicht 5 Meter entfernt stehen, wenn ich loote. Aber Inquisition hätte die Aufnahme von Gegenständen etwas leichter machen können. Die Aufnahme per Maus ist generell hakelig; nicht nur weil, man quasi auf dem Objekt stehen, es aber gleichzeitig mit der Maus erreichen muss. Es empfiehlt sich die Standardtastenbelegung “F” zu verwenden und anschließend die Beuteaufnahme per “Leertaste” zu bestätigen.

Auch schön, die Kampfsychnronisation beim erfolgreichen Niederschmettern eines…Nugs (Kaninchen-ähnlich)? “AUF NIMMER WIEDERSEHEN!!!”

Vielleicht zu individuell? – Die Companions und Berater

Bioware steht quasi als Paradebeispiel für individuelle Gruppenzusammenmischungen, bei denen es definitiv nie langweilig wird, weil jeder Charakter seine eigene Geschichte mitbringt. In Dragon Age: Inquisition ist das zunächst einmal viel Lore (=Wissen) über die Welt, die Politik, die Religion, die Völker. Aber natürlich auch über die Personen – wenn sie denn etwas über sich preisgeben wollen.

Beeinflusst werden die Charaktere nicht mehr wie im ersten Teil über Geschenke, mittels derer man entgegen aller Gram eines Companions über eine getroffene Entscheidung alles wieder zum Guten wenden konnte. “Ich habe deine Schwester getötet. Hier hast du 10 Vanilletörtchen!!” Eine Leiste, die ihre Zuneinung oder Abneigung anzeigt, gibt es ebenfalls nicht mehr. Stattdessen wird alles auf unseren Entscheidungen, unser Verhalten und auf – teilweise romantische – Dialogoptionen gemünzt, denen durch einzelne Companions dann beispielsweise “tendenziell zugestimmt” wird – oder bei denen er “absolut dagegen” ist.

Doch möchte man diesen Charakteren überhaupt nahe kommen? Und wollen sie es? Bioware führt in diesem Spiel erstmals reine homosexuelle Charaktere ein und bietet außerdem tatsächlich schönere Sexszenen, die nicht ganz so überromantisch und gestelzt (sind wir ehrlich, sie waren frucht – eh, furchtbar…) wirken. Einige Begleiter sind bisexuell, also für beide Spielergeschlechter offen, bei anderen hat man nur als Mann oder Frau Erfolg.

Jedoch muten in den ersten Spielstunden nicht alle Charaktere mit einem gut durchdachten Konzept an. An vielen Ecken oder in gänzlichen Konzeptionen wirken Companions oder die Berater über-individualisiert, als wolle Bioware zwanghaft versuchen, dem Stereotyp auszuweichen. Doch sind es nicht gerade die Sterotypen, die wir sympathisch finden; nein, die wir einordnen können, weil sie uns so bekannt sind? Wir werden schneller warm mit ihnen und erwarten bestimmte Reaktionen von ihnen. Doch damit das nicht langweilig wird, stattet man sie meist mit einem oder mehreren Merkmalen oder Verhaltensweisen aus, die uns dann im richtigen Augenblick von den Socken hauen, weil sie nicht dem Stereotyp folgen. Nun hat Bioware aber die Stereotypie (sagt man das so?) komplett weggelassen und nur auf den alternativen Modus geschaltet. Zugebenermaßen wirkt das manchmal unrealistisch und einige Charaktere sind mir von Beginn an nicht sonderlich sympathisch, weil sie unglaubwürdig “anders” wirken. Es fehlt an emotionaler Bindung zu den Companions; man hat am Anfang nicht wirklich das Gefühl, dass es schlimm wäre, würde einer von ihnen zufällig eine Klippe herabstürzen. Um jedes Crewmitglied der Normandy aus Mass Effect würde ich von Beginn an trauern. Na gut. Nicht um jedes. Um zwei, drei vielleicht nicht.

Auch mit den nicht-spielbaren Beratern sind Romanzen und Freundschaften möglich. Ob eine emotionale Bindung allerdings möglich ist, ohne die Person mit ihren Kommentaren zur aktuellen Situation bei Missionen mit Schlepptau zu haben, bleibt selbst zu beurteilen. Dennoch eine Erweiterung der vielen Features und der Tiefe der Spielewelt von Inquisition.

Auch die Lokalistion wirkt manchmal etwas aus dem Kontext gerissen, wenn einen die Sucherin Cassandra plötzlich nach einer Cutscene ins Ohr schreit “Ich bin hier!!!Ich bin hier!” – und das, obwohl sie direkt neben einem steht oder Magier Solas etwas über die Bresche berichtet, das absolut nichts mit seinen vorherigen Aussagen zu tun hat. Eine beeindruckende Anmerkung nebenbei: Die deutsche Lokalisation betrug rund eine Million Wörter, verpackt in 900 Rollen, die von 200 Sprechern synchronisiert wurden. Beeindruckend! Auch die emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten des Spielers sind umfassend geboten: Wir können weinerlich antworten, aber auch herausfordernd; oder eben ganz neutral – die letztliche Entscheidung oder Aussage kann dabei aber durchaus dieselbe bleiben.

Interessant sind die Charaktere allemal, aber ob tatsächlich für jeden Spielertyp eine Romanze dabei ist und ob einem die Geschichten und Personen ans Herz wachsen, bleibt abzuwarten.

Leider ein Manko und irgendwie fehlend – die Nahansicht der Gesichter bei Dialogen. Natürlich wird in Cutscenes das Gesicht ausreichend gezeigt. Doch während normalen Dialogen zoomt die Kamera lediglich geringfügig heran. Eine Nahansicht (Brustschnitt quasi), wie in den Vorgängern oder auch in Biowars Mass Effect-Reihe, gibt es leider nicht. Es könnte den Eindruck erwecken, dass hier einfach emotionale Animationen gespart wurden. Schade, denn so hätte man noch tiefer eintauchen können.

Besonders interessant: Ein Wiedersehen mit alten Charakteren aus den Vorgängerspielen. Spionin Leliana ist bereits von Beginn an Teil der Inquistion (leider mit anderer Synchronstimme) und weckt Erinnerungen an vergangene Abenteuer – doch zumindst anfangs bleibt ein Gespräch über ihre Zeit in der Gruppe des “Helden von Ferelden” verwehrt – schade. Denn eigentlich ist es doch genau das, worauf sich Bücherwürmer, Filmliebhaber und Videospielfans freuen: Ein Wiedersehen mit bekannten Charakteren und ihren Worten über ein vergangenes gemeinsames Abenteuer. Ebenfalls erinnern wir uns an Cullen, der bereits in Dragon Age: Origins anzutreffen war; früh in der Geschichte eines Magier-Spielercharakters, aber spätestens im Zirkel. In Dragon Age II finden wir ihn als Hauptmann der Templer wieder. Ebenfalls auftauchen soll der oder die verschollen geglaubte Hawke in einer eigenen Quest, sowie Alistair – sofern er König Fereldens wurde – und Morrigan. Man hofft auf eine spannende Umsetzung dieser Begegnungen!

Home, sweet home! – Eine eigene Festung

Dazu soll hier nichts verraten werden, außer: Es gibt sie. Die Himmelsfeste, die der Spieler als Basis nutzen und individualisieren kann. Doch da dieser Bereich mit dem Werdegang des Hauptcharakters zu tun hat, schweige ich an dieser Stelle dazu und belobe das Feature.

Die HimmelsfesteDie HimmelsfesteDie Himmelsfeste

Echte Companions – Der Multiplayer

Hierzu nur ein kurzes Wort, da es in diesem Artikel um das Hauptspiel geht: In einer Gruppe von bis zu vier realen Begleitern werden in einem eigenständigen Modus, unabhänig von der Kampagne, Missionen durchgeführt. Diese unterteilen sich in fünf Abschnitte und einen Endboss, den mindestens ein Spieler überleben muss, damit die Mission erfolgreich abgeschlossen wird. Die Items und Goldbelohnungen, sowie die Erfahrungspunkte werden wiederum für die Mehrspielercharaktere ausgegeben. Dabei handelt es sich allerdings nicht um individuelle Figuren, sondern um vorgefertigte Typen. Die anfangs drei verfügbaren spielbaren Charaktere lassen sich durch Freischaltungen in ihrer Anzahl erweitern; einzeln gesehen können sie außerdem bis Stufe 20 gelevelt werden. Danach folgen sogenannte Prestige-Stufen für weitere Aufstiege.

Wie steht’s denn nun um das neue Dragon Age? – Das Fazit

Nachdem ich so viel zu den einzelnen Bereichen geschrieben habe und immer noch darüber nachdenke, ob ich nicht doch noch irgendetwas vergessen habe, soll hier nun in aller Kürze ein Fazit gezogen werden.

Dragon Age: Inquisition spielt sich in seinen ersten (wahrscheinlich letztlich im dreistelligen Bereich liegenden) Stunden noch etwas träge. Doch davon sollte man sich keinesfalls abhalten lassen. Ab dem Handlungswendepunkt soll es mit der Story stark bergauf gehen, welche bereits in ihrem Grundkonzept eine interessante Idee und eine Menge – für ein Rollenspiel, erst recht von Bioware –  wichtiges Identifikationspotential mit dem besonderen Hauptcharakter bietet. Abseits der Hauptquest warten außerdem unzählige Nebenquests und Sammelmissionen, sowie die Freiheit, eigene Ausrüstungsgegenstände herzustellen und für die bestehenden Aufgaben nicht relevante Wege zu gehen – und auf diese Weise Schätze, weitere Geschichten und Geheimnisse zu entdecken.

An Features und Story soll es dem Spieler also nicht fehlen, doch wie steht es um die emotionale Bindung zum Spiel, die bei bisherigen Bioware-Titeln einen wichtigen Part ausmachte, um dem durchaus auch mal fiesen Entscheidungssystem seine moralische Gewichtung zu verleihen? Mit den teilweise sehr individuellen Companions muss man sicherlich erst einmal warm werden, ebenso mit dem raschen Einstieg und dem gleichermaßen schnellen eigenen Aufstieg während der Story. Doch man darf zuversichtlich sein, dass es Bioware nach seinem Dragon Age II-Patzer gelingen wird, die Spieler mit einem epischen Rollenspiel-Abenteuer überzeugen und auch über viele Stunden mit einer spannenden Geschichte und interessanten Begleiter-Stories fesseln zu können – und mit dem ganzen genannten restlichen Stuff nicht nur zu überfordern, sondern zu beschäftigten und herauszufordern.

Ebenfalls wirkt der Templer-Magier-Konflikt stimmig und ergänzt stimmig die eigentliche Handlung um die Schließung der Bresche. Mit den Aufgaben – so viel sei vorweggenommen – die mit der Führung und dem Aufbau der Inquisition verbunden sind, bietet Bioware in der Dragon Age-Reihe ein neues Konzept. Zwar arbeitet man sich, wie in den Vorgängern, von einer unbekannten Person zu einem öffentlichkeitswirksamen Symbol empor, doch durch die Grundkonzeption des Spiels, erweitert sich dessen Prinzip enorm.

Dragon Age: Inquisition stellt letztlich eine Mischung aus verschiedenen Elementen dar: Ein typisches Rollenspiel, in welchem gesammelt und gecraftet wird, gleichzeitig folgt es vor allem dem Bioware-Muster der Konzentration auf intensive Storyumsetzungen und erweitert zudem sein bisheriges Konzept (im Fantasybereich; Mass Effect 3 bot Ähnliches) um Diplomatie und die Führung einer Organisation mit allen damit verbundenen Aufgaben.

Eine Empfehlung, auf die man sich anfangs aber einlassen muss.

Für die Lesefaulen (ich habe aber auch viel geschrieben…)

Wo spielt man?Ferelden / Orlais

Spielbare Rassen?Menschen / Elfen / Zwerge / Qunari

Spielbare Klassen?Krieger / Schurke / Magier

Altbekanntes?Gruppenbasiertes Rollenspiel / pausierbare Kämpfe / Taktische Ansicht / Romanzen / Vertonter Protagonist

Neue/besondere Features?Open World (gebietsbezogen) / Eigene Ausstattung der Companions / Crafting / Ausgebautes Farming / Mehr Lager / Diplomatie / Mini-Games / Eigene individualisierbare Festung / Wiedersehen mit alten Bekannten / Leitern steigen / Reittiere / Springen

Companions?Cassandra (Krieger) / Varric (Schurke) / Solas (Magier) / Der Eiserne Bulle (Krieger) / Sera (Schurke) / Vivienne (Magier) / Blackwall (Krieger) / Cole (Schurke) / Dorian (Magier)

Berater?Leliana (Spionage) / Cullen (Truppenführung) / Josephine (Diplomatie)

Was fehlt?Private Companiongespräche unterwegs / Bessere Taktikansicht / Übersichtlicheres Inventar (Raster) / Nahansicht der Gesichter bei Dialogen


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