Dienstag, 05. März: Besuch Cooperative LA VOZ am Atitlán Lake (Region »Traditional Atitlán«)
Hintergrund: Teilnahme an einer einmaligen Kaffee-Exkursion nach Guatemala. Organisiert von ANACAFÉ, der »Guatemalan National Coffee Association« mit Sitz in Guatemala City. Das Programm sollte den Besuch von großen und kleinen Kaffeefarmen, eine Unterrichtung in die Aromenvielfalt und Profile der acht verschiedenen Spezialitätenkaffee-Regionen des Landes sowie in die Weiterverarbeitungsprozesse – Nass- und Trockenaufbereitung – nach der Kaffeeernte umfassen.
Guatemala-City, Hotel Clarion Suite, 05:30 Uhr Checkout, 06:00 Uhr Frühstück, 06:30 Uhr Abfahrt mit dem Anacafé-Bus. Viele bunte Busse begleiten uns auf unserer Reise durch das Land…
Rund 3 Stunden ging die Fahrt jetzt Richtung Westen zum Lake Atitlán. Die Sonne schien. Es war warm. Und ich saugte die Eindrücke der Fahrt in mich auf. Bunte und schnellfahrende FORD »Blue Bird« Busse, kleine Zeltstände oder Blechhütten mit örtlichen Produkten.
Wanderarbeiter mit Hacke und Machete zu Fuß oder zu Pferd am Straßenrand, Blütenpracht, wilde Hunde, Menschen die auf den Pritschen der Pick-ups stehen oder sitzen, Feuerrauch, immer wieder bewaffnete Sicherheitsleute an Tankstellen, Büros und Ladengeschäften, Arbeiterinnen auf den Feldern und jederzeit sahen wir einen oder mehrere Vulkane. Beindruckend, fremd und schön.
In Sololá kurz vor dem Atitlán Lake machen wir Halt an einer Tankstelle für eine Pinkelpause. Aber viel interessanter: der örtliche Wochenmarkt. Becher mit frischen, bunten Melonenstückchen lachten uns an, Kinder die unter parkenden Bussen im Schatten auf ihre Mütter warteten, bunte und wohlriechende Gewürze; frische Gemüse- und Obstsorten (Pepperoni, Zwiebeln, Mais, Tomaten, Kohl, Gurken, Avocados, Limonen, Bananen und Ananas); frisches Fleisch und Würste, die offen und ohne Kühlung in den Ständen hingen, farbenprächtige Textilien, bunte Wolle, Plastikspielzeug und Töpfe. Beeindruckend. Und weiter ging die Fahrt.
»Bienvenidos Al LAGO DE ATITLAN« hieß es auf dem grünen Schild. Im Hotel »Porta del Lago« checkten wir ein.
Hier sahen wir zum ersten Mal wie der Rostpilz »Roya« gewütet hatte. Abgestorbene Blätter auf den Böden, halbnackte und kahle Bäume mit und ohne Kirschen, abgeholzte Parzellen, frisch befallene Bäume aber auch gesunde Bäume, die alle geernetet waren. Wir waren ernüchtert und etwas frustiert. Familien, die davon betroffen sind, werden andere Parzellen angeboten auf denen sie ihr erspartes Geld in den Anbau von Zwiebeln oder Tomaten investieren können.
Nach der Führung durch die Plantage zeigten uns die Verwalter die Funktion der Nass-Aufbereitungsanlage/Wet Mill und das Lagerhaus.
Zu unserer Überraschung wurden die Pergaminos/Parchments in Kaffeesäcken gelagert, die Aufschriften von anderen Spezialitätenkaffee-Regionen hatten oder sogar FAIR TRADE draufstand. Ich war irritiert. Auf Nachfragen erfuhr ich, dass es sich hier um die nachrangige Resternte handelte, die in die lokalen Märkte geht und nicht in den Export. Nichts geht verloren, aber vermutlich auch kein sinnvoller Beitrag um den Menschen vor Ort, die Qualität ihrer eigenen Kaffees zu vermitteln.
Ein angeschlossener roter namenloser Trommelröster stand in einer der Lagerhallen. Zum Abschluss durften wir die Ernte des letzten Jahres verkosten.
Mittwoch, 06. März 2013: Besuch der Los Andes Farm in Santa Bárbara im »Private Natural Reserve« im Department Suchitepequez, Region Atitlán
Gut geschlafen. Um 04:00 Uhr aufgewacht. Frühstück: 06:00 Uhr, Abfahrt: 07:00 Uhr. Suchitepequez liegt südlich des Atitlán Lakes. Wir fuhren um den See herum.
Am Schlagbaum notierte sich der Wächter den Namen unseres Fahrers und das Buskennzeichen. Es ist eine riesige Farm, genannt Panama-Farm, die wir über mehrere Kilometer duchqueren mussten. Zu der Panama-Farm gehörte mal die Los Andes Farm, von der man sich aus wirtschaftlichen Gründen wohl getrennt hatte.
Auf der Terrasse nahmen wir eine frische Limonade oder einen Eistee zu uns. Was für ein Kontrast zu La Voz.
Ein kleiner Kolonialwarenladen steht unter gemeinschaftlicher Verantwortung der örtlichen Dorfgemeinschaft, finanziert von den Eigentümern der Los Andes Farm. Die Überschüsse aus dem Produktverkauf des Ladens werden gemeinschaftlich geteilt und gespart. Der lokale Laden reduziert die Betriebskosten für Fahrten in die nächste Stadt, die viele Kilometer entfernt ist.
Von der 630 Hektar großen Farm werden 104 Hektar mit Kaffee angebaut. Caturra, Catuaí, Catimor und Sarchimor Varietäten werden angebaut. Zwei Drittel »Strictly Hard Bean« und ein Drittel »Hard Bean«. Geerntet wird von November bis Januar. Die Erntezeit ist auch hier vorrüber.
Neben Kaffee werden auch Tee (23 Hektar), Quina – hilft gegen Malaria (30 Hektar), Macadamia (22 Hektar) und Kakao (12 Hektar) angebaut. Der Rest (420 Hektar) ist Waldgebiet.
Colin Smith telefonierte mit Anacafé in Guatemala City. Eine Stunde später erhielten wir eine Planänderung und das Versprechen, dass Direktor Luis Ortega uns seine Farm La Merced bei San Martin in Chimaltenango zeigen wird. Sie liegt höher als andere Farmen. Der Kaffee wächst dort länger, entsprechend später wird geerntet und weiterverarbeitet. Erleichterung und Freude kamen bei uns allen auf. Und Dankbarkeit für die hohe Flexibiliät und die Einsatzbereitschaft für unsere Interessen.
Am Abend fing es an zu Regnen. Nach dem abendlichen Buffet mit Gemüse, Kartoffel, Huhn und Tortillas bot uns Familie Hazard die Gelegenheit ihre Kaffee-Ernten zu probieren.
Sie hatten vier Sorten geröstet. Zu unserer Überraschung kannten sie nicht das Geschmacksprofil und hatten im Verkosten keinerlei Erfahrung. Sie hatten diese Kaffees nur für uns rösten lassen.
Tibor Hajcsunk (li.) von Pasco in Ungarn, der schon unzählige Barista- und Cuppingmeisterschaften gejudged hat, bereitete ein Cupping für uns vor. Fünf Cups pro Kaffeeröstung. 15 g wurden für 150 ml gewogen und grob gemahlen und dann gebrüht.
Ein Kaffee stach heraus »Lot 11«. Rund, schöne Süße, feine, elegante Säure, blumige Noten, gefolgt von Fruchtaromen, die an Himbeeren erinnern; vollmundig im Abgang. Leider wußte Mrs. Hazard nicht, was für ein Single Origin Kaffee der »LOT 11« war …
Fortsetzung folgt: phantastischer Sonnenaufgang, Besuch der Finca Rosario Quezada und Dry Mill & Exporteur Fedecocagua, Pacaya sowie Besuch der Finca La Merced