Terror-NSU: was wusste Google?

Terror-NSU: was wusste Google?Selbst ihren Abgang hatten die drei tötlichen vier von der NSU akribisch geplant. Kaum hatten zwei Polizisten den Fluchtwohnwagen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach deren erfolgreichen 14. Banküberfall in Eisenach entdeckt, etnschlossen sich die beiden Geheimterroristen, diesmal niemanden mehr zu ermorden, sondern sich selbst zu richten. Nach einem Bericht des "Spiegel" riefen sie ihre Komplizin Beate Zschäpe in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau an und beaufragten sie, alle Spuren, die auf ihr menschenverachtendes Tun in den zurückliegenden Jahren hindeutete, zu vernichten. Und dann die für den Fall der Fälle vorbereiteten DVDs mit dem Bekennervideo, die die Welt auf ihr menschenverachtendes Tun hinweisen sollten, per Post an den geplanten verteiler zu schicken.
Beides gelang Beate Zschäpe nur ansatzweise: In der Terrorzellenwohnung verbrannten die jahrelang gesammelten Tatwaffen nur unzureichend. Und die DVDs sorgten bei der Post für Verwirrung: Der Nationalsozialistische Untergrund hatte das der Linkspartei in Sachsen-Anhalt zugedachte Exemplar an den "PDS-Landesverband" in Halle adressiert, der seit vier Jahren nicht mehr existiert. Nach zahlreichen Namenswechseln firmiert die einstige PDS derzeit unter "Die Linke".
Die große Frage aber ist nicht, wie den selbsternannten ideologischen Soldaten um den "Intellektuellen" (Der Spiegel) Mundlos über vier Jahre entgehen konnte, dass es keine PDS mehr gibt. Auch nicht, warum jemand eine Bank überfallen sollte, um sich anschließend zu erschiessen. Oder warum er Wert darauf legen sollte, den Wohnwagen anzuzünden, in dem das passiert. Warum er Bewesie zu vernichten versucht, um sie dann per Post frei Haus zu liefern. Sondern, wie die Gefahr durch Rechtsterrorismus über Jahre so unterschätzt werden konnte, dass der Begriff in der Google-Zeitleiste eine geradezu kümmerliche Existenz führte.
Schuld sind die Geheimdienste, die mehr über die "Braune Armee Fraktion" (BAF) gewusst haben müssen, als sie heute zugeben wollen. Angeblich, heißt es beim Thüringer Verfassungsschutz, seien die Mitglieder der NSU nach einer Beinahe-Festnahme Ende der 90er Jahre "von der Bildfläche verschwunden". Es habe keinen Kontakt mehr zu der Mördergruppe gegeben, von der auch niemand gewusst habe, dass sie eine Mördergruppe war.
Dabei ließen Mundlos, Böhnhart und Zschäpe von Anfang an keinen Zweifel daran, in welcher Tradition sie sich sahen. Selbst den Namen ihrer Terrorbewegung wählten sie mit Bedacht: Als augenzwinkernde Reverenz an die sagenhafte PS-Leidenschaft des RAF-Gründers Andreas Baader kürzten sie ihn mit "NSU" ab - eine Anspielung auf die gleichnamige legendäre Automarke, die Christian Schmidt und Heinrich Stoll 1873 in Riedlingen gegründet hatten.
Terror-NSU: was wusste Google?Eine bewusst gelegte falsche Spur, wie eine aufwendige PPQ-Recherche im Internet ergab. Danach kannte die US-Suchmaschine Google Emailadresse, Anschrift und Telefonnummer des NSU-Kopfes Uwe Mundlos die ganze Zeit. Das Personensuchportal Yasni war sogar darüber informiert, dass Mundlos' Geliebte Beate Zschäpe als Mandy Struck in Zwickau untergetaucht war. Die BAF führte im Netz sogar eine Spendenaktion unter dem Motto "Fantasia" durch.
Wie konnte das dem Verfassungsschutz entgehen? Wie konnten die Landeskriminalämter so versagen? Welche Verbindungen unterhalten US-Internetriesen vielleicht bis heute noch in den Zwickauer Villen-Untergrund? Und warum wurde der Bundestrojaner nicht eingesetzt?
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